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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Die Kehle des
Mannes war aufgeschnitten, sein Brustkorb geöffnet, so daß
Herz und Lungen zu erkennen waren.
Und obgleich Glen sicher war, daß der Mann tot sein mußte,
erkannte er, daß sein Herz schlug und sich die Lungen im
gleichmäßigen Rhythmus des Schlafes hoben und senkten.
Dieser Anblick ließ ihn in ungläubigem Schrecken erstarren.
Wieder versuchte Glen zu schreien, taumelte nach vorn,
stolperte und stürzte kopfüber auf die Leiche. Instinktiv
streckte er die Hände aus, um den Fall abzuschwächen, mußte
dann aber in hilfloser Abscheu erkennen, daß zuerst seine
Finger, dann beide Hände zwischen den lebendigen Organen
des geöffneten Brustkorbs verschwanden. Glen würgte, spürte,
wie sich sein Magen zusammenzog, wußte, daß er sich
übergeben würde. Er brach über der Wanne zusammen, lag
ausgestreckt auf der Leiche, deren feuchtkalte, klebrige Haut
ihm einen eisigen Schauder einjagte. Jetzt kam es ihm so vor,
als würde die Leiche zu neuem Leben erwachen; ihre Arme
schlangen sich um ihn und zogen ihn näher heran.
Der Kopf bewegte sich, und die Augen blinzelten.
Der Mund zuckte, und er fühlte Lippen an seinem Hals.
Dann Zähne.
Als Angst und Abscheu in ihm ins Unermeßliche wuchsen,
nahm Glen alle Kraft zusammen, um sich von der makabren
Umarmung loszureißen.
»Nein!« schrie er, als er endlich seine Stimme wiedergefunden hatte. »Nein!«
    »Nein!« brüllte er noch einmal, und er richtete sich kerzengerade auf. Der Alptraum verflog, als Glen aufwachte, doch
das fürchterliche Bild von der Leiche in der Badewanne war
unauslöschlich in sein Gedächtnis gebrannt.
    Ein paar Sekunden lang wußte er nicht, wo er sich befand. Er
saß still da, keuchte, schnappte nach Luft, zitterte und wartete
darauf, daß das Horrorbild des blutgetränkten Traums
verblaßte. Sein Herz pochte, und ihn überfiel Panik. Ein neuer
Herzanfall! Doch als er langsam zu sich kam, völlig wach war,
beruhigte sich sein Herzschlag allmählich und fand zu einem
normalen Rhythmus.
    Auch seine Atmung hatte sich wieder beruhigt, und er
schaute sich um. Die blutverschmierten Wände des Zimmers,
in dem er gefangen gewesen war, waren verschwunden. Er war
auf der provisorischen Plattform vor dem Aufzug des Jeffers
Building. Langsam kam seine Erinnerung zurück. Er war in die
City gefahren, um sich den Fortgang der Bauarbeiten
anzuschauen und aufs Dach gefahren.
    Er hatte sich dazu gezwungen, bis zur Umrandung zu gehen
und nach unten zu blicken.
Dann hatte ihn Panik erfaßt! Ihm war schwindlig geworden,
und ihn hatte das furchtbare Gefühl ergriffen, der Abgrund
wollte ihn nach unten ziehen, ihn geradezu über das Geländer
saugen. Er wußte noch, daß er sich nach draußen gelehnt hatte,
daß er bereit gewesen war, sich fallen zu lassen, als…
Etwas – jemand – hatte ihn aufgehalten.
Mehr wußte er nicht. An nichts erinnerte er sich außer an den
Alptraum.
Glen schaute auf die Uhr. Schon sechzehn Uhr. Bei seiner
Ankunft hier war es doch erst halb elf gewesen! Wie konnte er
den halben Tag auf der Plattform gelegen haben, ohne daß ihn
jemand bemerkt hatte? Hätte sich der Bauarbeiter, der ein paar
Etagen mit ihm zusammen hinaufgefahren war, nicht wundern
müssen, warum er nicht mehr zurückkam? Oder das Mädchen
im Büro? Hätte sie sich nicht fragen müssen, was geschehen
war, als er nicht wieder auftauchte, um den Schutzhelm
abzugeben? Glen raffte sich auf, stieg in den Aufzug und
drückte den Knopf, damit der Aufzug ihn zum Boden des
Schachts brachte.
Auf der Fahrt nach unten bemühte er sich, nur auf die Tür
des Käfigs zu schauen, auf keinen Fall wollte er nach unten
sehen, um nicht noch einmal von dieser furchtbaren Höhenangst erfaßt zu werden, die ihn fast das Leben gekostet hätte.
Als der Aufzug scheppernd stoppte, seufzte Glen erleichtert.
Aber im Büro bekam er gleich wieder den nächsten Schock.
Janie Berkey strahlte ihn an und sagte: »Das hat ja nicht lange
gedauert. Sie müssen Ihren Füller ziemlich schnell gefunden
haben!«
Er konnte ihr nur noch kurz zunicken und den Helm an einen
Haken hängen. Dann verließ er geradezu fluchtartig das Büro.
Wieder ein Blackout.
Wieder hatte er Stunden des Tages verloren.
Offenbar war er irgendwohin gegangen.
Aber wohin?
Und was hatte er dort gemacht?
Der blutgetränkte Alptraum kam ihm wieder in den Sinn…
49. Kapitel
    Der Artikel würde auf der Titelseite erscheinen, das wußte
Anne, und sie hätte sich eigentlich darüber freuen

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