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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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schon tot war, als jemand sie hier abgelegt hat. Also muß es
woanders passiert sein.« Anne zitterte jetzt am ganzen Körper,
und ihre Stimme bebte. »Gleich nebenan von uns, während wir
geschlafen haben. O Gott…«
Glen legte den Arm um seine Frau, einerseits um ihr
Beistand zu leisten, andererseits um sich selbst auf sie zu
stützen. Denn jetzt schoß ihm ein weiteres Bild durch den
Kopf.
Er sah jemanden, der eine Leiche durch die Dunkelheit
schleppte.
Das Gesicht der Person war lichtüberflutet, so daß sie so klar
vor ihm stand, als würde er ein Foto betrachten. Aber er
erkannte das Gesicht nicht.
Es war das Gesicht eines Fremden – und der trug Joyce
Cottrells Leiche.
Obwohl das Bild derart deutlich war, war es ihm nicht vertraut, verband er keine Erinnerung damit. War er etwa Zeuge
eines Mordes geworden, konnte sich aber nicht mehr daran
erinnern? War so etwas möglich?
Nun fielen ihm seine Blackouts wieder ein, die er in letzter
Zeit häufig gehabt hatte.
Glen hörte Anne stumm zu, als sie mit immer wieder
stockender Stimme erzählte, wie Boots sie zu der Leiche
geführt hatte, wie sie hinter dem Gebüsch nachgesehen und
schließlich ihre Nachbarin gefunden hatte.
Joyce Cottrell.
Jemand, der keine Freunde, keine Feinde hatte. Jemand, den
niemand kannte.
Warum hatte man sie getötet?
Keiner von beiden vermochte die Frage zu beantworten. Und
obwohl sie den Gedanken nicht laut aussprachen, überkam
Glen und Anne dasselbe schreckliche Gefühl: Auf irgendeine
Weise, die keiner verstand, hatte dieser Mord etwas mit ihnen zu tun.
35. Kapitel
    Der Mann meldete sich den zweiten Tag krank. Er hatte
eigentlich vorgehabt, zur Arbeit zu gehen, denn auch wenn sie
ihn bei Boeing nicht sehr schätzten, nahm er doch seinen Job
sehr ernst.
    So, wie er alles im Leben ernst nahm.
Aber als er letzte Nacht heimgekommen war, war er viel zu
aufgeregt gewesen, um gleich schlafen zu können. Er war
aufgeblieben, um das Geschehene in Gedanken immer wieder
aufs neue Revue passieren zu lassen.
Er genoß die Erinnerung, in Joyce Cottrells Haus gewesen zu
sein, viel zu sehr.
Das Warten auf sie. Das Zuschauen, wie sie sich auszog. Das
Töten. Sie zu besitzen.
Und schließlich genoß er auch die Erinnerung an das
Glücksgefühl, das ihn beim Fortschaffen der Leiche in der
Nacht überwältigt hatte. Beim Wegschleppen von ihrem Haus
zum Park hatte er eine Befreiung und eine Art Heiterkeit
verspürt, wie er das nie zuvor erlebt hatte. Er hatte gewußt, daß
niemand ihn dabei sehen konnte, hatte es mit derselben
Sicherheit gewußt, wie er vom ersten Augenblick an, als er sie
gesehen hatte, gewußt hatte, daß er Joyce Cottrell töten würde.
In dem Moment, in denen sie in seinen Armen lag, hatte er sich
über alles erhaben gefühlt. Zum ersten Mal – viel stärker als
bei Shawnelle Davis – hatte er das Machtgefühl und die
Ekstase ausgekostet, die ihm beim Auslöschen eines anderen
Menschenlebens überkam. Joyce Cottrell hatte ihm gehört, sie
war wie eine Trophäe gewesen, und sie war durch seine Hand
gestorben wie die Beute, die ein Jäger erlegt.
Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihre Leiche zu
verbergen.
Deshalb hatte er sie auch in den Park geschleppt, wo die
Jogger ihre Runden drehen, damit man sie auch ganz sicher am
nächsten Morgen entdeckt.
Er hatte den Park an der Südseite verlassen, war dann über
die 12. Avenue zur 14. Straße gegangen, weil er die hellen
Lichter der 15. Avenue meiden wollte. Als er die Leiche im
Gebüsch abgelegt hatte, verlor sich auch mit einem Mal das
Gefühl der Macht und der Unbesiegbarkeit. Von da an hatte er
sich von einer unbeleuchteten Stelle zur nächsten gestohlen, in
der ständigen Furcht, das Licht der Straßenlaternen könnte ihn
entlarven. Die Blutspuren auf seiner Kleidung hatten noch
feucht geglänzt. Als es dann zu regnen begonnen hatte und er
immer noch zwei Blocks von zu Hause entfernt war, hatte er
seine Schritte verlangsamt, um sich vom Regen das Blut von
Gesicht und Händen spülen zu lassen. Als er an der Ecke zur
16. Straße angekommen war, hatte er gerade noch der
Versuchung widerstanden, in der Notaufnahme nachzusehen,
wen sie für Joyce Cottrell an die Rezeption gesetzt hatten. Ihm
war nämlich klargeworden, daß die Person den Anblick seiner
blutverschmierten Kleidung nicht so schnell vergessen würde.
Und wenn man am nächsten Morgen die Leiche entdeckte,
wäre die Rezeption des Krankenhauses der erste Ort,

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