Blondine ehrenhalber
Eckpunkten, könnte man sagen. Ein klares Zeichen, das Interesse bekundet, nicht weniger aussagekräftig, als würde er sabbern und sich die Lippen lecken.«
»Gut zu wissen«, sagte Clarissa. Sie warf einen kurzen Blick auf Walter, der sich auf der anderen Seite des Raumes mit einem Gast unterhielt. »Das bleibt unter uns, hast du verstanden? Es könnte Francesca verletzen, wenn sie erfährt, dass wir beide jemanden an Land gezogen haben.«
Amanda verabscheute es, ihre Schwester zu enttäuschen, aber in diesem Fall musste sie die Meinung ihrer neuen besten Freundin respektieren. »Gute Idee«, sagte sie, »ich liebe Geheimnisse. Ganz als wären wir zusammen in geheimer Mission unterwegs.«
»Wir verstoßen gegen unsere eigene Regel«, gab Clarissa zu bedenken.
»Einfach schamlos«, kommentierte Amanda und legte ihren Arm um Clarissas Schultern. Das Rot von Amandas Kleid biss sich fürchterlich mit Clarissas limonengrüner Jacke. »Aber wenn wir zu unserer ersten gemeinsamen Verabredung gehen, sollten wir uns vorher Gedanken machen, was wir anziehen.« Die Vorstellung erinnerte Amanda an ihre Junior-Highschool-Zeit. Geheimpakte, Aufeinanderabstimmen der Farben — die Zeit, als Freundschaft noch alles bedeutete.
»Wir könnten unsere Kleider tauschen«, sagte Clarissa.
»Deine Klamotten passen mir nie«, antwortete Amanda.
»Bitte.«
»Du bist so dünn wie ein Bleistift«, sagte Amanda. Jetzt kam sie sich wirklich vor wie 13. »Ich muss gehen. Ich treffe mich mit Chick zum Essen. Rufst du morgen an? Lass uns zusammen einkaufen gehen oder so was.«
Die beiden Frauen machten sich auf den Weg. Clarissa marschierte direkt zu Walter hinüber und verließ mit ihm das Café. Amanda mochte Walter. Er war ein liebenswerter Verlierer. Matt blieb noch da, um sauber zu machen. Und Frank würde stundenlang die Fünfundzwanzig-Cent-Münzen und Eindollarscheine der heutigen Einnahmen zählen.
Amanda ging nach draußen und schloss die Tür auf, die von der Straße aus zu ihrer Wohnung über dem Laden führte. Als Frank und sie nach dem Tod ihrer Eltern das Geschäft übernahmen, gaben sie ihre Mietwohnungen in Manhattan auf. Für Amanda war es bequem und praktisch gewesen, wieder nach Hause zu kommen. Für Frank dagegen waren damit Erinnerungen verbunden, die sie unzufrieden machten und bedrückten. Trotz der fortwährenden Bitterkeit gegenüber den vielen Fehlern ihrer Eltern — dazu gehörte unter anderem, jung zu sterben — hatte Frank hartnäckig darauf bestanden, deren Schlafzimmer zu räumen, um es selbst zu benutzen. Kurzerhand warf sie die alten Möbel hinaus und stellte ihre Sachen hinein. Sie sagte, sie wolle den Raum, weil er der größte der ganzen Wohnung sei. Außerdem habe sie dort ein eigenes Badezimmer. Amanda hingegen erklärte sich Franks Verhalten damit, dass sie zwar nicht mehr über ihre Eltern sprechen wollte. Indem sie aber darauf bestand, in deren altem Schlafzimmer zu wohnen, blieb sie Mutter und Vater unterbewusst weiterhin eng verbunden.
Amanda liebte große Wandschränke. Und die hatte ihr Kinderzimmer in Hülle und Fülle. Damals war sie selig gewesen, sie zurückzugewinnen. Sie fing an, sich für ihre Verabredung herzurichten. Jede Frau sollte Outfits bereithalten, die sie in Windeseile kleiden und die drei Faktoren berücksichtigen: Jahreszeit, Anlass und Absicht. Zum Beispiel bestand das perfekte saisonunabhängige Erstes-Date-Outfit aus schwarzen Samtjeans, einem Kaschmir-Angora-Mohair-Twinset, Hush Puppies, diamantenen Ohrsteckern, einem Armband mit Anhängern und, für Langhaarige, einem samtenen Haarband. Die winterliche Jahreszeit legte ein etwas umfangreicher ausgestattetes Winter-Verführungs-Ensemble nahe. Amanda zog also einen gerippten Rolli an, einen schwarzen knielangen Rock, schwarze Strümpfe, hochhackige Vinylstiefeletten, silberne Kreolohrringe, dazu trug sie die Haare offen und lockig, was dank der feuchten Luft möglich war.
Sobald sie sich angezogen hatte, schminkte, stylte und besprühte sie sich. Amanda liebte es, ein Mädchen zu sein, und ignorierte die Tatsache, dass ihr Rock nicht so fiel, wie er eigentlich fallen sollte, was so viel hieß wie: Sie hatte einige Pfunde zugenommen. Sie sah immer noch gut aus und war zuversichtlich, als sie sich an den Küchentisch für ihren üblichen Vor-Rendezvous-I-Ging-Wurf setzte.
Nachdem sie einige Male tief geatmet hatte, ein, aus, warf Amanda die Münzen. Wie immer viele Yins. Aber die Reihenfolge der Münzen — von oben
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