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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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wird das vielleicht meinem
Gedächtnis nachhelfen.«
»Das ist doch nicht nötig…«, erwiderte Anne, aber Mark
brachte sie mit einer Geste zum Schweigen.
»Wenn ich es nicht mache, tun Sie es. Ich weiß zumindest,
wo die Unterlagen sind und wonach ich schauen muß.« Bevor
Anne antworten konnte, fügte er hinzu: »Meine Güte, wenigstens könnte ich dann mal einen Abend lang meinen Bierkonsum unter Kontrolle halten!«
Er hatte einen so wehmütigen Unterton in der Stimme, daß
Anne jeden Widerspruch gegen seine Überstunden unterdrückte. Wenn er selbst es wollte, warum nicht?
»Ich würde Ihnen gerne dabei helfen, aber weil Glen im
Krankenhaus ist…«
»Schon gut«, beruhigte sie Blakemoor. »Wie wäre es, wenn
wir gleich anfangen würden?«
Während der nächsten Stunde durchsuchten sie die Kartons.
Blakemoor schaute nach den telefonischen Eintragungen, Anne
durchforschte die Akten nach Namen, nach irgendeiner Notiz –
nach allem, was irgendwie interessant sein könnte.
Als er schließlich den Archivraum verließ, war er über und
über mit Staub bedeckt und mußte ununterbrochen niesen.
Trotzdem hatte Mark das Sandwich, das er im Keller mit Anne
Jeffers gegessen hatte, mehr als jedes andere Essen in der
letzten Zeit genossen.
Anne ihrerseits maß dem Essen keine besondere Bedeutung
bei. Sie hatte ja auch nicht mitbekommen, daß der Polizist sie
während der Zeit, die sie zusammen waren ständig aus den
Augenwinkeln beobachtet hatte. Wie ein Pennäler, der in die
Ballkönigin der High School verknallt war.

16. Kapitel
    Der lange Frühlingstag ging allmählich zu Ende. Als sich die
Dämmerung über die Stadt senkte, wurde Glen Jeffers’ Angst
immer größer. Der ganze Tag war vergangen mit unruhigem
Schlaf, der ihm keine echte Erholung verschaffte, und einer Art
Dösen, bei dem sein Geist aber fast völlig klar gewesen war.
Als er aus dem Fenster schaute und die Leute beobachtete, die
zwei Stockwerke unter ihm auf dem Gehweg liefen, und als er
die Lichter in den Wohnungen über der Straße angehen sah,
überkam ihn das seltsame Gefühl, daß die Zeit sich irgendwie
verkehrt hatte: Während die übrige Welt auf das Ende des
Tages zusteuerte, wurde er erst richtig wach. Wenn er die
Schwester nicht überreden konnte, ihm ein Schlafmittel zu
bringen, würde er sicher die ganze Nacht kein Auge zutun.
    Anne hatte ihn bereits besucht, die Kinder waren vor ihr
dagewesen.
Aus irgendeinem Grund, den er sich aber nicht erklären
konnte, fühlte er sich wie abgekapselt von ihnen. Das hing
ganz sicher mit den Medikamenten zusammen; würden die erst
wieder abgesetzt, wäre er auch bald wieder der Alte. Doch als
die Kinder nach der Schule zu ihm gekommen waren, hatte er
große Mühe gehabt, sich auf das zu konzentrieren, was sie
gesagt hatten. Er mußte Interesse daran vortäuschen, daß sich
Kevin mit Justin Reynolds herumgebalgt oder daß sich Heather
eine neue CD gekauft hatte. Wie hieß noch einmal die Gruppe?
Crippled Chicken? Oder so ähnlich.
Während er über die möglicherweise mehrdeutigen Namen
von Rockbands nachsann und dabei in seinem Essen
herumstocherte, das ihm um sechs Uhr gebracht worden war,
war Anne gekommen. Er hatte sich ungeheuer konzentrieren
müssen, um dem zu folgen, was sie gesagt hatte, denn seine
Gedanken waren immer woandershin abgeschweift.
Genauer gesagt, er mußte immer an den Alptraum von heute
morgen denken.
Der Traum lebte nach wie vor in seiner Erinnerung und war
den ganzen Tag nicht aus seinem Bewußtsein gewichen. Immer
wenn er kurz vor dem Einschlafen war, fiel er ihm wieder ein
und drohte ihn aufs neue in die schrecklichsten Ängste zu
versetzen.
Als Gordy Farber vor einer Stunde bei ihm gewesen war,
hatte Glen ihm von dem Traum erzählt. Und der Herzspezialist
hatte auch rasch eine Erklärung dafür parat gehabt: »Ich bin
zwar kein Psychiater, aber ich habe viel Erfahrung mit Leuten,
die sich in Ihrer Situation befinden. Sie hatten einen
Herzinfarkt, und haben sich danach völlig hilflos gefühlt. Und
was wäre eine bessere Symbolik für Hilflosigkeit als ein
kleiner Junge, der sich in der Dunkelheit vor dem Vater
versteckt, der ihn bedroht.«
»Aber mein Vater war nie eine Bedrohung für mich«,
wandte Glen ein. »Er war im Gegenteil so fortschrittlich eingestellt, daß er mich niemals geschlagen hat. Er fand, das sei
Kindesmißhandlung! Und das zu einer Zeit, als andere ihre
Kinder noch mit dem Gürtel verdroschen!«
Farber

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