Blitz wird herausgefordert
nicht an der Art, wie sie sich bewegen, ansehen, daß sie erledigt sind, dann brauchen Sie nur einen Blick auf Henrys Gesicht zu werfen. Vielleicht können Sie dort lesen, wie die Dinge stehen...«
Henry stand noch immer bewegungslos und aschfahl auf derselben Stelle in der Mitte der Bahn. »Er sieht so wütend aus«, fuhr der Trainer fort, »daß ich sicher bin, er zieht seine Meldung für das Pokalrennen sofort zurück, sobald er den Hengst erst wieder im Stall hat.«
»Man kann kein Urteil fällen, bevor die Pferde abgekühlt sind«, sagte ein anderer. »Immerhin bewegt sich Blitz besser, als ich gefürchtet hatte.«
Die beiden Hengste näherten sich jetzt der Öffnung im Zaun. Sie gingen langsam, waren aber allem Anschein nach gesund. In ihren Augen stand jetzt kein Zorn mehr, sondern überwältigende Müdigkeit. Ihre Rippen hoben und senkten sich im Takt ihres schnellen Atems, ihre Augen waren rotgerändert; Schmutz und Schlamm bedeckten ihr Haarkleid. Ihre Schritte waren nicht mehr die stolzer Könige, aber eine stille Würde hatten sie trotz Schmutz und Schweiß bewahrt. Beide schwankten, als sie sich dem Tunnel zum Sattelplatz näherten; jeder mußte erkennen, daß sie todmüde waren.
»Die werden bald wieder in Ordnung sein«, rief ein Mann.
»Das wollen wir alle hoffen! In wenigen Stunden werden wir mehr wissen«, sagte ein anderer.
Es war Mittag, als Alec von Blitz weg zu dem Stall am anderen Ende des Geländes ging, in dem Feuerstrahl stand. In der Stallgasse wurden einige Pferde, die spät gearbeitet worden waren, zum Auskühlen umhergeführt. Alec überraschte sich dabei, wie er unwillkürlich jeden ihrer Schritte gespannt beobachtete, ob sie gleichmäßig waren. Das war die Folge der letzten Stunden, die er mit Henry und Blitz verbracht hatte. Blitz hatte bald, nachdem er abgewaschen worden war, wieder normal geatmet; in dieser Hinsicht standen sie keinem Problem gegenüber. Erst nachdem er eine volle Stunde hin und her geführt worden war, hatte Henry gesagt. »So, nun können wir an die Heimreise denken.«
»Das ist doch wohl nicht dein Ernst!« hatte Alec gerufen.
»Doch! Sein Huf macht ihm jetzt wieder zu schaffen, und ich denke nicht im Traum daran, ihn starten zu lassen!«
»Laß Dr. Palmer kommen, sonst kannst du doch nichts mit Sicherheit sagen!«
»Ich habe ihn schon herbitten lassen«, antwortete Henry. Er war nicht böse auf Alec wegen des Vorfalls, zürnte auch Steve und dem roten Hengst nicht, er fühlte sich nur sehr müde.
Dann war der Veterinär gekommen und hatte Röntgenaufnahmen gemacht. Eine geringfügige Schwellung zeigte, daß sich die alte Verletzung wieder gemeldet hatte. Wahrscheinlich handelte es sich um nichts Ernstes, hatte Dr. Palmer gemeint; in drei Tagen würde er Genaueres sagen können. Inzwischen empfahl er, Blitz so ruhig zu halten wie möglich.
Die Presse und die Photoreporter waren dagewesen; Henry hatte ihnen mitgeteilt, daß er Blitz für das Pokalrennen streichen lassen würde. »Wir dürfen nichts aufs Spiel setzen, denn wir haben noch zu viel vor, um so bald wieder ein Rennen zu wagen. Wir werden abwarten, was der Arzt feststellt, und dementsprechend werden wir dann unsere Pläne machen.«
Alec wußte, daß die Schlagzeilen der Abendzeitungen ungefähr lauten würden; »Kranker Huf zwingt Blitz, dem Pokalrennen fernzubleiben!« Tausende von Turfenthusiasten würden bitterlich enttäuscht sein.
Jetzt war er mit der Arbeit fertig und wollte Steve Duncan aufsuchen. Während er durch die Stallgasse ging, wurde er hier und da von einem Trainer oder einem Pferdepfleger aufgehalten, die sich nach Blitz erkundigten. Alec tat sein Bestes, nicht zu zeigen, wie elend ihm zumute war, aber seine Freunde merkten es ihm doch an und versuchten ihn zu trösten.
Er wich auf einen außen herumführenden Weg aus, um weniger Bekannte zu treffen. Es war nicht leicht, Fachleuten gegenüber Zuversicht zu heucheln, weil alle ganz genau wußten, daß eine wieder schlimm gewordene alte Hufverletzung oft sehr viel Zeit zum Heilen braucht. Immerhin, redete er sich selbst gut zu, er hatte ein zähes Pferd; wenn sie wirklich nach Hause reisen mußten, wollte er es in guter Haltung und ohne Bitternis gegen Steve hinnehmen.
Das Stallgelände war am äußersten Rand unbelebt, wie Alec erhofft hatte. Er setzte sich auf einen Stein, um in Ruhe nachzudenken.
Sollte er Steve Duncan helfen oder nicht? Wenn er sich dafür entschied, es zu tun, mußte er seinen Ärger darüber
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