Blitze des Bösen
Küche, wo er ihm
und sich eine Tasse Kaffee eingoß. »Den darf ich eigentlich gar
nicht trinken, und ich zähle auf Sie, daß Sie mich bei Anne
nicht verpetzen. Abgemacht?«
Blakemoor fühlte, daß er errötete, aber Glen schien es nicht
zu bemerken. »Abgemacht«, stimmte er zu und nahm die
Tasse. »Im Grunde will ich nur wissen, ob Sie letzte Nacht
irgend etwas gehört haben.«
Glen zögerte. Anstatt direkt auf die Frage einzugehen, stellte
er eine Gegenfrage. »Um wieviel Uhr?«
Blakemoor zuckte die Achseln. »Eine genaue Zeit ist uns
nicht bekannt, wir wissen nur, daß Miss Cottrell um dreiundzwanzig Uhr ihren Arbeitsplatz verließ und nach Hause
ging. Selbst wenn sie unterwegs noch einen Kaffee getrunken
haben sollte, hätte sie vor Mitternacht zu Hause sein müssen,
vermutlich eine halbe Stunde früher. Reden wir also von einer
Zeit nach dreiundzwanzig Uhr fünfzehn.«
Glen zögerte noch immer und erinnerte sich an das Bild
Joyce Cottrells, das ihm so plötzlich erschienen war, als er vom
Fund einer toten Frau gehört hatte. Dann schüttelte er den Kopf
und sagte: »Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, aber ich
kann leider nicht. Wurde sie in ihrem Haus ermordet?«
»Oben in ihrem Schlafzimmer«, berichtete Blakemoor. »Es
gibt keinerlei Hinweise darauf, daß jemand gewaltsam eingedrungen wäre, doch das hat nicht viel zu bedeuten. Viele
Leute verstecken Schlüssel in der Nähe ihres Hauses, und viele
Diebe wissen genau, wo sie danach zu suchen haben. Wie sieht
es mit Freunden aus? Hatte sie welche?«
»Soviel ich weiß, überhaupt keine. Nach dem, was die Leute
da draußen reden, muß sie ein reichlich sonderbarer Kauz
gewesen sein.«
Aus Mark Blakemoors Miene war nicht zu erkennen, was er
dachte. »Sonderbar?« fragte er gleichgültig. »Wie meinen Sie
das?«
»Na einfach – sonderbar.« Glen wurde unsicher und
wünschte schon, er hätte das Wort nicht benutzt. »Sie hat
anscheinend zu der Sorte von Menschen gehört, die mitten in
ihrem eigenen Müll leben. Sie verstehen: jemand, der alles
sammelt, sich von nichts trennen kann. Sie schien nirgendwo
hinzugehen, außer zur Arbeit. Und sie hat ganz sicher nie
jemanden zu sich eingeladen.« Glen zuckte hilflos mit den
Schultern. »Das sind zwar nur Vermutungen…«
»Aber die sind falsch«, warf Blakemoor ein, als er daran
dachte, wie sauber es in dem Haus gewesen war. Sauber – bis
auf die Blutspuren. Er hatte sie nicht nur im Schlafzimmer
gefunden, wo Joyce Cottrell ganz offensichtlich getötet und
regelrecht ausgeweidet worden war, sondern auch im größten
Teil des übrigen Hauses. Der Mörder hatte sich nicht bemüht,
eine Blutspur zu verhindern, als er die Leiche vom
Schlafzimmer die Treppen hinunter, durch das Eßzimmer, die
Küche und aus der Hintertür geschleift hatte. Dort hatte der
Regen die Spuren weggewaschen. »Sie hatte im Gegenteil
einen Sauberkeitsfimmel«, stellte Blakemoor klar.
»Das sagt ja schon alles über meine und Annes Menschenkenntnis.«
»Viele Leute sind anders, als Außenstehende glauben«,
bemerkte Blakemoor. »Aber Sie haben mir noch nicht gesagt,
ob Sie letzte Nacht etwas gehört oder gesehen haben.« Glen
zögerte wieder, doch diesmal ließ Blakemoor nicht locker. »Haben Sie oder haben Sie nicht?«
Glen wollte verneinen, doch dann überlegte er es sich
anders. Warum sollte er dem Kommissar nicht sagen, was
passiert war? »Ich bin mir nicht ganz sicher«, begann er, »aber
andererseits ist mir etwas Unheimliches passiert, als ich heute
morgen zum Park gefahren bin, um nach Anne zu suchen.«
Ohne Umschweife und in aller Ausführlichkeit erzählte er ihm
von dem eigenartigen Bild, das er in dem Moment vor sich sah,
als er hörte, daß man die Leiche einer Frau gefunden hatte.
»Gibt es irgendeinen Grund, warum Sie an sie gedacht
haben?« erkundigte sich Blakemoor ganz beiläufig.
Glen sah keine andere Möglichkeit, als dem Polizisten auch
noch den Rest der Geschichte zu erzählen. »Sie hat Anne
gegenüber behauptet, sie habe mich gestern nackt im Hinterhof
gesehen.«
Blakemoor sah ihn mit festem Blick an. »In ihrem Hof?«
»Nein, in meinem. Aber ich war nicht nackt.«
Blakemoor zuckte gleichgültig die Schultern. »Und selbst
wenn. Es ist ja schließlich Ihr Hinterhof.«
»Aber ich war wirklich nicht nackt!« beharrte Glen, obwohl
er auch jetzt keineswegs sicher war, daß er tatsächlich die
Wahrheit sagte.
Der Kommissar lächelte verständnisvoll. »Ich schätze,
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