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Blond wie die Suende

Blond wie die Suende

Titel: Blond wie die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara McCauley
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gewesen?”
    Ihre unerwartete Frage minderte die Spannung zwischen ihnen etwas. Er seufzte, zog sie dicht an sich und blickte auf den See hinaus.
    „Ich habe damals, als ich in der siebten Klasse war, Hank Thompson, meinen Geschichtslehrer, zusammengeschlagen”, erwiderte er leise. „Der Mann konnte sich nicht von den Schülerinnen fern halten.”
    „Haben sich die Mädchen nicht beschwert?”
    „Er war sehr vorsichtig bei der Wahl seiner Opfer. Die schwächeren, schüchterneren Mädchen konnte er leicht zum Schweigen zwingen. Ein paar der anderen Lehrer wussten wohl davon, haben aber lieber weggeguckt, als sich in einen Rechtsstreit hineinziehen zu lassen.”
    Sie stellte sich vor, in welcher Angst die Mädchen gelebt haben mussten, und ihr wurde übel. „Was ist passiert?”
    „Eines Tages musste ich wieder einmal nachsitzen. Manche Lehrer waren der Ansicht, ich würde von meinem Recht auf freie Meinungsäußerung mehr Gebrauch machen, als ich sollte.”
    „Das heißt, du hast dich nicht so gut benommen.”

    Er lächelte. „So ähnlich. Jedenfalls habe ich an dem Tag meine Bücher aus meinem Spind geholt und ein Geräusch gehört, das aus Thompsons Klassenzimmer kam. Ich war nicht mal sicher, was es war, aber ich hatte ein ungutes Gefühl. Er hatte die Tür abgeschlossen, und deshalb bin ich in den angrenzenden Raum gegangen, der eine Verbindungstür hatte. Die war nicht abge schlossen. “
    Er hielt inne, und sie spürte, wie er sich vor Zorn anspannte, als er sich an den Vorfall erinnerte. „Er hatte Mary Cook, eine Siebenklässlerin, gegen die Wand gedrückt und begrapschte sie. Sie hatte die Augen geschlossen, und Tränen liefen ihr über die blassen Wangen. Thompson hat mich nicht bemerkt.” Killian grinste. „Später haben sie mir erzählt, ich hätte ihm die Nase und den Kiefer gebrochen.”
    „Du hast einen Erwachsenen zusammengeschlagen, obwohl du erst in der siebten Klasse warst?” fragte sie ungläubig.
    „Ich war groß für mein Alter. Außerdem war ich außer mir vor Wut. Das hat mir die nötige Kraft verliehen.”
    „Aber warum musstest du wegen dieser Sache ins County Home?” wollte sie wissen.
    „Sicher haben Mary und ihre Familie auf deiner Seite gestanden?”
    Killian zuckte mit den Schultern. „Mary hat mich angefleht, niemandem die Wahrheit zu sagen. Sie fühlte sich gedemütigt. Und da sie nur mit ihrem Vater zusammenlebte, der häufig betrunken war, hatte sie Angst, er könnte ihr die Schuld geben und ihr obendrein noch eine Tracht Prügel verpassen.”
    „Also ha st du nie etwas gesagt? Du hast dich einfach ins County Home schicken lassen?”
    „Mir hat es nichts ausgemacht. In dem Heim, in dem ich ge wohnt habe, waren sie froh, mich nicht mehr sehen zu müssen, und außerdem habe ich im County Home Lucas und Nick kennen gelernt. Es ist also etwas Gutes dabei herausgekommen.”
    „Und was ist aus Thompson geworden?” fragte sie. „Ist er je erwischt worden?”
    „Ja. Ein paar Eltern haben herausgefunden, was er trieb, und dafür gesorgt, dass er ins Gefängnis kam. In der darauf folgenden Woche wurde ich aus dem County Home entlassen.”
    „Zum Glück gibt es wenigstens etwas Gerechtigkeit in der Welt”, erklärte sie.
    Der Schrei eines Falken hallte in der morgendlichen Stille schrill wider. Sie sahen beide, wie der Vogel über den See dahinglitt und nach Beute Ausschau hielt.
    „Wir müssen packen”, erklärte er. „Walt wartet darauf, dass du deinen Wagen abholst.”
    Sie seufzte, nickte zögerlich und schlang ihren Arm um seine Taille. Gemeinsam kehrten sie zum Haus zurück.
    Auf halbem Weg blieb er stehen und schaute sich aufmerksam um.
    „Was hast du?” fragte sie.
    „Ich weiß es nicht.” Er lauschte. „Es ist bloß ein Gefühl, aber ich bin mir nicht…”
    Eine mächtige Explosion im Ferienhaus schnitt Killian das Wort ab, und Cara hatte das Gefühl, von der Faust eines wütenden Riesen zu Boden gestoßen zu werden. Sie hörte, wie Killian nach ihr rief. Gleichzeitig warf er sich schützend über sie. Dennoch spürte sie feurige Funken im Gesicht und an den Händen. Killian zerrte Cara hinter sich her zum Wagen und hielt sie so lange in den Armen, bis keine Holzstücke und Fetzen mehr herabregneten.
    „Alles in Ordnung?” fragte er.
    „Ich … ich glaube schon.” In ihrem Kopf drehte sich alles. Be nommen fasste sie sich an die Schläfe und richtete sich auf. Ihr zog sich der Magen zusammen, als sie Blut auf Killians Stirn sah. „Du bist

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