Blondine ehrenhalber
nach unten: Zahl, Zahl, Zahl, Kopf, Zahl, Kopf — war nicht sehr viel versprechend. Das obere Trigramm repräsentierte die Erde. Das untere das Feuer. Ihre Deutungen: (1) Ihre Basis, ihre Stabilität liefen Gefahr, verbrannt zu werden, oder (2) das Licht des Wissens (Feuer) war unter der Erde vergraben. Die Interpretation beinhaltete eine Warnung: Sie würde nicht wissen, in welche Sache sie hineingeriet, und könnte in Gefahr sein, wenn alles vorbei war. Amanda befragte ihre Intuition, ob die Warnung sich auf die Verabredung selbst bezog oder aber auf die Wahl ihres Outfits.
Nach einigen Omms verstand sie die Bedeutung des Wurfs und zog schnell ein graues Minikleid aus Kaschmir an, das sich für alle Anlässe eignete, und war im nächsten Moment zur Tür draußen. Das Heights Café erreichte sie gegen Mitternacht.
Chick wartete an der hufeisenförmigen Bar. Pinkfarbenes Neonlicht wurde vom Spiegel hinter den Flaschen reflektiert — eine sehr schmeichelhafte Beleuchtung. Sie zog einen Stuhl neben Chick und lehnte sich so weit zu ihm hinüber, dass ihr Atem seinen Hals streichelte. Sie konnte regelrecht sehen, wie die Enden seiner Nervenbahnen hallo sagten.
»Tut mir Leid, ich habe mich etwas verspätet. Wartest du schon lange?«, fragte sie süßlich. Seine Antwort würde ein Beweis seiner Zuneigung sein. Sie signalisierte dem Barkeeper, dass sie etwas trinken wollte.
»Gar nicht«, antwortete Chick. Der Barkeeper, ihr alter Freund Paul McCartney (nicht verwandt), hörte Chicks Antwort. Er schüttelte ein ganz klein wenig den Kopf und Amanda nickte ein ganz klein wenig. Barkeeper Paul und Amanda hatten diese Platte schon öfter aufgelegt — Dutzende von Verabredungen hatte sie schon im Heights Café gehabt. In dem ganzen Viertel war es das einzige Restaurant, das nicht familienfreundlich war und dennoch annehmbare Preise hatte. Die Singles der Umgebung schätzten die dezente Beleuchtung, die glänzenden schwarzen Tischplatten, die starken Drinks und die rauchige Musik-Berieselung. Paul machte Amanda einen Kir Royal.
»Trinkst du den immer?«, erkundigte sich Chick.
»Findest du, das ist ein Drink für Mädchen?«, fragte sie.
Amandas typischer Date-Drink war ein Kir Royal, ihr typischer Nach-Date-Drink ein Wodka Tonic. Bei manchen Verabredungen startete sie aber auch direkt mit Scotch. Diesmal jedoch hatte sie davon abgesehen — schließlich war er Bergsteiger und kein Mann von der Wall Street.
»Ehrlich gesagt, ich habe noch nie einen Gedanken an das Geschlecht eines Cocktails verschwendet.«
Gute Antwort. Es versprach, eine Nacht mit Atmosphäre zu werden. »Aha«, sagte Amanda. Sie und Chick hatten vielleicht insgesamt zehn Minuten zusammen verbracht. Sie kannte ihn nur vom Wettbewerb her, von seinem Text auf der Anmeldekarte, seiner Purpuraura und seiner allgemein freundlichen Art. Und das mit dem Zungenzucken hatte er gesagt. Viel versprechend.
Sie nippte an ihrem Drink. »Aha«, sagte sie erneut. Es gehörte zu ihrer Taktik, den Mann die Unterhaltung steuern zu lassen.
»Irgendwie ist das peinlich«, gab Chick zu. »Vielleicht sollten wir einige Drinks nehmen und uns einfach entspannen.«
Sich betrinken als Konversationshilfe? Das hatte Amanda noch nie gehört. Aber wenn es etwas Neues war, würde sie es zumindest einmal ausprobieren. Sie stieß mit seinem Glas an und kippte ihren Kir Royal in einem Zug hinunter. Chick war ganz offensichtlich beeindruckt. Er lächelte und hielt seine Hand hoch, damit Amanda ihn abklatschen konnte. Sie tat es und hoffte, dass niemand sie gesehen hatte.
»Jetzt du«, wies sie ihn an und deutete auf seinen Drink.
Er schwenkte seinen Greyhound derart, dass der Inhalt seines Glases fast über den Rand schwappte, und trank ihn dann in einem Zug! Amanda gefiel sein Adamsapfel, der an seiner Kehle unter makelloser Haut hinauf- und hinunterglitt. Sie stellte sich vor, wie sie ihn küsste. Chick sah wirklich klasse aus. Auf all die Berge war er hinaufgeklettert, er liebte die freie Natur. Amanda phantasierte sich gerade in eine nette kleine Idee hinein, als er wieder seinen Arm hob. »Eine Runde hätten wir«, sagte er und nickte ihr zu. Er wartete darauf, dass sie ihn wieder abklatschte. Unauffällig hob sie die Hand und klatschte ihm auf die Handfläche. Paul hinter dem Tresen verdrehte die Augen.
»Weißt du«, sagte Amanda, »ich bin fasziniert von Kletterern. Es bedeutet Gefahr, Abenteuer, körperlichen Einsatz, eine Angelegenheit des Adrenalin.«
»Ich habe eher
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