Blonde Engel sind gefährlich
Johnnys Plan danebenging und ich die falsche Tür
aufmachte. Daß ich nicht lockerlassen würde, wenn ich erst einmal wußte, daß
zwischen den beiden eine Verbindung bestand, konnten sie sich an allen fünf
Fingern abzählen !«
»Was für ein haarsträubender
Unsinn«, fuhr Morgan auf. »Nennen Sie das etwa sachkundige Arbeit? Sie sind
entlassen, Boyd !«
»Wie gut kannten sich Obister
und Ihre Nichte ?«
Sein Mund blieb sekundenlang
offenstehen. Er starrte mich fassungslos an, oder, besser, er starrte durch
mich hindurch. Dann sank er schwer in einen Sessel.
»Natürlich kannten sie sich
recht gut«, brachte er endlich hervor. »Obister hatte fast jeden zweiten Monat
geschäftlich in New York zu tun. Meist wohnte er dann bei mir. An den
Wochenenden habe ich ihn oft nach Westport zu unserem Sommerhaus mitgenommen.
Linda kam meistens mit !«
»Ich habe Ihnen ja gesagt, daß
meine Theorie Ihnen nicht gefallen würde! Ich könnte mir durchaus vorstellen,
daß ein Mann wie Obister großen Eindruck auf ein junges Mädchen machen kann,
wenn er es darauf anlegt !«
»Wollen Sie damit etwas
sagen...«, begann Morgan mit rauher Stimme.
»Obister ist verheiratet«, fuhr
ich erbarmungslos fort. »Betrachten Sie die Lage einmal ganz nüchtern, Mr. Morgan.
Angenommen, Linda erwartete ein Kind. Sie beschließt, ihrem Onkel wegzulaufen
und sich dem geliebten George in die Arme zu werfen. Stellen Sie sich Obisters
Reaktion vor, Lindas Auftauchen würde seine Ehe zerstören und ihn als
Geschäftsmann unmöglich machen. Und ich meine auch, er wußte als Ihr
persönlicher Vertreter an der Westküste, daß es nicht ratsam war, sich den
großen Mr. Morgan zum Feind zu machen !«
»Ich kann es einfach nicht
glauben«, sagte er tonlos.
»Wenn es aber wahr wäre«,
beharrte ich, »könnte man sich vorstellen, daß Obister in seiner Not zu einem
drastischen Mittel griff: Er gab einem Berufsverbrecher den Auftrag, Linda in
der Versenkung verschwinden zu lassen .«
»Seien Sie still !« sagte Morgan mit schwankender Stimme. »Ich will nichts
mehr hören...«
»Sie haben mich um meine
Meinung gebeten, und im Augenblick kann ich mir nicht denken, weshalb Devraux
mich plötzlich beseitigen wollte, wenn er nicht mit Obister unter einer Decke
steckt .«
Morgan wandte sich ab. Seine
Stimme war kaum zu verstehen. »Verschaffen Sie sich Gewißheit. Und wenn es
feststeht, wer meine Nichte umgebracht hat, sagen Sie mir Bescheid, bevor Sie
zur Polizei gehen .«
»In Ordnung!«
»Ich will es als erster
erfahren! Das ist ein Befehl! Haben Sie mich verstanden ?«
»Sie sind der Boß !« sagte ich bereitwillig.
»Gehen Sie jetzt !«
In meinem Zimmer wartete der
Koffer auf mich, den Fran Jordan in New York für mich gepackt hatte. Ich
öffnete ihn und kramte zuerst den .38er Revolver, das Schulterhalfter und die
Patronen hervor. Wenn Johnny Devraux es noch einmal versuchte, konnte ich ihm
wenigstens in einer Sprache antworten, die er verstand — vorausgesetzt, daß er
nicht allzugut gezielt hatte. Nachdem ich den
Revolver liebevoll durchgesehen und geladen hatte, ging ich unter die Dusche
und bereitete mich auf die Party bei Gus Terry vor. Ich hatte vergessen, ihn zu
fragen, wenn der Spaß losgehen sollte. Schätzungsweise waren die Feste in der
Villa Terry Marathonpartys, bei denen Start und Ziel nicht festlagen.
Fran hatte mir ein Sportsakko
und leichte Gabardinehosen eingepackt — die kalifornische Einheitskleidung. Als
ich mir eins meiner maßgeschneiderten Hemden dazu anzog, kam ich mir vor wie
ein Kunstbanause, der sich einen Watteau zwischen seine Bauernmöbel hängt. Tja,
man kann eben nicht immer wie man will! Ich legte das Schulterhalfter an, zog
das Sakko darüber und betrachtete mich im Spiegel. Die Ausbuchtung unter meiner
linken Armbeuge fiel kaum auf. Ich warf meinem Profil noch einen wohlgefälligen
Blick zu. Dann machte ich mich auf den Weg.
Im Grill- Room des Hotels zog ich mir als solide Unterlage noch ein verspätetes Abendessen zu
Gemüte. Dann wanderte ich zur Bar und kippte einen Ermunterungs-Drink. Als ich
die Kiesauffahrt vor Terrys Palast erreichte, stellte ich fest, daß die Party
schon in vollem Gange war. Ich hatte Mühe, noch einen Platz für mein Cabrio zu
finden, und schließlich quetschte ich mich zwischen einen klapprigen Lincoln
und einen schnittigen Sprite.
Auf die Kosten schien es bei
Gus Terrys Partys nicht anzukommen. Im Garten war eine große Bar eingerichtet,
und im Swimming-pool schienen sich
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