Blondine ehrenhalber
kleinen Stenoblock aus seiner hinteren Jeanstasche. »Um 4.57 Uhr öffnete X mit einem eigenen Schlüssel von der Straßenseite her die Lukentür zum Keller. Er stieg mit drei grauen Pappschachteln die Kellerstufen hinunter und stellte sie ab. Anschließend schloss er die Tür hinter sich. Dann überprüfte er den Inhalt. Ein Waffenlager? Sprengstoff? Bomben? Er ging erneut zur Lukentür hinaus und kam Sekunden später mit neuen Schachteln zurück.«
Matt blickte zu Amanda. »Dann bist du heruntergekommen. Ich weiß nicht genau, was das alles soll, aber für mich riecht das nach einem Komplott.«
Amanda näherte sich dem vermeintlichen Waffenlager. »Für mich riecht das eher nach Keksen«, sagte sie und hob den Deckel einer der Schachteln an.
»Neeeeeeiiiiiiin!«, schrie Matt und hechtete hinter die Kellertreppe.
»Mm. Chocolate Chip«, stellte sie fest. Die Schachtel war randvoll mit Schokoladenplätzchen. Die nächste enthielt Muffins, die darunter Croissants. »Hast du das nicht gerochen?«, fragte Amanda. Der Duft war himmlisch.
Matt spähte hinter der Kellertreppe hervor. Als er sich überzeugt hatte, dass nichts in die Luft flog, ging er zu Amanda zurück. »Bin ohne Geruchssinn auf die Welt gekommen«, sagte er. »Aber trotzdem merke ich, wenn etwas stinkt.«
Amanda nahm eines der Plätzchen und biss hinein. »Was machst du überhaupt hier unten?«, fragte sie.
Matt fummelte an seinem Stenoblock herum. »Ich habe in den letzten Tagen... sagen wir... hier gecampt. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.« Er zog die Augenbrauen hoch, als würde er eine weiße Fahne zum Zeichen seiner Kapitulation hissen.
»Deshalb wolltest du uns keine Adresse geben. Du bist obdachlos«, sagte Amanda.
»Jetzt sieh mich nicht so an«, protestierte Matt. »Ich ziehe gerade um.«
»Und deshalb führst du ein Notizbuch?«, fragte sie. »Du bist doch nicht etwa eine Art Undercover-Restaurant-Inspe-tor, der nach Ratten und Wanzen Ausschau hält?«
»Du hältst mich für einen Undercover-Irgendwas? Ich bin stolz darauf, genau das Gegenteil zu sein: Ich verkörpere die Ehrlichkeit — und die Ärmlichkeit kämpfe gegen die Maschinerie des Geldes aus Lügen und Enttäuschungen. Und manchmal schreibe ich mir eben gerne etwas auf. Literaturfritzen würden es vermutlich sogar das Führen eines Tagebuchs nennen.«
Amanda streckte die Hand aus. »Kann ich mal sehen?«
»Ist noch nicht fertig.«
»Nur einen Blick?«
»Zeigst du mir deins, zeig ich dir meins«, konterte er.
Amanda stöhnte. »Nicht schon wieder. Bitte, Matt. Behalte deine heimlichen Leidenschaften für dich.«
Matt war verblüfft. »Habe ich damit nicht einfach nur gesagt, dass ich nichts zu verbergen habe? Und wenn ich eine Leidenschaft für dich habe, dann bestimmt nicht heimlich. Nicht, dass ich eine hätte. Über meine Leidenschaft für dich muss ich noch mal nachdenken. Wenn ich eine Entscheidung getroffen habe, bist du die Erste, die es erfährt.«
»Ich kann es kaum erwarten«, sagte sie. »Was machen wir in der Zwischenzeit mit dem Muffin-Bäcker?« Amanda erinnerte sich vage daran, dass die Muffins montags, mittwochs und samstags geliefert wurden, und heute war Sonntag. Sie hatte sich nie den Kopf darüber zerbrochen, wer sie lieferte und wie das vor sich ging, denn mit den Lieferanten verhandelte Frank. Jetzt erinnerte sie sich daran, dass sie den Lieferwagen von Patsie’s Breadstuff vor dem Haus hatte stehen sehen. Vom Wohnzimmerfenster aus, wo sie gesessen hatte, als sie das laute Geräusch zum ersten Mal hörte, konnte man die Lukentür nicht einsehen.
»Meinst du, ihm ist etwas passiert? Sollen wir einen Rettungswagen rufen?«, fragte sie. »Was hast du mit dem Telefon gemacht?«
»Ich habe es ausgestöpselt damit mich das Klingeln nicht aufweckt«, antwortete Matt.
»Eigentlich erwarten wir mitten in der Nacht im Laden nicht so viele Anrufe.«
»Jemand könnte sich verwählt haben. Ich stöpsele immer das Telefon aus, bevor ich ins Bett gehe. Eine Sache der Gewohnheit«, sagte er.
Matt tat, was er konnte, um jeder Art von Kontakt aus dem Weg zu gehen, dachte Amanda. Und sie tat, was sie konnte, um jeder Art von Kontakt den Weg zu ebnen. Er war genau das Gegenteil von ihr. »Kannst du bitte das Telefon wieder anschließen? Und bring einen feuchten Lappen mit. Wir müssen versuchen, den Mann wiederzubeleben«, sagte sie.
Matt steckte den Notizblock zurück in seine Tasche und ging nach oben. Amanda hoffte, Frank würde Matt nicht
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