Blond und gefährlich
ein paar Sekunden lang bewegungslos sitzen und beobachtete mich, dann
tauchte sie anmutig ins Wasser. Als ihr Kopf ganz in meiner Nähe am Rand des
Beckens auftauchte, schien es unmöglich, daß sie die Entfernung in so kurzer
Zeit zurückgelegt haben konnte.
Das Mädchen sah den Ausdruck
auf meinem Gesicht und grinste. »Es hat etwas mit der Form des Beckens zu tun,
die eine optische Täuschung schafft — der Swimming-pool sieht viel größer aus, als er ist.« Sie schwang sich mühelos aus dem Wasser auf
die breite betonierte Terrasse und kam mit wippenden Brüsten auf mich zu.
»Hallo!« Sie zog die Badekappe ab, und das lange blonde Haar floß ihr über die
Schultern. »Ich bin Anna Hillbrand.«
»Ich bin Lieutenant Wheeler«,
sagte ich. »Wußten Sie, daß Glenn Thorpe vor zwei Tagen ermordet worden ist?«
Eine ganze Weile starrte sie mich nur an, unwillig, mir zu glauben, dann schien
sich ihr Gesicht aufzulösen. Sie sank langsam auf die Knie und vergrub den Kopf
in den Händen, während trockene Schluchzer ihren Körper erschütterten. Mir
blieb nichts weiter übrig, als abzuwarten, bis ihr erster Kummer verraucht war,
und so wandte ich mich von ihr ab und zündete mir eine Zigarette an. Ein paar
Minuten später, als ich den Stummel ausgedrückt hatte, hörte ich ein schwaches
Rascheln hinter mir.
»Wie ist es passiert?« sagte
eine dünne wilde Stimme. Sie blieb auf den Knien und wischte sich von Zeit zu
Zeit mit einer plötzlichen heftigen Bewegung die Tränen aus den Augen, während
sie angestrengt zuhörte. Ich berichtete ihr, wie Thorpe umgekommen war, von
seinen Erpressungsmanövern, zeigte ihr die Fotos von den Bildern und wartete
geduldig, während sie mich in allen möglichen Variationen als Lügner
beschimpfte, darunter in einigen, die mir bis dahin unbekannt gewesen waren.
Aber nach, wie mir schien, langer Zeit glaube sie mir schließlich, zumal ihr
nichts anderes übrigblieb.
Dann verschwand sie für ein
paar Minuten, und als sie zurückkehrte, trug sie einen fest um die Taille
gegürteten Bademantel. Die Tränen hatte sie sorgfältig abgetrocknet, aber ihr
Gesicht war noch verschwollen und mit roten Flecken des Zorns bedeckt. Sie
vergrub die Hände in den Taschen ihres Bademantels und blickte mich mit
ausdruckslosen Augen an.
»Kann ich eine Zigarette
haben?«
»Natürlich!« Ich bot ihr eine
an und gab ihr Feuer.
»Danke.« Sie paffte ein paar
Sekunden lang heftig vor sich hin. »Es tut mir leid, daß ich Sie so beschimpft
habe.«
»Ich bin schon aus geringeren
Anlässen schlimmer beschimpft worden«, sagte ich.
»Sie sind nett — gar nicht so,
wie ich mir Bullen vorgestellt habe.« Sie legte nachdenklich den Kopf auf die
Seite. »Sie haben gerade eine Schimpfkanonade über sich ergehen lassen und Sie
haben Glenns Porträt gesehen. Klein Anna pudelnackt und halbwegs in sexueller
Ekstase begriffen. Aber es ist mir gar nicht peinlich.« Sie zog noch einmal
heftig an der Zigarette und warf sie bedächtig ins Wasserbecken.
»Glenn war meine Rettungsleine,
mein Fluchtweg aus diesem stinkenden Mausoleum! Nun werde ich nie wieder frei
sein, bis Onkel Judson stirbt; und er ist der Typ, der das ewige Leben hat!«
Ein schwaches Lächeln erschien flüchtig auf ihren Lippen. »Sie sehen, wie die
Sache liegt, Lieutenant. Vermutlich habe ich vorhin um meinetwillen geheult.«
»Dazu waren Sie berechtigt«,
sagte ich leichthin.
»Ich glaube nicht, daß ich
wieder weinen werde. Jedenfalls nicht jetzt gleich.« Ihre Stimme versiegte.
»Vielleicht nie mehr.«
»Treten Sie jetzt mal eine
Weile ein bißchen sachte«, schlug ich vor.
»Hören Sie, um Himmels willen,
auf!« platzte sie heraus. »Wenn Sie so reden, klingt das wie bei meinem Onkel.
Judson Hillbrands Platitüden für jede Lebenslage und zum täglichen Gebrauch.« Sie schnaubte wild. »Nur im
Zusammenhang mit Orgasmus ist ihm bis jetzt offensichtlich noch nichts
eingefallen.«
»Muß ich hier herumstehen und
mir anhören, wie sehr Sie Ihren Onkel hassen?« knurrte ich. »Oder wollen Sie
versuchen, mir bei der Suche nach dem Mörder dieses Strolchs Thorpe behilflich
zu sein?«
Sie schloß ein paar Sekunden
lang fest die Augen und zwang sich dann wieder, sie zu öffnen. »So ist es
besser«, flüsterte sie. »Was wollen Sie wissen?«
»Wie haben Sie ihn
kennengelernt?«
»Durch Liz.«
»Liz Niall?«
»Sie kennen Sie also? Sie ist
bei Onkel Judsons Werbeagentur angestellt und sie hält die Verbindung zwischen
den beiden Firmen aufrecht.
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