Blondine ehrenhalber
nicht auf, den Glauben. Clarissa wird sich wahnsinnig aufregen. Und es ist alles mein Fehler.«
»Wieso ist das dein Fehler?«, wollte Amanda wissen. »Hast du Chick umgebracht?«
»Irgendwie ist es mein Fehler«, beharrte Frank. »Warte, bis alles aufgedeckt ist. Dann wird sich herausstellen, dass es irgendwie wegen mir passiert ist.«
Die Schwestern öffneten das Café erst um 7.30 Uhr. Den ganzen Vormittag über strömten Gäste herein und erkundigten sich nach Mr Coffee und wann er wieder in Erscheinung treten würde. Frank wollte nicht erklären, was passiert war, und log. Sie versicherte der Kundschaft, dass der King höchstpersönlich jeden Augenblick hereinspazieren musste. Amanda verschwand in regelmäßigen Abständen auf dem Klo, um ihre Tränen zu trocknen. Währenddessen lief das Geschäft gut — der Sturm vor der Ruhe, dachte Frank. Sie versuchte einige hundertmal, bei Clarissa anzurufen, doch niemand hob ab. Als Matt gegen Mittag auftauchte, erzählte Frank ihm, dass man Chick tot zu Hause aufgefunden hatte.
»Was ist passiert?«, fragte er.
»Das wissen wir nicht«, sagte Frank. Keiner wusste etwas Genaueres.
Matt nickte. »Wo, hast du gesagt, hat man ihn gefunden?«
Amanda und Frank tauschten einen Blick aus. »In seiner Wohnung in der Joralemon Street. Warum fragst du?«, sagte die Schwester mit den rot geweinten Augen.
»War er im Haus oder draußen?«
Frank wusste es nicht. »Ich habe keine Ahnung.«
»Matt, hast du Chick schon vorher kennen gelernt?«, fragte Amanda. »So, wie ihr euch gestern Abend unterhaken habt, bin ich fast sicher, dass ihr euch schon gekannt habt. Eure Körpersprache signalisierte Vertrautheit .« Frank verdrehte die Augen. Sie fragte sich, ob Amanda wohl wusste, was ihre Körpersprache in diesem Augenblick zum Ausdruck brachte.
»Was soll das heißen? Ist das ein Verhör? Wenn man in diesem Land zu viele Fragen stellt, wird man entweder für verrückt erklärt oder für einen Verbrecher gehalten. Zum Glück bin ich aber normaler als alle anderen hier. Und ich lebe nach meinen eigenen Regeln, verstanden? Ich kenne den Unterschied zwischen richtig und falsch.« Dann schnappte er sich einen Besen und fing wie ein Wilder an zu kehren. Die Schwestern hielten es für das Beste, ihn allein und in Ruhe arbeiten zu lassen.
Die alte Dame, Lucy, die gerne endlos Kaffee in Anspruch nahm, tauchte an diesem Tag unmittelbar nach dem Mittagessen auf. Sie hatte ihr PowerBook dabei und war ganz offensichtlich beleidigt, dass sie keinen Tisch für sich allein ergatterte. Schimpfend stürmte sie in Richtung Theke: »Sie sind das beste Beispiel dafür, dass wir in einer moralisch verkommenen Gesellschaft leben, in der gierige und frivole Menschen wie Sie die Verantwortung für Familie und Heim nicht ernst nehmen. Haben Sie keine Würde? Dieser Wettbewerb war erbärmlich! Und jetzt bedienen Sie diesen sexbesessenen Pöbel da. Gott wird Sie strafen.«
Amanda drehte sich zu Frank. »Hat sie Recht? Ist Chicks Tod etwas wie eine göttliche Strafe?«
»Lucy«, sagte Frank, »ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie jahrelang ein treuer Gast gewesen sind. Aber Sie können nicht davon ausgehen, dass wir Ihnen einen Tisch reservieren. Und kostenlos nachgießen können wir auch nicht mehr.«
Lucys Augen blitzten. »Unverschämte Göre!« Sie verschwand, ohne auch nur eine Tasse getrunken zu haben.
Frank rief ihr hinterher: »Im Moonburst finden Sie bestimmt einen freien Tisch.«
Wie auf ein Stichwort kam Benji Morton zur Tür herein. Er sah ganz annehmbar aus, gekleidet in Jeans, rote Holzfällerjacke und Timberland-Stiefel. Unter dem Arm hatte er ein Exemplar der New York Post klemmen. »Arbeiten selbst am Ruhetag?«, fragte Frank, die sich große Mühe gab, fröhlich zu wirken.
»Euren Trumpf im Kampf ums Überleben einfach kaltzustellen... Da könnt ihr euren Laden doch gleich dichtmachen.«
»So schnell verbreiten sich Neuigkeiten«, flüsterte Frank. Sie wollte nicht, dass die Gäste die Wahrheit erfuhren.
»Klar, vor allem, wenn es auf der Titelseite der Zeitung steht«, sagte er und warf die Post auf die Theke. »Ich freue mich darauf, für eure Räume einen Pachtvertrag auszuhandeln, wann immer ihr wollt.«
Frank schnappte nach Luft und Amanda stürzte sich auf die Titelseite. Das Foto war perfekt: Amanda und Chick, die sich verträumt in die Augen schauten. Darunter die Schlagzeile: KAFFEE TRINKEN UND STERBEN. Und weiter lautete es im Text: »Kaffee-King tot
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