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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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um und bemerkte,
daß ihn jemand aus einem der Fenster des Krankenhauses
anstarrte.
    Er überlegte, ob er nicht kurzerhand hinaufgehen und dem
Kerl die Stecker rausziehen sollte. Das wäre es doch: einfach
ins Zimmer gehen, dem Burschen ordentlich Bescheid geben,
die Kabel herausziehen und dabei zusehen, wie der Kerl starb?
Ja, ihm beim Sterben zusehen!
    In der abendlichen, feuchten Kühle überlief ihn eine Gänsehaut, die allerdings mit der Witterung nichts zu tun hatte.
Seine Phantasievorstellungen hatten sie ausgelöst und er
wußte jetzt endgültig, daß er sie ausleben mußte.
Aber nicht bei dem Kerl im Krankenhauszimmer. Nicht dort,
wo es hell war und man ihn eventuell erwischte, noch ehe ihn
seine Tat so richtig befriedigt hätte.
Der Mann ging auf dem Bürgersteig weiter, lief dann Zickzack nach Norden und Westen, bis er schließlich am Broadway angelangt war. Dort gab es zwar viele Lichter und Menschen, doch das störte ihn nicht, denn er konnte in der Menge
untertauchen. Der Broadway wimmelte heute abend von
Menschen, und das war gut, bedeutete es doch, daß er nicht
auffiel, er war lediglich ein anonymes Gesicht in der Masse. Er
ging weiter und beachtete die jugendlichen Schnorrer mit
grünen Haaren, schwarzbemalten Lippen und durchbohrten
Augenbrauen und Ohrläppchen nicht.
Er wußte, wenn die Person auftauchte, nach der er suchte,
würde er es sofort bemerken.
Zwei Männer kamen ihm händchenhaltend entgegen. Er warf
ihnen einen zornigen Blick zu, doch in letzter Sekunde ging er
zur Seite, um sie passieren zu lassen. Dann drehte er sich um
und sah ihnen finster hinterher, während sie lachend
weitergingen.
Lachten sie etwa über ihn?
Wütend ballte er die Fäuste, doch als sie sich nicht nach ihm
umdrehten, unterdrückte er seinen Zorn und ging weiter.
Verstohlen ließ er seinen Blick über die Menschenmasse
gleiten – als er sie sah.
Sie war um die Dreißig, hatte kurzes, blondes Haar und trug
einen Rock, der noch kürzer war als ihr Haar.
Sie ging auf der anderen Straßenseite, in dieselbe Richtung
wie er, und es sah so aus, als wäre sie allein. Sie machte den
Eindruck, als ob sie jemanden suchte – genau wie er.
Der Mann überquerte die Straße, beschleunigte seinen
Schritt, bis er sich nur noch wenige Meter hinter ihr befand,
ging dann langsamer und folgte ihr schließlich in einem
gleichbleibenden Abstand.
Sie ging nach Norden und betrat schließlich eine Bar. Er
schlenderte außen vor der Bar herum, bis sie im dunklen
Inneren verschwunden war. Erst als er sicher war, daß sie dort
niemanden getroffen hatte, ging er auch hinein.
Sie saß allein an einem Zweiertisch. Der Mann setzte sich an
einen der Nebentische, von dem aus er Augenkontakt mit ihr
aufnehmen konnte. Sein Herz pochte vor Aufregung.
Seine Haut begann zu prickeln, und in seinem Bauch glühte
es vor Aufregung, als er sich sein Vorhaben ausmalte. Die
Erregung wuchs, als er versuchte, sich an jede Einzelheit zu
erinnern, daran wie seine anderen Opfer gelitten hatten.
Sämtliche Details der Morde, die man Richard Kraven zur
Last gelegt hatte, wurden wieder in ihm lebendig…
Eineinhalb Stunden später verließ die Frau schließlich die
Bar, und er hatte sie noch immer nicht angesprochen. Er hatte
sie nur angeschaut, hatte sich ausgemalt, was später passieren
würde, wenn er sich ihr vorgestellt hätte und wenn sie
zusammen wären.
Als sie das Lokal verließ, legte er Geld für das Bier, das er
getrunken hatte, auf den Tisch. Dann folgte er ihr in die Nacht.
Einen Moment lang schien es so, als sei die Frau von der
Dunkelheit verschluckt worden, aber dann entdeckte er sie, als
sie in Richtung des Harvard Exit Theaters ging. Er folgte ihr
und hielt dabei etwa hundert Meter Abstand. Sie ging
schließlich auf eines der anonymen zweistöckigen Wohnhäuser
in Boylston zu, machte kurz Halt, bevor sie es betrat, drehte
sich um, nickte ihm auffordernd zu und lächelte ihn an.
Sie hatte es gewußt.
Sie hatte gemerkt, daß er sie beobachtet hatte und ihr gefolgt
war.
Aber was sie nicht wußte, war, was er vorhatte…
Und als sie ihn ansprach, entfachte sie auch wieder die
schwelende Glut der freudigen Erwartung in ihm. »Okay, mein
Lieber. Ich bin genauso einsam.« Der Mann sagte nichts,
sondern ging langsam auf die Frau zu, die ihn anlächelte:
»Wollen Sie für eine Weile mit nach oben kommen?«
In der Wohnung der Frau schaute sich der Mann um. Die
Räumlichkeiten unterschieden sich kaum von

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