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Blond und gefährlich

Blond und gefährlich

Titel: Blond und gefährlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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die Zeit zu
nehmen und mir das zu erklären.«
    »Ich wollte, ich hätte die
Zeit, Ihnen alles zu erzählen, aber das würde Monate in Anspruch nehmen,
Lieutenant.«
    Ich wandte mich schnell vom
Fenster ab für den Fall, daß er zu der Überzeugung gelangte, er hätte diese
Zeit doch; und mein Blick fiel geradewegs auf das gerahmte Foto auf seinem
Schreibtisch. Das lange blonde Haar des Mädchens war mit einem Band
zusammengehalten, und auf seinem Gesicht lag ein sprödes Lächeln. Aber wenn man
der Kleinen direkt in die Augen sah, konnte man hinter ihrer runden Unschuld
Sinnlichkeit lauern sehen. Und das sittsame knielange Kleid mit dem großen
weißen Kragen um den Hals konnte die üppigen reifen Formen darunter nicht
völlig verbergen.
    »Ich sehe, Sie bewundern meine
Nichte, Lieutenant«, sagte Hillbrand plötzlich.
    »Sie ist ein sehr hübsches
kleines Mädchen«, sagte ich leichthin.
    »Nicht mehr so klein, da sie
nun einundzwanzig ist. Das Foto ist vor drei Jahren aufgenommen worden, kurz
nachdem sie die High School abgeschlossen hatte.«
    »Dann ist sie jetzt vermutlich
im College?«
    »In dem Punkt war ich
selbstsüchtig. Das Vorrecht eines alten Mannes. Anna ist das einzige, was mir
an Familie noch geblieben ist. Ihre Eltern kamen auf tragische Weise bei einem
Autounfall um, als sie erst zwölf Jahre alt war, und ich habe sie unter meine
schützenden Flügel genommen. Seit dieser Zeit lebt sie bei mir. Als ich den
Staub des Ostens von den Füßen schüttelte, gab sie das College auf und kam mit
mir. Ich war klug genug, ein Haus mit einem Swimming-pool zu kaufen; und nun
betet Anna Kalifornien an.«
    »Das ist gut«, sagte ich. »Sie
ist wirklich ein hübsch aussehenden Mädchen.«
    »Ja, das ist sie.« Er lehnte
sich in seinem Stuhl zurück; und wie versehentlich stieß sein Ellbogen gegen
das Foto, so daß es, die Vorderseite nach unten, auf den Schreibtisch fiel.
Hillbrand schien es nicht zu bemerken.
    »Ich will Ihnen jetzt auf
Wiedersehen sagen, Lieutenant, und freue mich auf Ihren nächsten Besuch. Obwohl
ich mir vorstellen kann, daß Ihre Aufgabe, für Gesetz und Ordnung im County zu
sorgen, Ihnen nicht viel Freizeit läßt.«
    »So ist es«, sagte ich schnell,
»aber ich weiß Ihre Höflichkeit zu schätzen. Auf Wiedersehen, Mr. Hillbrand.«
    Das gesetzte Ticken der
Großvateruhr begleitete meine Schritte durch den Raum. Ich war beinahe an der
Tür angelangt, als ich einen trockenen, kratzenden Laut hörte; und es dauerte
ein paar Sekunden, bis mir klar wurde, daß sich der Alte geräuspert hatte.
    »Lieutenant!«
    »Mr. Hillbrand?« Ich wandte
mich wieder dem Schreibtisch zu; auf die Entfernung wirkte er wie zu einem
Zwerg geschrumpft, dessen Züge nun nicht mehr unterscheidbar waren, abgesehen
von den glitzernden Gläsern seiner goldgefaßten Brille.
    »Haben Sie das mit Hal verstanden?«
In seiner brüchigen Stimme lag ein neuer, bestimmter Unterton. »Er hat sich
plötzlich entschieden, für den Rest der Woche die Arbeit zu schwänzen. Meiner
Ansicht nach könnten Sie sogar seiner Frau einen diesbezüglichen inoffiziellen
Wink zukommen lassen. Was treibt er noch zu seiner Erholung? - Ach ja, er jagt!
Sagen Sie ihr, er sei auf die Jagd gegangen und er sei ein böser Junge, weil er
uns nicht erzählt hat, wohin er gefahren ist, aber er wird am Ende der Woche
mit eingezogenem Schwanz wieder zurück sein.« Seine Brillengläser blitzten
plötzlich auf. »Ich brauche kaum zu erwähnen, daß ich sehr starke Einwendungen
dagegen erheben werde, wenn zufällig ein Bericht über sein angebliches
Verschwinden in der öffentlichen Presse erscheinen sollte.«
    »Ich glaube, das brauchen Sie
wirklich nicht zu erwähnen, Mr. Hillbrand«, sagte ich kalt.
    »Natürlich nicht.«
    Ich griff eben nach dem
Türknauf, als erneut der trockene, kratzende Laut zu hören war.
    »Da ist noch eins, Lieutenant,
so seltsam Ihnen das vorkommen mag. Wenn durch irgendeinen unglaubhaften und
unglücklichen Zufall Hal etwas zugestoßen sein sollte, so erwarte ich, sofort
benachrichtigt zu werden.«
    »Sie werden davon hören«,
fauchte ich.
    »Ich — und nur ich — werde
davon hören, Lieutenant!« sagte er mit eisiger Selbstsicherheit. »Und es wird
meiner Entscheidung obliegen, wann seine Frau und andere interessierte Leute
informiert werden.«
    »Sie leiten die Fabrik nach
Ihrem Gusto, Mr. Hillbrand«, sagte ich, »aber bis jetzt hat mir noch niemand
mitgeteilt, daß auch das County nach Ihren Anweisungen verwaltet

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