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Blondes Gift

Titel: Blondes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Louis
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Gummiverkleidung auf der Haut brannte. Das Gatter sauste vorbei. Dann stützte er sich gegen die Tür und ließ den Blick über die Fenster wandern; er hielt Ausschau nach einer Tasche, die seitlich vom Waggon fiel und auf den Schienen landete. So dass eine entgegenkommende Hochbahn sie zerfetzte wie einen Ballon voll grauem Hüttenkäse.

5:21 Uhr
    J ack griff mit beiden Händen nach der verschmierten Kette und hielt sich daran fest, bevor er auf die Schienen fiel. Er wusste nicht, was schlimmer war: der Lärm des Waggons auf den Schienen oder der Lärm in seinem Kopf. Los, rein. Schnell in die Nähe einer anderen Person. Jetzt.
    Er fand den Griff und riss ihn nach unten. Die Tür ging auf, und Jack warf sich ins Innere.
    Immer noch blind, spürte er, wie er mit der Schulter irgendetwas anrempelte. Etwas Weiches.
    »Hey!«

    Er streckte die Hände aus und tastete nach einer der Metallstangen, die an den Sitzen und an der Decke des Wagens angebracht waren. Doch er traf auf etwas Weiches. Auf zwei weiche Dinge, um genau zu sein. Von Baumwolle umhüllt. Warm.
    Ein schriller Schrei.
    Dann ein Schlag, direkt in die Rippen.
    Der Schmerz war so stark, dass er fast in der Mitte zusammenklappte, aber es hätte schlimmer sein können. Er war wieder unter Menschen. Die Mary Kates zogen sich aus seinem Gehirn zurück. Und das war alles, was zählte. Sollten sie ihn ruhig schlagen und treten und anspucken. Sollten sie auf ihm rumtrampeln. Sollten seine Augen ruhig aus den Höhlen geätzt werden. Das war egal. Er war am Leben.
    Für den Moment zumindest.
    »Was zum Teufel ist los mit Ihnen?«, sagte jemand.
    Aber Jack konnte nicht orten, wo die Stimme herkam. Aus seiner unmittelbaren Umgebung oder von weiter den Wagen hinunter?
    »Ich muss mich hinsetzen«, flüsterte Jack und streckte erneut die Hände aus. Er tastete nach jemandem, irgendjemandem, neben den er sich setzen konnte.
    Aber er fühlte nichts als leere Luft.
    Er versuchte, die Augen zu öffnen, aber das tat zu weh. Er spürte, wie der Boden unter seinen Füßen vibrierte. War das das übliche Rattern des Waggons, oder gingen die Leute auf Abstand zu ihm? Rannten sie von ihm weg?

    »Bitte helfen Sie mir, bitte«, sagte Jack.
    Als der Zug erneut langsamer wurde, fing das Pochen in seinem Kopf wieder an.

5:22 Uhr
    »Church Street. Frankford-Bahn, hält an allen Stationen.«
    O kay, die Tasche war also nicht runtergefallen. Zumindest hatte er sie nicht fallen sehen. Das hieß, dass sie sich auf dem Dach des Waggons befand. Halt durch, Ed, ich komm dich holen. Kowalski öffnete die Verbindungstür und setzte einen Fuß auf das rutschige Kabel zwischen den beiden Waggons. Mit einem einfachen Klimmzug wäre er oben. Schneller als damals in Korea. Wenn er jetzt so daran dachte, war das eine verdammt heikle Angelegenheit gewesen.
    Doch etwas im nächsten Wagen erregte seine Aufmerksamkeit.
    Sein Mann. Jack Eisley.
    Er hatte die Augen geschlossen und fuchtelte mit den Armen herum wie ein Dirigent auf Crack. Ungefähr ein Dutzend Fahrgäste, die sich in dem Wagen befanden, wichen vor ihm zurück und umkreisten ihn, als wäre er von einem Kraftfeld aus Wahnsinn
umgeben. Niemand wollte sich in der Nähe dieses Verrückten aufhalten.
    Was zum Teufel machte Jack dort?
    Vielleicht hatte ihn das Virus, mit dem Kelly White ihn infiziert hatte, um den Verstand gebracht. Ihn in den Wahnsinn getrieben. Und jetzt zwang es ihn dazu, auf der Strecke Market-Franford wahllos irgendwelche Leute anzugreifen. Vielleicht wuchsen ihm bald auch noch ein Fell und Fangzähne, und er fing an, wie ein Hund zu knurren. Kowalski hätte das nicht im Geringsten gewundert.
    Die Seitentüren schlossen sich wieder.
    Okay, kümmer dich später um Jack. Hol erst die Tasche. Jack geht nirgendwo hin.
    Hauruck...
    Der Zug fuhr an, gerade als Kowalski seine Füße auf das Dach des Waggons setzte. Er ging in die Hocke, um den Luftwiderstand zu verringern. Ah, und da war auch Ed. Leider war er nicht in der kleinen Vertiefung am Gehäuse der Klimaanlage gelandet. Er war mitten auf den Waggon geknallt, wie eine zermatschte Pflaume auf einer heißen Silberbratpfanne. Und die Tasche rutschte, rutschte und rutschte weiter nach links hinten.
    Kowalski hechtete hinter ihr her.
    Der Zug beschleunigte und ruckte nach rechts. Zur Linken tauchte eine riesige graue Steinkirche auf, und die Gleise der Hochbahn schienen direkt darauf zuzulaufen, dann plötzlich die Nerven zu verlieren und abzudrehen.

    Die Tasche rutschte noch

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