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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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haben, das all
die Verrückten, die sich in solchen Fällen zu den Morden
bekennen, nicht wissen können. Andernfalls verbringt man
seine Zeit damit, Geständnisse entgegenzunehmen.«
Anne fühlte sich, als hätte sie ein kräftiger Schlag in den
Magen außer Gefecht gesetzt. Was hatte sie getan? Wie konnte
sie so völlig danebengelegen haben? Sie versuchte sich einzureden, daß es nicht allein ihre Schuld war – das gesamte
Sonderdezernat war überzeugt gewesen, daß Richard Kraven
der Schuldige war.
Aber sie war es gewesen, die nicht mehr locker gelassen
hatte, als der erste Verdacht auf Kraven gefallen war. Sie, die
ihn in der Presse schon längst überführt hatte, als seine Verhandlung überhaupt noch nicht begonnen hatte. Sie, die immer
wieder und unerbittlich betont hatte, daß nur die Todesstrafe
die Öffentlichkeit vor ihm schützen könne.
»Was bedeutet das?« fragte sie, wußte aber sofort die Antwort: Ausgleichende Gerechtigkeit. Seit Richard Kravens
Hinrichtung war ihre Welt auseinandergebrochen. Erst Glens
Herzinfarkt, dann seine Wandlung, die einen Fremden aus ihm
gemacht hatte. Und jetzt noch das.
Sie konnte niemandem die Schuld geben, außer sich selbst.
Sie hatte das Leben eines Unschuldigen auf dem Gewissen,
und dafür mußte sie jetzt bezahlen.
»Es bedeutet, daß der, für den Kraven gestorben ist, immer
noch frei herumläuft«, antwortete Blakemoor, der Annes
Schmerz spürte und schließlich seine Hand auf ihre legte. »Daß
er Rorys Leiche signiert hat, zeigt, daß er vorhat, seine Karriere
dort wieder aufzunehmen, wo er sie abgebrochen hat. Damals
hat er ja offenbar so lange Pause gemacht, bis Richard Kraven
die Sache für ihn ausgebadet hatte.«
Anne hörte die Worte, wußte auch, daß sie wahr waren, aber
etwas in ihr weigerte sich nach wie vor, sie zu akzeptieren.
Irgend etwas stimmte bei der ganzen Sache nicht. Oder war sie
einfach unfähig zuzugeben, daß sie im Unrecht war? War sie
derart überheblich geworden, daß sie nicht einmal mehr
Tatsachen akzeptieren konnte?
»Kommen Sie, gehen wir«, hörte sie Mark sagen.
Wortlos ließ sie sich von ihm aus dem Restaurant führen,
und als er schützend den Arm um sie legte, ließ sie es geschehen. Unbewußt rückte sie sogar noch näher an ihn, dankbar für
jeden Schutz, den sie jetzt finden konnte, nachdem ihre Welt so
plötzlich zusammengebrochen war.
52. Kapitel
Glen erkannte sofort, daß es Gordy Farber war, als er den
Hörer abhob.
    »Na, wie geht’s, Glen?« fragte der Herzspezialist ganz
beiläufig, trotz der Sorge, die ihn erfüllte. Offensichtlich war
da immer noch die Angst, die er seinem Patienten bei dessen
letztem Besuch angemerkt hatte. Inzwischen war sie sogar auf
Anne übergegangen, obwohl er vermutete, daß deren Furcht
weniger mit ihrem Mann als mit den Ereignissen um sie
zusammenhing. Trotzdem hatte er sich entschlossen, Glen
gleich heute anzurufen. »Was ist passiert? Hatten Sie noch
mehr von diesen Blackouts?«
    Glen erinnerte sich plötzlich daran, daß er heute morgen
Gordy anrufen wollte. Warum hatte er es nicht getan? Er
schaute auf die Uhr. Fast eine Stunde war vergangen, seit er die
Küche aufgeräumt hatte und…
Und was dann? Er wußte es nicht mehr! Wieder war eine Stunde seines Lebens verschwunden! Verdammter Mist!
    »Eigentlich wollte ich Sie heute auch anrufen, Gordy«,
begann er. »Ich glaube allmählich, daß ich anstelle von Herzproblemen eher die Alzheimersche Krankheit bekomme.
Gestern…« Bevor er weitersprechen konnte, wurde er vom
Klingeln an der Haustür unterbrochen. »Bleiben Sie dran,
Gordy. Jemand ist an der Tür.«
    Glen legte den Hörer auf den Tisch, ging zur Tür und öffnete
einer untersetzten Frau, die ihn unsicher anlächelte. Sie war
Anfang Sechzig, wie er schätzte, trug ein unförmiges Kleid und
hatte zuviel Make-up aufgelegt. Ihr schwarzgefärbtes Haar
hatte sie zu einem Zopf gebunden. Obwohl er sicher war, sie
nie zuvor gesehen zu haben, kam sie ihm irgendwie bekannt
vor.
»Mr. Jeffers?« fragte die Frau. »Ich bin Edna Kraven.«
    Schon als er sie ansah, überkam ihn dasselbe Schwindelgefühl, das ihn schon vorher übermannt hatte. Er trat einen
Schritt zurück und kämpfte gegen die Dunkelheit an, die ihn
schon wieder zu umhüllen begann.
    Er konnte nichts dagegen tun. Der Kampf gegen die Persönlichkeit des anderen, die immer stärker wurde, schien
zusehends aussichtsloser.
    »Laß sie nicht, Mama! Bitte, laß sie nicht!«
»Sei

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