Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blond und gefährlich

Blond und gefährlich

Titel: Blond und gefährlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
unmöglich«, krächzte er plötzlich. »Alle sind anwesend und
registriert; auf jedem Hillbrand-Schiff ist die Mannschaft vollständig
angetreten. Wie, sagten sie, war doch gleich der Name?«
    »Mercer«, sagte ich zum
erstenmal. »Hal Mercer.«
    »Lächerlich!« Er schnaubte
laut. »Hal ist in Detroit, wo er eine Umsatznachprüfung vornimmt. Das gehört zu
seinen regulären Pflichten als mein persönlicher Assistent. Ich muß wissen, was
im Osten vorgeht.« Er starrte mich finster an, als hätte ich das soeben
bestritten. »Ich kann nicht zulassen, daß man dort glaubt, das Gehirn des alten
Mannes hätte sich in dem balsamischen Klima aufgeweicht! Wer hat Hal als vermißt gemeldet?«
    »Seine Frau«, improvisierte
ich. »Sie wollte gestern früh in einer persönlichen Angelegenheit ein
Ferngespräch mit ihm führen und stellte fest, daß er in der vorhergegangenen
Nacht gar nicht in seinem Hotel abgestiegen ist.«
    Er runzelte die Stirn. »Das
sieht Hal gar nicht ähnlich, sich für ein anderes Hotel zu entscheiden, ohne
uns sofort darüber zu informieren. Die Leute von Hillbrand wohnen immer im Plaza in Detroit, das ist schon
seit seiner Eröffnung im Frühjahr siebenundachtzig so üblich. Ich muß nach
seiner Rückkehr ernsthaft mit ihm sprechen. Außerdem ist das schlecht für die
Moral seiner Frau! Ehefrauen sind wichtig. Wissen Sie? Wenn die nicht mit
äußerster Genauigkeit funktionieren, beeinträchtigt das den Mann.«
    »Ich glaube, Sie haben die
Situation nicht völlig verstanden, Mr. Hillbrand«, sagte ich verzweifelt. »Die
Polizei von Detroit hat alle Hotels überprüft, und Mercer ist in keinem von
ihnen eingetragen.«
    »Das ist sehr ungezogen von
ihm.« Er kicherte erneut und rieb munter die zerbrechlichen Hände aneinander.
»Aber Jungens sind Jungens. Wissen Sie? Mir ist dasselbe einmal passiert, wie
ich gestehen muß. Das war im Sommer zweiunddreißig. Oder war es einunddreißig?
Mein Vater schickte mich nach Ontario, um eine neueingerichtete Vertriebsstelle
zu überprüfen. Ich erinnere mich jetzt noch daran. Ich wollte eben in den Zug
einsteigen, als ich spürte, wie mir die Sonne in den Nacken brannte. Ich
blickte auf und sah einen prachtvollen Sommerhimmel und hatte plötzlich alle
Zeitpläne und Verantwortlichkeiten satt.«
    »Es ist eine faszinierende
Geschichte, Mr. Hillbrand, aber...«
    »Wissen Sie, was ich tat?«
fragte er mit kunstvollem Bühnengeflüster. »Ich drehte dem Zug den Rücken zu
und ging die ganze Woche über zum Angeln.« Er lächelte plötzlich, wobei er
etwas entblößte, was wie eine Handvoll unregelmäßig über sein Zahnfleisch
verteilte, elfenbeinfarbige Hauer aussah. »Keine Sorge, mein Junge, ich bin
gewiß, daß Hal dasselbe getan hat! Er wird am Ende der Woche wieder zurück
sein, verlegen und zerknirscht und voller verzweifelten Eifers, wieder in die
Tretmühle zurückzugelangen.« Er drohte mit dem Finger. »Aber er wird seine
Schelte bekommen, natürlich! Ich kann meinem persönlichen Assistenten nicht
alles durchgehen lassen; das würde die Disziplin untergraben.«
    Ach, zum Teufel! Mir war klar,
daß ich von dem Augenblick an, in dem ich sein Büro betreten hatte, auf
verlorenem Posten gestanden hatte. Irgendwann im Verlauf der Zeit mußte sein
Gehirn ebenso wie seine Stimme einen Sprung bekommen haben.
    »Danke, daß Sie mir Ihre Zeit
geopfert haben, Mr. Hillbrand.« Ich stand auf. »Und wie Sie ganz richtig sagen,
wir wollen uns keine allzu großen Sorgen über Mercers anscheinendes
Verschwinden machen.«
    »Gehen Sie doch noch nicht,
mein Junge.« Er beschrieb einen wilden Schnörkel mit seinem Arm. »Kommen Sie
hierher auf meine Schreibtischseite, ich möchte Ihnen noch etwas zeigen, bevor
Sie gehen.«
    Gehorsam ging ich um den
Schreibtisch herum, da mir, wenn ich ihm nicht den Schädel auf der
Schreibtischplatte zerschmettern wollte, wohl keine andere Wahl blieb. Er trat
mit mir ans Fenster, von dem man den größten Teil des ausgedehnten Geländes
überblicken konnte, auf dem seine neue Fabrik stand. Während der nächsten fünf
Minuten ergossen sich faszinierende statistische Daten über die Produktion
feinmechanischer Präzisionsarbeit in meine Ohren, und ich schaltete
vorsichtshalber mein Gehirn ab, bevor er auch nur zwei Worte ausgesprochen
hatte. Nach einer Weile wurde mir plötzlich bewußt, daß er zu reden aufgehört
hatte und mich erwartungsvoll ansah.
    »Einfach großartig, Mr.
Hillbrand!« sagte ich. »Es war sehr freundlich von Ihnen, sich

Weitere Kostenlose Bücher