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Blonde Engel sind gefährlich

Blonde Engel sind gefährlich

Titel: Blonde Engel sind gefährlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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einen Sündenbock. Man verfiel auf den guten Gus. Dabei war der vollkommen unschuldig — kein
Engel war so rein! So hab’ ich’s jedenfalls gehört .«
    Er drehte den Stiel des Glases
nachdenklich zwischen den Fingern, scheinbar ganz gefesselt von der kreisenden
Bewegung der Flüssigkeit darin.
    »So, das hast du also gehört ?«
    »Ja, Sir !« sagte ich respektvoll. »Der arme alte Gus mußte herhalten, weil die Menge
danach gierte, ein Idol von seinem Sockel zu zerren .«
    »Wie rührend!« In zwei
Schlucken hatte er das Glas zur Hälfte geleert.
    »Aber der arme Gus war ein
solches Unschuldslämmchen, daß man ihn nicht mal verhaftet hat«, fuhr ich im
Plauderton fort. »Nur ein simpler Polizist hat mir was anderes erzählt. Wenn
die Hauptbelastungszeugin nicht zwei Tage vor der Hauptverhandlung durch einen
bedauerlichen Unglücksfall ums Leben gekommen wäre, hätte die Sache ein anderes
Gesicht bekommen, hat dieser Polizist gesagt. Jetzt würde ich die Geschichte
gern mal von dir hören !«
    »Von mir wirst du nichts
hören«, sagte er tonlos.
    »Aber mich interessieren die
Schwänke aus deiner Jugendzeit«, beharrte ich. »Sei kein Spielverderber, Gus !«
    Seine tiefliegenden dunklen
Augen musterten mich gedankenvoll.
    »Solange du mir Beleidigungen
an den Kopf wirfst, bist du ganz amüsant«, meinte er. »Aber mit deinem hehren
Pflichtbewußtsein fällst du mir langsam auf die Nerven. Langweiler treiben sich
hier genug herum !«
    »Es ging doch um einen
Call-Girl-Skandal, nicht ?« sagte ich. »Meinen
Glückwunsch, Gus, du hast inzwischen wirklich beachtliche Fortschritte gemacht !«
    Er griff ohne Eile nach meinem
Glas und warf es an die Wand. Es gab ein leises splitterndes Geräusch.
    »Die Bar schließt, Danny«,
sagte Gus. »Vielleicht sehen wir uns gelegentlich mal wieder .«
    Ich griff mir ebenso gelassen
sein Glas und holte aus. An der Wand lagen zwei Scherbenhaufen.
    »Gleiches Recht für alle«,
erklärte ich. »Favoritenwirtschaft wollen wir erst gar nicht hier einführen,
mein lieber Freund .«
    Einen Augenblick herrschte
Stille. Dann rasselte sein trockenes Lachen durch den Raum.
    »Frechheit siegt, Danny« meinte
er anerkennend. »Als Presseagent wärst du unbezahlbar .«
    »In der Richtung bist du doch
gut bedient! Eine gewisse Dame hat gestern abend beim Essen mächtig die
Werbetrommel für dich gerührt .«
    »Ja, Annette hat mich heute vormittag angerufen .« Er
griff sich zwei saubere Gläser und schenkte ein. »Sie hat mir auch erzählt, daß du
aus heiterem Himmel in die Küche der Bayside Tavern gestürmt bist und sämtliches Geschirr zerschlagen
hast. Leidest du an einem Küchenkomplex ?«
    »Eher an einem Gaunerkomplex.
Kennst du einen gewissen Johnny Devraux ?«
    »Nicht, daß ich wüßte !« antwortete Gus gleichmütig. »Ist er sehenswert ?«
    »Kommt drauf an«, antwortete
ich ehrlich. »Ist übrigens meine unbekannte Freundin schon eingetrudelt ?«
    »Dawn Sowieso?« Er zuckte die
Schultern. »Keine Ahnung. Ich hab’ Tina gebeten, sie sollte sich nach ihr
umsehen. Frag sie doch mal !«
    »Hast du nicht gestaunt, mit
wem deine hübsche Tina sich heimlich abends trifft, Gus ?«
    Er machte ein gelangweiltes
Gesicht. »George Obister ist ein Spießbürger, wie er im Buche steht: dumm wie
Bohnenstroh, aber harmlos. Soll er doch meinem Dienstmädchen einen
Nebenverdienst verschaffen, wenn’s ihm Spaß macht .«
    »Ich dachte nur, du hättest
ältere Rechte .«
    »Was liegt schon an einem
Mädchen !« Er starrte trübe in sein leeres Glas. »Und
was liegt schon, wenn man’s recht betrachtet, am Leben? Sag mir eines,
Danny...«
    »Mit dem größten Vergnügen —
wenn es kein Staatsgeheimnis ist.«
    »Warum dauert es so verdammt
lange, bis man sich zu Tode gesoffen hat ?«
    »Mir machst du nichts vor,
Gus«, zischte ich. »Du bist doch schon lange ein lebender Leichnam. Und das
weißt du genau !«
    Ich rutschte vom Barhocker und
ging langsam zur Tür. An der Schwelle wandte ich mich noch einmal um. In dem
großen Saal saß Gus Terry regungslos, in brütende Meditation versunken, wie ein
etwas mißlungener elfenbeinerner Buddha.
    Wie man sich doch irren kann,
dachte ich. Noch war die Fassade von Prunk und Reichtum intakt. Aber es
rieselte im Gebälk.
     
     
     

6
     
    Draußen war die Hölle los. Der
Garten war schwarz vor Menschen, noch immer fuhren Wagen vor und entluden ihre
Last. Die Party war jetzt wieder richtig in Schwung gekommen. Ich arbeitete
mich durch die Menschenmenge

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