Blitze des Bösen
dieses Bild
stand ihm lebendig vor Augen, ganz anders als die verworrenen, undeutlichen Rückblenden, die ihm früher erschienen
waren.
In seinem letzten Traum hatte er die Angelrute eingeholt,
war aus dem Fluß gestiegen und zu einem Wohnmobil geeilt,
das auf einer Grasnarbe einige hundert Meter vom Fluß entfernt stand.
Obwohl er nicht wußte, woher das Wohnmobil stammte,
kam es ihm doch bekannt vor. Sein Herz hatte zu klopfen
begonnen, als er sich ihm genähert hatte, doch als er es betrat,
war es ihm nicht so vorgekommen, als ob hier etwas nicht
stimmte. Er hatte keinerlei Hinweise auf die abscheuliche
Schlachterei gefunden, an die er sich ebenfalls klar und deutlich erinnerte. Im Wohnmobil hatte er eine Säge ohne Sägeblatt
entdeckt und einen Messergriff ohne Klinge. Er hatte im
Wagen nicht die geringsten Blutspuren gefunden, und nachdem
er sich seine Kleider angezogen hatte – dieselben, die er jetzt
trug –, hatte er das Gehölz am Rande der Lichtung abgesucht.
Auch dort hatte er nichts gefunden.
Anschließend war er zurück zu dem Wohnmobil gegangen,
da hatte er seinen nächsten Blackout gehabt.
»Mr. Jeffers?« fragte die Schwester. »Sind Sie noch da?«
»Ja. Und es ist ein Notfall. Ich muß dringend mit Gordy
sprechen.«
Die Schwester blieb zurückhaltend. Sie fragte sich wohl, ob
er sie nicht anlog, lenkte dann aber ein und sagte: »Ich erkundige mich, ob Dr. Farber Zeit für Sie hat.«
Aus dem Hörer drang einen Moment lang Musik, dann hörte
Glen Gordy Farbers Stimme: »Glen? Wo sind Sie? Was ist los?
Warum haben Sie vorher aufgehängt?«
»Können wir uns treffen?« fragte Glen. »Ich komme, sobald
Sie Zeit haben.«
»Ich nehme mir die Zeit«, sagte Gordy Farber, als er die
Angst in Glens Stimme spürte. »Können Sie in fünfzehn
Minuten bei mir sein?«
»Ich komme.«
Tatsächlich waren nur zehn Minuten vergangen, als Glen das
Sprechzimmer des Arztes betrat. Er hätte sogar noch weniger
Zeit gebraucht, doch auf dem Weg zur Klinik hatte er ein
Wohnmobil gesehen – genauso eines wie das aus seinem
Traum. Er hatte durch die Fenster nach innen geschaut, und
sein Herz hatte zu rasen begonnen, als er einige Teile der
Inneneinrichtung erkannte. Er hatte versucht, die Türen zu
öffnen, doch sie waren abgeschlossen gewesen. Erst dann war
er ins Krankenhaus gegangen.
Trotz Glens Einwand bestand der Herzspezialist darauf, ihn
eingehend zu untersuchen. Erst als sich der Arzt davon
überzeugt hatte, daß Glen nicht vor einem zweiten Herzinfarkt
stand, bat er ihn, in seinem Zimmer Platz zu nehmen. Gordy
Faber lehnte sich an seinen Tisch, verschränkte die Arme und
sah sich den Sitzenden genau an. Was Glen auch zu seinem
beunruhigenden Anruf veranlaßt haben mochte, ein
medizinischer Notfall lag hier ganz gewiß nicht vor. Im
Gegenteil, alle Anzeichen sprachen dafür, daß seine physische
Genesung zufriedenstellend verlief. »Also, worum geht es
eigentlich?« fragte er.
»Ich weiß es selbst nicht.«
Gordy Farber starrte ihn an. »Sie wissen es nicht? Was zum
Teufel ist das für eine Antwort! Sie wollten gerade einen Termin mit mir ausmachen. Dann hat es an der Tür geklingelt, Sie
sind zum Telefon zurückgekommen, waren nicht besonders
höflich zu mir und haben einfach aufgelegt. Also machen Sie
mir nicht weis, daß Sie nichts wissen. Wer war an der Tür?«
Glen schüttelte hilflos den Kopf. »Ich weiß es nicht«, wiederholte er. »Ich erinnere mich, daß ich mit Ihnen telefoniert
habe und daß es an der Tür geklingelt hat. Von da an weiß ich
nichts mehr. Der übrige Tag ist ein reines Durcheinander. Vor
zwanzig Minuten bin ich auf dem Sofa aufgewacht, aber ich
glaube nicht, daß ich den ganzen Tag dort gelegen habe. Es ist
alles völlig verrückt. Ich erinnere mich daran, daß ich schon
früher aufgewacht bin, aber das war nicht bei mir zu Hause. Ich
habe in einem Bach in den Bergen gestanden und habe
geangelt.« Er errötete und wich dem Blick des Arztes aus.
»Und ich war splitternackt.« Langsam und ausführlich
berichtete Glen alles, woran er sich erinnerte. Als er schließlich
fertig war und zu dem Arzt aufschaute, stand ihm die Angst im
Gesicht geschrieben. »Die Sache ist die, daß ich mich
allmählich frage, was Traum und was Wirklichkeit ist. Mein
Gott, Gordy, was passiert mit mir? Und erzählen Sie mir nicht,
daß das nach einem Herzanfall normal ist.«
Der Spezialist ging um den Tisch herum und setzte sich.
»Können Sie sich an die Fahrt in
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