Blitze des Bösen
gefunden. Sie haben auch kein Blut, keine Kampfspuren oder
sonst etwas entdeckt, das die Vermutung stützen könnte, Sie
hätten jemanden getötet. Es war alles ein Traum, Glen. Und
was das Wohnmobil betrifft, das Sie heute morgen ganz
offensichtlich gesehen haben, denke ich mir folgendes: Wahrscheinlich haben Sie bereits früher einmal aus dem Fenster
geschaut und sich Einzelheiten eingeprägt, die während Ihres
Traumes wieder in Ihrem Geist wachgerufen wurden.« Er ging
die einzelnen Problempunkte durch, indem er sie an seinen
Fingern aufzählte. »Ihre Nachbarin ist in etwa auf dieselbe
Weise ermordet worden, wie Ihnen das im Traum erschienen
ist. Es existiert ein Wohnmobil wie das aus Ihrem Traum, das
in der Straße vor ihrem Haus steht. Ihre Frau hat jahrelang über
Richard Kraven geschrieben, und ich kann mich noch daran
erinnern, daß er gerne mit einem Wohnmobil zum Angeln fuhr.
Ich glaube, daß auch dieses kleine Detail irgendwo in Ihrem
Unterbewußtsein schlummert. Unbewußt haben sie all diese
Bausteine zu einem Ganzen, einer Pseudoerinnerung,
zusammengefügt – zu einer sehr lebhaften Erinnerung an ein
Ereignis, für das Sie keinen naturwissenschaftlichen Beweis
finden können.«
»Und was ist mit den Blackouts?« Glen ließ nicht locker.
Jacobson spreizte abwehrend die Hände. »Wenigstens dafür
habe ich eine Erklärung: Sie haben vermutlich einen kleinen
Schlaganfall erlitten.«
»Einen Schlaganfall?« fragte Glen erstaunt. »Aber wenn ich
einen Schlaganfall gehabt…«
»Das kommt bei vielen Menschen vor, aber von den meisten
Schlaganfällen bemerkt man gar nichts. Ein Schlaganfall muß
nämlich nichts besonders Dramatisches sein. Selbst die
allerwinzigste, unbedeutendste Gehirnblutung zählt zu dieser
Kategorie. Und es ist sehr wahrscheinlich, daß Sie eine hatten.«
Er griff zum Telefon und sagte: »Ellie, könnten Sie alles für ein
EEG vorbereiten? Wir kommen in ein paar Minuten.« Er
hängte ein und wandte sich wieder Glen zu. »Ein
Elektroenzephalogramm wird uns sagen, ob Sie größere Probleme haben, und wir machen später dann auch noch ein
Elektromyogramm, um ganz auf Nummer Sicher zu gehen.« Er
betrachtete sich seinen Terminplan auf dem Computerschirm.
»Ist Ihnen der Montag recht?«
Glen nickte und spürte, wie seine Angst verschwand. Vielleicht gab es ja doch eine rationale Erklärung für seine bizarren, deprimierenden Erlebnisse. Der Psychiater führte ihn
durch die Tür in den Untersuchungsraum und erklärte die
Prozedur, während Glen seinen Ärmel hochschob, damit die
Krankenschwester Blutdruck und Puls messen konnte.
»Es ist wirklich ganz einfach«, machte ihm Jacobson klar.
»Ich schließe einige Elektroden an Ihren Kopf an, dann messen
wir die elektrische Aktivität in Ihrem Gehirn.« Er lächelte
beruhigend, als er einen Anflug von Furcht bei Glen entdeckte.
»Glauben Sie mir, Sie werden nichts spüren.«
Die Schwester befestigte die Elektroden an Glens Kopf.
»Fertig?« fragte der Psychiater kurz darauf.
»Fertig«, bestätigte die Schwester.
Der Arzt drehte an einem Schalter, und obwohl Glen nicht
den geringsten physischen Schmerz fühlte, erfaßte ihn plötzlich
eine Welle der Panik.
Und dann hörte er ein Heulen in seinem Kopf. Ein Heulen,
das unendliche Qualen und Ängste ausdrückte. Es war ein
derart fürchterliches Geräusch, daß er einen Moment lang
befürchtete, es würde ihm die Seele zerreißen.
Aber woher kam es? Seine Blicke wanderten vom Arzt zur
Schwester und wieder zurück. Offenbar hörte niemand von
ihnen dieses herzzerreißende Geräusch, also hörte er es nur in
seinem eigenen Kopf.
Als der Arzt die Skala einstellte, veränderte sich die Tonart
des Gekreisches, und als Jacobson schließlich die Maschine
abschaltete, erstarb es so abrupt, als wäre es nie dagewesen.
»Das war’s«, sagte der Psychiater. »Und Sie haben nichts
gespürt, stimmt’s?«
Glen schüttelte den Kopf und warf einen Blick auf das
Papier, das die Maschine ausspuckte. »Und das ist das Ergebnis?«
»Allerdings.« Jacobson zog das Papier heraus. »Sehen wir es
uns mal an.« Er studierte es einen Moment, dann reichte er es
Glen.
Alles, was Glen darauf erkennen konnte, waren drei
getrennte Strichlinien in verschiedenen Mustern, die anstiegen
und abfielen. »Und was bedeutet das?«
Jake Jacobson schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Es
bedeutet, daß mit Ihrem Gehirn so weit alles in Ordnung ist.
Sie weisen keine besonderen
Weitere Kostenlose Bücher