Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
Marienkäfers aus, den sie für das Foto vorsichtig auf dem Fuß balancierte.
Das Ergebnis war absolut albern. Wir hatten einen Heidenspaß.
Am Sonntag zeigte der Besucherzähler meines Blogs über vierhundert Klicks, Montag waren es sechshundert, und Ende der Woche
wurde die magische Grenze von tausend Besuchern überschritten. In der kommenden Woche schnellten die Klicks weiter in die
Höhe, bis sie am Donnerstag sagenhafte zehntausend Klicks erreicht hatten. Mein Blog war seit zwei Wochen online und hatte
sich, dank Jasmins Anschubwerbung und der Hilfe ihrer total vernetzten Schwägerin, zum Shooting-Star entwickelt.
Ich saß jeden Tag mehrere Stunden vor dem Computer, durchforstete meine Fotos nach brauchbaren Motiven und stellte täglich
mindestens zwei neue Beiträge online. Dabei weitete ich mein Themenspektrum aus.
Millie’s Magazine – 2. Juni
In amerikanischen Großstädten heißen sie Community Gardens, in Tokio züchten Sterne-Restaurants ihre Kräuter auf dem Hochhausdach,
und weltweit setzt sich das Guerilla Gardening durch. Zurück zur Natur, heißt der Trend, allerdings findet die Bewegung diesmal
mitten in der Stadt statt.
Millie’s Magazine – 3. Juni
Manchmal kann man es mit der Natürlichkeit aber auch übertreiben!
Ich lud das Foto einer Frau hoch, die ich in einer paradiesischen Bucht in Neuseeland fotografiert hatte. Ihr »Kleid« bestand
aus Federn, Blättern, Muscheln, Treibholz und sonstigem Zeug, das sie sammelte und mitkräftigem Bindfaden zu Kleidung verarbeitete. Sie hatte eine ganze Kollektion erstellt und verkaufte sie an amerikanische
Touristen.
Millie’s Magazine – 4. Juni
Ob es im Chinesischen überhaupt ein Wort für Privatsphäre gibt?
Ich lud ein Foto aus einer öffentlichen Toilette an einem selten von Touristen besuchten Flughafen im weitläufigen Hinterland
Chinas hoch. Die Toilettenkabinen hatten keine Tür. Die Perspektive ist die aus einer Toilettenkabine in die gegenüberliegende.
Die Chinesin gegenüber grinst freudestrahlend in die Kamera.
Der freundliche Gesichtsausdruck der Dame gegenüber verwandelt sich schnell in einen interessiert-überraschten, als sie westliche
Hygieneartikel und deren Anwendung beobachtet. Das scheint ihr vollkommen unbekannt zu sein.
Ich kommentierte Dekotrends und Haarfarben, schrieb über Benehmen an öffentlichen Orten oder in Flugzeugen und gab Tipps für
Restaurants oder Clubs in den Großstädten dieser Welt. Jasmin schickte mir Fotos und Themenvorschläge aus Dubai und Moskau,
von denen ich einige übernahm und mit eigenen Fotos und Erlebnissen ergänzte. Wenn Sergeant Pepper Bewegung brauchte, liefen
wir am Rhein entlang, gelegentlich streifte ich durch die Geschäfte auf der Kö oder durch den Medienhafen und beobachtete
die Menschen in Cafés, Restaurants und auf dem Weg ins Theater. Das nasskalte Wetter war mit dem Ende des Wonnemonats zum
Glück Geschichte und hatte einem strahlenden Junianfang Platz gemacht. Meine Ohrenschmerzen waren fast völlig verschwunden,
aber dasHörvermögen auf dem vom Virus geschädigten, rechten Ohr noch nicht wieder ganz hergestellt. Der Arzt schrieb mich weiter krank,
was ich inzwischen gar nicht mehr so tragisch fand. Ich fühlte mich gut.
Bis zu dem Moment, in dem das Landeskriminalamt vor der Tür stand.
Fünf
»Polizei«, war alles, was der Mann durch die Gegensprechanlage sagte.
Ich erstarrte. Augenblicklich hatte ich Visionen von Sabine, die auf ihrem Himmelfahrtstrip in Patagonien von einer Raubkatze
zerfleischt oder von umherstreifenden
bandidos
überfallen worden war. Vielleicht war sie auch verschollen. Nein, dann wüsste ja niemand etwas davon. Also doch tot. Kurz
vor einem winzigen Dorf in einem abgelegenen Tal verhungert, und die Einwohner, die am nächsten Morgen ihr Vieh auf die Weide
treiben wollten, haben sie gefunden. Nur noch dreißig Kilo schwer und zahnlos. Die Zähne fallen bei starker Unterernährung
relativ schnell aus, hatte ich mal gelesen.
Die patagonischen Viehhirten würden ihren Dorfvorsteher zum nächsten Polizeirevier schicken, dann käme ein Spezialist aus
der Stadt, der schließlich die deutsche Botschaft informiert. Die wiederum würde einen Polizisten schicken, der die traurige
Nachricht überbringt. So ist das doch im Fernsehen, oder?
Ich unterdrückte die Tränen, so gut es ging, öffnete die Tür und blickte dem Mann entgegen, der aus dem Aufzug trat.
»Frau
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