Blitze des Bösen
überführen. Kommissar Mark
Blakemoor bestätigte, daß Rory Kravens
Fingerabdrücke identisch sind mit denen, die…
Edna Kraven starrte die Meldung auf der Titelseite des Herald an. Sie war die ganze Nacht wach geblieben, und aus lauter
Angst, im Schlaf vom Bild ihres armen Rory heimgesucht zu
werden, nicht ins Bett gegangen. Sie wußte, daß sie dieser
Anblick verfolgen würde. Wie seine Augen sie angestarrt hatten! Und dann die furchtbaren Schnitte in seiner Kehle und
Brust! Ware sie nur nicht zu seiner Wohnung gefahren! Sie
hatte gewußt, daß etwas nicht stimmte, hatte es vom ersten
Moment an geahnt, als sie die Treppen hinaufstieg! Und das
hatte sie auch Anne Jeffers erzählt.
Doch damit nicht genug, daß dieses Weib kein Wort über
das schrieb, was sie ihr gesagt hatte – sie verbreitete sogar noch
weitere Lügen! Und als ob es noch nicht genug wäre, weitere
Unwahrheiten über Richard aufzutischen – verbreitete dieses
Biest jetzt auch noch Lügen über Rory!
Allein schon auf den Gedanken zu kommen, Rory könne die
beiden Frauen getötet haben!
So etwas Absurdes – Rory brachte in Gegenwart von Frauen
ja kaum den Mund auf.
Edna hatte die Fotos dieser Frauen im Fernsehen gesehen.
Billig, alle beide.
Eine von ihnen war eine Hure gewesen, die andere eine Art
Einsiedlerin. Was sollte Rory mit solchen Menschen zu tun
gehabt haben?
War es dagegen nicht offensichtlich, daß Rorys Mörder auch
diese beiden umgebracht hatte?
Unfähig waren sie alle, sagte sich Edna. Die Polizei konnte
den Mörder nicht fassen, deshalb gab sie dem armen, dummen
Rory die Schuld. Und dann auch noch diese Reporterin, die
schon immer ihren Liebling Richard zum Sündenbock gemacht
und darüber geschrieben hatte! Edna schauderte bei dem
Gedanken, ihre Nachbarn könnten die Verleumdungen lesen,
mit denen fast die ganze Titelseite der Zeitung beschmiert war.
Nun, gegen die Polizei konnte sie leider nichts unternehmen,
aber dafür konnte sie dieser Jeffers ganz gehörig die Meinung
sagen!
Obgleich es noch nicht einmal sieben Uhr war, suchte Edna
im Telefonbuch nach der Nummer des Seattle Herald. Mit verkniffenem Mund hörte sie die Telefonistin sagen, daß die
Reporterin bis jetzt noch nicht gekommen sei. »Nein, ich will
ihr ganz bestimmt keine Nachricht hinterlassen«, sagte Edna,
als ihr die Frau anbot, sie mit Annes Anrufbeantworter zu
verbinden. »Ich will mit ihr selbst reden!«
Mit wachsendem Zorn suchte Edna im Telefonbuch den
Buchstaben J durch.
…auf dem Messer gefunden wurden, mit
dem Joyce Cottrell getötet worden ist.
Außerdem waren Fingerabdrücke in
Shawnelle Davis’ Appartement identisch mit
denen von Rory Kraven.
Am Tatort des letzten Mordfalles wurde
eine Nachricht entdeckt, die von der Polizei
bislang nicht zur Veröffentlichung preisgegeben wurde. Bisher wurde nur verlautbart,
daß sowohl aufgrund dieser Nachricht, als
auch aufgrund der Verletzungen des Toten
ein Selbstmord ausgeschlossen werden
kann. Gleichzeitig bestätigte die
Polizeidienststelle, daß es bislang noch keine Hinweise auf Verdächtige gebe.
Man kann jedoch davon ausgehen, daß
der Täter Rory Kraven bekannt gewesen
sein muß, da am Tatort keine Anzeichen
eines Kampfes oder für ein gewaltsames
Eindringen des Täters gefunden wurden.
Drei Nachbarn, deren Namen auf ihren
Wunsch ungenannt bleiben, bestritten, an
diesem Morgen irgend etwas Ungewöhnliches gehört zu haben. Sachdienliche Hinweise, die im Zusammenhang mit diesem
Mord stehen, werden von jeder Polizeidienststelle entgegengenommen…
Als das Telefon klingelte, sah Glen von der Zeitung auf, die
ausgebreitet auf dem Küchentisch lag. Er wartete erst, ob
Heather oder Kevin von ihrem Nebenanschluß aus abheben
würden, dann griff er nach dem Wandtelefon über der
Küchentheke.
»Hallo?«
»Ich will Anne Jeffers sprechen!« Eine Frauenstimme
schrillte derart durch den Hörer, daß es Glen kalt den Rücken
runterlief. »Ist sie da?«
Er spürte, wie sich eine Gänsehaut auf seinen Armen bildete.
»Ich… Nein, sie ist nicht da«, antwortete er. »Sie ist weggegangen…« Er hielt jäh inne. Er hatte keine Ahnung, mit
wem er sprach, aber etwas in der Stimme dieser Frau machte
ihn… was?
Ängstlich? Das war es nicht.
Nervös? Schon eher, es traf aber auch nicht sein Gefühl.
Jedenfalls fühlte er sich äußerst unbehaglich. Er entschied
sich, lieber nicht zu sagen, daß seine Frau im Volunteer Park
joggte – zumindest, solange er
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