Blonder Kugelfang
die Daumen.
»Du hast mich gestern abend sitzenlassen, als ich bat, mit dir kommen zu
dürfen«, sagte sie kühl. »Mich allein mit Benny zurückzulassen! Du hättest dir
doch denken können, in welchem Zustand er war, nachdem du gegangen warst. Ich
habe immer noch blaue Flecken!«
»Ich spreche von Samantha
Pike«, fuhr ich fort. »Ihr Gedächtnis kehrt zurück.«
»Laß dich begraben, Idiot!«
»Es ist ein Jammer«, sagte ich
unbeirrt, »die Klatschspalten würden nämlich ein Vermögen dafür zahlen.«
»Ich weiß wirklich nicht, wovon
du redest.« Aber ihre Stimme klang gepreßt.
»Komm doch mal vorbei und
besuch’ mich«, schlug ich vor. »Ich mach’ uns ein bißchen Kaffee, dann kannst
du den Kaffeesatz studieren.«
»Vielleicht sollte ich Benny
anrufen und dich von ihm bearbeiten lassen?« überlegte sie.
»Benny ist nur ein Strohmann«,
antwortete ich. »Das wissen wir beide. Aber wenn du willst, rufe ich Victor Bonetto an und sage ihm, daß Samantha Pike sich allmählich
wieder erinnern kann.«
» Holman ,
du bist ein mieser, hinterlistiger Schweinehund«, sagte sie verbittert. »In
einer halben Stunde bin ich bei dir.«
Zwanzig Minuten später war sie
da, in einem knielangen weißen Leinenkleid mit großen Messingknöpfen. Darin sah
sie eher wie eine strebsame Buchhalterin aus als wie ein Callgirl. Sie ließ
sich auf der Couch nieder und schlug die Beine übereinander. »Ich möchte gern
etwas trinken«, sagte sie knapp.
»Aber sicher«, antwortete ich.
»Zum Beispiel?«
»Alles«, antwortete sie.
»Hauptsache, es ist purer Schnaps auf Eis.«
Ich machte ihr einen Bourbon
und reichte ihr das Glas.
»Du trinkst nicht mit?«
»Im Moment nicht.«
Ihre strahlend blauen Augen
studierten mein Gesicht. »Du siehst fürchterlich aus«, sagte sie dann. »Es war gestern abend schon schlimm genug, aber jetzt ist es direkt
pflaumenblau.«
»Victor Bonetto «,
erinnerte ich, »war der Mann, der alle Geschäfte beherrschte und die Leute
dazu. Aber dann bekamen die Leute ihn allmählich satt und wollten etwas Neues.
Doch solange Bonetto seinen Wünschen mit Marty und
Earl Nachdruck verlieh, war das nicht leicht. Schließlich hatte Art Stillman einen Einfall, worauf ihn jeder für ein Genie
hielt. Dafür hielten sie ihn solange, bis sie hörten, daß er tot war, und dann
wollten sie nichts mehr davon wissen. Behaupteten alle, sie hätten nie etwas
geahnt. Sie hätten Art nur einen kleinen Gefallen getan, mehr nicht. Stimmt es
soweit?«
»Keine Ahnung, wovon du
sprichst«, sagte sie.
»Samantha Pike ist ein großer
Name der Rockszene«, sagte ich. »So bekannt, daß nicht einmal Bonetto sich an sie wagte. Aber Art Stillman versorgte sie mit Heroin und wußte, daß er ihr leicht einmal eine größere Dosis
spritzen konnte, als sie gewohnt war, und daß er sie dann eine Zeitlang
willfährig machen konnte. Er brauchte nur eine gute Gelegenheit dazu, und die
kam, als ihre Managerin für das Wochenende nach New York flog.«
»Wenn du gern deinem eigenen
Quatschen zuhörst, soll’s mir recht sein«, sagte sie.
»Art fixte Samantha am Samstag morgen mit einer hohen Dosis«, rekapitulierte ich.
»Er richtete es so ein, daß Sam Heiskell sie am Samstag abend zu Bennys Party mitbrachte. Bonetto kam auch vorbei und lernte Samantha kennen.
Irgendwann danach tätowierte Benny den Skorpion. Aber nicht nur so zum Spaß,
stimmt’s?«
»Er sollte beweisen, daß sie
früher eins von Bennys Callgirls gewesen war«, sagte Angela kleinlaut. »Aber
das weißt du schon.«
»Und dann machte jemand Fotos
davon«, fuhr ich fort.
Sie nickte. »Art hatte sie
schon aufgesetzt, ihre angebliche Lebensbeichte. Sie mußte sie nur auf Band
sprechen. Danach hatte sie als Callgirl für Victor Bonetto angefangen, nicht für Benny. Aber dann kam ihre große Chance, eine berühmte
Sängerin zu werden, und Bonetto drohte, ihre
Vergangenheit zu enthüllen, wenn sie ihm nicht einen dicken Prozentsatz von
ihren Einkünften abtrat. Laut Arts Geschichte stand
auch ihre Managerin auf Bonettos Gehaltsliste, raubte
sie nicht nur aus, sondern zwang ihr auch ein lesbisches Verhältnis auf. Dieses
Schriftstück hat Samantha an jenem Abend unterschrieben. Sie war so high, daß sie nicht wußte, was sie tat.«
»Und was geschah danach?«
»Das weiß ich nicht«,
antwortete Angela. »Irgendwann in den frühen Morgenstunden des Sonntags verließ
Samantha Bennys Haus zusammen mit Art. Was danach geschah, weiß niemand, bis
man Art am Sonntag abend
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