Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
selbst ausgesucht hatte. Ganz bestimmt besaß diese schreckliche Frau,
mit der er verheiratet war, keinen so guten Geschmack. Als ihr
Blick wieder den ihres Gastgebers traf, schlug ihr Herz
schneller. Obwohl er nicht im geringsten wie Richard aussah,
gab es so vieles an ihm, das sie an ihren Sohn erinnerte. Zuerst
seine Stimme. Die wunderbar sanfte Art, wie er sprach. Und
auch seine Augen. Die hatten zwar nicht ganz dieselbe Farbe
wie die Richards, aber dieselbe Tiefe – die Fähigkeit, in jeman
den hineinsehen zu können.
»Ich muß erst mal nachdenken«, sagte sie und zwirbelte mit
ihren Fingern an einem der großen Knöpfe ihres Kleides
herum. »Sie waren heute morgen am Telefon so nett zu mir, da
dachte ich mir, daß ich vielleicht lieber mit Ihnen anstatt mit
Ihrer Frau sprechen sollte. Wenn Sie doch nur ein wenig über
Richard Bescheid wüßten… Sie können sich einfach nicht
vorstellen, wie es mich verletzt, wenn Ihre Frau so gräßliche
Dinge über ihn schreibt.«
Er lächelte. »Das kann ich mir durchaus vorstellen. Glauben
Sie mir, ich verstehe ganz und gar, wie Ihnen zumute ist.«
Edna Kraven strahlte. »Oh! Ich wußte, daß ich mich nicht in
ihnen getäuscht habe. Von Anfang an! Wissen Sie, Sie erinnern
mich nämlich an Richard. Schon als ich heute morgen zum
ersten Mal Ihre Stimme hörte. Und deshalb mußte ich einfach
kommen und Sie besuchen.«
»Ich bin sehr froh, daß Sie das getan haben«, meinte er sanft.
Er betrachtete sich seine Mutter ganz genau. Seit er sie zum
letzten Mal gesehen hatte, war sie vier Jahre älter geworden,
hatte sich aber kaum verändert. Sie trug dasselbe billige Polyesterzeug wie früher und hatte immer noch dieselbe Frisur, die
sie irrtümlicherweise für modern hielt. Zusammen mit ihrem zu
dick aufgetragenen Make-up sah sie aus wie einer der
Entertainer in den heruntergekommenen Bars von Las Vegas,
die sich mit billigen Shows über Wasser hielten und ihre besten
Jahre längst hinter sich hatten. Mit der perfekten analytischen
Objektivität, die er sich im Laufe der Jahre erworben hatte,
versuchte Richard Kraven zu ergründen, was diese
abgestumpfte, langweilige Frau eigentlich an sich hatte, das in
seinem Bruder soviel Liebe, ja Verehrung geweckt hatte.
Vielleicht deshalb, weil sie sich so sehr ähnelten.
Vielleicht hing es auch mit etwas völlig anderem zusammen.
Möglicherweise gab es ja eine Art Instinkt, der Leute mit einer
solch beschränkten geistigen Kapazität, wie sie Rory und Edna
zu eigen war, miteinander verband. Auf jeden Fall war es
etwas, das seinem eigenen Niveau überhaupt nicht entsprach.
»Sie können kaum ermessen, was es für mich bedeutet, daß
Sie gekommen sind«, sagte er dann. »Der Schmerz, den Sie
durchleiden müssen…«
Edna streckte ihre teigigen Finger nach ihm aus und griff
nach der Hand dieses wundervollen Mannes. »Davon können
Sie sich keine Vorstellung machen«, keuchte sie mit brüchiger
Stimme. »Sie ahnen überhaupt nicht, wie sehr ich meinen
Richard vermisse.« Ihr Blick schweifte kurz zum
Wohnzimmerfenster. »Das ist doch nicht etwa Ihr Wohnmobil
da draußen?« fragte sie in wehmütigem Ton. »Mein Richard
hatte nämlich auch eins. Er hat mich damit manchmal in die
Berge mitgenommen.«
Ein winziges Lächeln umspielte seine Lippen. »Tatsächlich?« Nun, wie der Zufall so spielt, es ist mein Wohnmobil.
Und kurz bevor Sie gekommen sind, habe ich mir sogar noch
überlegt, daß es doch nett wäre, in die Berge zu fahren, um ein
wenig zu fischen. Hätten Sie nicht vielleicht Lust mitzufahren?«
Edna Kraven wurde puterrot. »O nein. Ich habe nicht
gemeint… Also, ich möchte Ihnen doch nicht zur Last fallen.
Ich will doch nur…«
»Aber natürlich können Sie mitkommen. Sie bereiten mir
keinerlei Mühe.« Er stand auf. »Ich muß nur noch ein paar
Dinge zusammenpacken, dann geht’s schon los. Wir könnten
ein Picknick machen.«
Während Edna Kraven nervös im Wohnzimmer wartete,
ging der Mann, der zu Richard Kraven geworden war, in den
Keller hinunter und holte die letzte Kiste, die er noch in das
Wohnmobil schaffen mußte.
Das Wohnmobil hatte er gestern gemietet. Mit dem Führerschein und der Kreditkarte von Glen Jeffers.
In der Kiste waren bereits ein Benzinkanister und eine
Streichholzschachtel. Jetzt packte er noch weitere Dinge hinein.
Die elektrische Säge.
Die Kabelschnur, mit der er Heather Jeffers Katze mit
Stromstößen wieder zum Leben hatte erwecken wollen.
Die Rolle Plastikfolie, die er sich gestern, bevor er

Weitere Kostenlose Bücher