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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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der Decke strecken.« Als sie einige Sätze von Annes Artikel
überflog, wurde sie ein wenig nachsichtiger. »Glaubst du
wirklich, daß etwas übersehen wurde? Ich meine, etwas, das du
finden kannst?«
Anne ließ sich auf den Stuhl fallen und zuckte zusammen,
als eine herausgesprungene Feder sie in die Hüfte stach. »Die
Hinrichtung hat stattgefunden, und es gibt keine weiteren
Prozesse mehr. Außerdem hat Mark Blakemoor gesagt, daß die
Akten geschlossen werden. Im Klartext heißt das, daß ich alle
einsehen kann. Es gibt keinen Grund mehr, mir das zu
verweigern.«
Vivian Andrews wägte Pro und Kontra rasch ab. Würde
Anne noch ein paar Arbeitstage ausfallen, wäre dieser finanzielle Verlust nichts im Vergleich zu der höheren Auflage, die
man verkaufen würde, wenn sie tatsächlich etwas Neues aufdecken sollte. »Okay«, stimmte sie zu. »Ein paar Tage noch.
Aber wenn du mir dann nicht irgend etwas auftischst, hat sich
die Sache ein für allemal erledigt. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
Anne war schon halb zur Tür hinaus, als Vivian sie noch
einmal ansprach: »Wie geht’s Glen?« fragte sie.
Anne wandte sich um: »Ganz gut, den Umständen entsprechend.«
»Ich habe gehört, er wäre fast gestorben.«
Anne versuchte, eine Fassade gespielter Tapferkeit aufzubauen, was ihr aber nicht besonders gut gelang. »Das Wichtigste ist, daß er erst einmal über den Berg ist. Es geht ihm
schon besser. Es kann allerdings eine Weile dauern, bis er
wieder ganz in Ordnung ist.«
Vivian nickte ihr mitfühlend zu und sagte: »Falls du Urlaub
nehmen willst…« doch Anne schüttelte schnell den Kopf.
»Ich glaube nicht. Das heißt, ich weiß es nicht so recht. Aber
ich überlege es mir. Wenn Glen aus dem Krankenhaus
entlassen wird, nähme ich mir gerne ein paar Tage frei, okay?«
»Natürlich. Und halte mich auf dem laufenden – über deine
Story und über Glen.«
»Danke, Viv. Das mache ich.«
Als sie wieder an ihrem Schreibtisch saß, ging Anne die
internen Mitteilungen durch. Die meisten davon konnten
warten. Nachdem sie die dringlichsten beantwortet hatte,
spielte sie den Anrufbeantworter ab.
Das meiste, was sie hörte, war ebenso belanglos wie die
Hausnachrichten: Vorschläge für Artikel, Fragen nach Themen,
über die sie geschrieben hatte, Bitten, daß sie den einen und
anderen Fall erwähnen möge. Einige Ideen waren ganz gut,
andere unbrauchbar…
Am Ende des Bandes waren noch einige Reaktionen auf
ihren Artikel von heute morgen, die sie fast alle uninteressant
fand.
Doch eine, es war die letzte, ließ sie aufhorchen. Es sprach
eine Frauenstimme, die reichlich angespannt klang.
»Ich muß mit Ihnen sprechen«, sagte sie. »Richard Kraven
hat meinen Sohn umgebracht! Ich weiß, daß er es war, doch
mir hört niemand zu! Weil wir Indianer sind, hört uns niemand
zu!«
Es wurde ein Name und eine Adresse genannt, bei der die
Anruferin wohl einiges durcheinandergebracht hatte. Obwohl
Anne das Band immer wieder abspielte, konnte sie sie nicht
heraushören.
Den restlichen Tag verbrachte sie im Archiv des Polizeireviers und begann mit der Durchsicht der Akten, die Mark Blakemoor und Lois Ackerly dort hingeschafft hatten.
Zu ihrer Überraschung kam Mark Blakemoor während des
Vormittags zu ihr herunter, um sich nach ihrer Arbeit zu
erkundigen. Dann tauchte er mittags noch einmal auf, diesmal
mit Sandwiches und ein paar Dosen Coke.
»Suchen Sie nach irgend etwas Bestimmten?« fragte er
Anne, als sie hungrig in eines der Sandwiches biß.
Anne kaute kräftig, zuckte die Achseln und deutete ihm an,
daß er warten solle, bis sie runtergeschluckt hatte. »Ich weiß
selbst nicht«, sagte sie dann. Ihr fiel die verstümmelte
Nachricht von heute morgen wieder ein, und sie runzelte die
Stirn. »Können Sie sich an irgendeinen Bericht über einen
indianischen Jungen erinnern?« fragte sie ihn und wiederholte
die Nachricht wortwörtlich.
Mark Blakemoor starrte sie an. »Das ist alles? Nur ‚Richard
Kraven hat meinen Sohn umgebracht, ich weiß, daß er es war,
doch niemand hört mir zu’?«
»Genau.«
Blakemoor gab ein resigniertes Seufzen von sich, als er an
die zigtausend Anrufe dachte, die er all die Jahre während
seiner Untersuchung der Kraven-Morde bekommen hatte. Wie
sollte er sich an einen bestimmten darunter erinnern können?
Aber wenn er Anne damit weiterhelfen könnte… »Ich mache
Ihnen einen Vorschlag«, sagte er, »ich habe heute abend Zeit.
Wenn ich die Akten durchgehe,

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