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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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unterhielt sich selten
mit jemandem, außer mit den Kollegen, mit denen sie im
Krankenhaus von Capitol Hill zusammenarbeitete. Ihre Eltern
hatten ihr zwar das Haus überlassen, in dem sie aufgewachsen
war, aber nicht genug Geld, um damit über die Runden zu
kommen. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, eine
berufliche Laufbahn einzuschlagen. Sie war kurz verheiratet
gewesen, doch als Jim Cottrell sie sechs Monate nach der
Hochzeit verlassen hatte und sie zu ihren Eltern gezogen war,
hatte sie nicht den Wunsch, einen Beruf zu ergreifen.
    Sie war eigentlich nur zurück nach Hause gekommen, um
etwas Unterstützung zu haben und die Scherben ihres
Gefühlslebens zu kitten.
    Jetzt, fast dreißig Jahre später, war sie immer noch damit
beschäftigt.
Monatelang hatte sie damals aus Scham über das Scheitern
ihrer Ehe das Haus nicht verlassen. Ihre Eltern, die ihr eine
Zufluchtsstätte boten, waren schließlich gestorben. Joyces
wenige Freunde hatten ihre ständigen Jammereien schon bald
nicht mehr ertragen können und sie deshalb auch nicht mehr
angerufen.
Aus den Jahren waren Jahrzehnte geworden, und obwohl sie
sich schließlich einen Job in der Spätschicht an der Rezeption
des Krankenhauses beschafft hatte, hatte sie sich langsam
immer mehr zurückgezogen. Obgleich sie ihr Haus fast nur
verließ, um zur Arbeit zu gehen, türmte sich in ihrem Haus
kein Müll auf. Keine Farbe blätterte bei ihr von den Wänden
ab, noch sahen die Möbel schäbig aus. Joyce hielt ihr Haus
peinlich sauber, strich jeden Raum, dessen Farbe verblaßte,
umgehend neu, bestellte sich alles dazu Nötige aus Katalogen
und ging erst dann einkaufen, wenn sie sich bis ins kleinste
Detail überlegt hatte, wie das neue Zimmer dekoriert werden
sollte.
Im Laufe der Jahre war sie Expertin geworden, wie man
Farbe von altem Holz, Tapeten von altem Putz abschält und
wie man die wunderschönen Innenbalken instandhält. Mit der
Zeit zeigten die Zimmer des Hauses eine ungewöhnliche
Mischung verschiedener Stilrichtungen. Alle spiegelten sie die
Mode der Zeit wider, zu der sich Joyce entschlossen hatte, die
Räume zu renovieren.
Allerdings hatte seit Jahren niemand das Innere des Hauses
gesehen. Denn wann immer jemand aus der Nachbarschaft
gefragt hatte, ob er sehen dürfe, wie es mit ihrer Arbeit
voranging, hatte Joyce eingewandt, sie sei mit ihrer Arbeit
noch nicht fertig. Und das war nicht einmal gelogen, weil
mindestens eines der zehn Zimmer des Hauses sich immer im
Stadium der Renovierung befand.
Joyce träumte aber unentwegt von der rauschenden Party,
die sie geben wollte, wenn das Haus endlich fertig war. Es
sollte eine Party werden zur Feier der vollständigen Renovierung und gleichzeitig ein Zeichen sein für ihr Wiedereintreten in das gesellschaftliche Leben. Sie verbrachte Stunden
und Tage damit, sich auszumalen wie sie als schöne, charmante
Gastgeberin auftrat und die Türen ihres eleganten Heims für
Massen von bewundernden Freunden öffnete.
Unglücklicherweise hatte Joyce für die Pflege ihrer Person
nicht dasselbe Geschick wie für die des Hauses. Ihre Figur
konnte gerade noch freundlich mit »füllig« umschrieben werden – ein Umstand, den sie so gut sie konnte verbarg, indem sie
weite Kleider in leuchtenden Farben trug. Auch ihr Haar war,
mit dreiundfünfzig, blonder als es noch ein halbes Jahrhundert
vorher gewesen war. Joyces Geschmack in Sachen Make-up
hatte sich seit ihrer Teenagerzeit nicht geändert. Sie benutzte
immer noch denselben leuchtenden Lippenstift und Lidschatten
– eine Orgie in Rot und Orange, Blau und Grün.
Das waren auch die Farben, die sie bei ihrer Kleidung wie
bei der Innendekoration ihres Hauses bevorzugte.
Leute, die ihr gegenüber Nachsicht übten, hätten gesagt, sie
sähe recht aufgetakelt aus.
Andere, die weniger wohlwollend waren, hätten gesagt, sie
sähe wie ein leichtes Mädchen aus, das seine besten Jahre
längst hinter sich hat.
Und genau das war es, was die Aufmerksamkeit des Mannes
erregte.
Das und die Tatsache, daß sie gleich neben Anne Jeffers
wohnte.
31. Kapitel
    Das Polizeipräsidium möchte weder
bestätigen noch dementieren, daß man
untersucht, ob Richard Kraven seine Taten
eventuell nicht alleine verübt hat. Außerdem
wurde nicht klar, ob man der Möglichkeit
nachgeht, daß die neue Mordwelle nach
seiner Hinrichtung auf das Konto eines
möglichen Komplizen gehen könnte. Die
Polizei weigert sich auch, Gerüchte zu
bestätigen, nach

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