Blondine ehrenhalber
hat ihn dann verfasst?«, fragte Amanda und blätterte, um den Artikel zu finden. »Walter!« Sie rang nach Atem. Eine Zeile in zehn Punkt Schriftgröße: Walter Robbins.
Die Flurdielen knackten. Frank kam ins Wohnzimmer, schläfrig und zufrieden, und rieb sich die Augen wie ein Kind. »Was ist mit Walter?«, fragte sie. »Guten Morgen übrigens.« Frank lächelte nervös in Clarissas Richtung. Amanda versuchte, die Zeitung zu verstecken, indem sie sich darauf setzte. Aber Frank erhaschte einen Blick von der Titelseite.
»Was haben die Borgia-Schwestern diesmal gemacht?«, fragte sie und forderte Amanda durch eine Geste auf, ihr die Zeitung zu geben. Die jüngere Schwester zögerte.
»Gib sie ihr«, sagte Matt.
Amanda überließ Frank das tintenschwarze Sensationsblatt. Matt, Clarissa und Amanda beobachteten schweigend, wie Frank die Seiten in bleierner Stille las. Franks Augen wanderten über die ganze Länge einer Spalte hinunter und dann wieder hoch zum Beginn der nächsten. Sie zeigte keinerlei Regung, während sie las. Nicht einmal ein Wimpernzucken.
Schließlich sagte sie: »Entschuldigt mich.« Sie ging in ihr Zimmer zurück und schloss ruhig die Tür.
Amanda flüsterte Matt und Clarissa halblaut zu: »Es hat sie mehr mitgenommen, als ich gedacht hatte.«
Clarissa saß auf dem Rand des Couchtisches. »Wie konntest du das nur wollen?«, fragte sie.
»Wie hätte man es ihr vorenthalten sollen?«, gab Matt zurück. »Das war keine normale Reaktion. Sie ist ins Niemandsland abgedriftet.«
Amanda schob Matts Beine vom Rand des Couchtisches. »Sag das nicht!«, verlangte sie entsetzt, weil er Recht hatte.
»Ich fasse es nicht, dass alles so aus dem Ruder gelaufen ist«, sagte Clarissa.
»Tut es dir Leid?«, erkundigte sich Amanda.
»Klar tut es mir Leid«, antwortete Clarissa. »Ich bin doch kein Monster. Wenn ich geahnt hätte, dass Walter etwas so Privates schreiben würde, hätte ich nie zugestimmt.«
Amanda musste sich verhört haben: »Zugestimmt?«
»Jeder hat sich irgendetwas vorzuwerfen«, mischte sich Matt ein.
»Ich brauche einen Kaffee«, sagte Amanda. »Matt, bist du so lieb? Im Gefrierfach liegt eine Venezuela-Mischung. Nimm die French Press.« Nicht dass sie Matt aus dem Zimmer schicken wollte, aber sie spürte, dass irgendetwas Schwerwiegendes zwischen Clarissa und ihr in der Luft lag. Matts knappe Bemerkungen wären keine große Hilfe.
Sobald Matt das Wohnzimmer verlassen hatte, forderte Amanda sie auf: »Erzähl es mir noch mal, Clarissa. Wie hast du Walter kennen gelernt?«
Die blonde Frau versuchte sich zusammenzunehmen, aber schließlich war es mit ihrer Selbstsicherheit vorbei. Sie fiel in sich zusammen und starrte ihre Stiefeletten an: »Ich habe Walter durch Piper kennen gelernt.«
»Und woher kennst du Piper?«
»Vom Printmedien-Kurs im letzten Jahr«, gestand Clarissa. »Ich habe mich ihm vorgestellt und wir waren einige Male zusammen beim Abendessen.«
An ihrem Gesichtsausdruck erkannte Amanda, dass sie miteinander geschlafen hatten. Clarissa bestätigte es mit dem Satz: »Mein ganzes zukünftiges Leben hängt von Medienkontakten ab.«
»Walter?«, fragte Amanda.
»Darauf komme ich noch«, fauchte Clarissa. Ihre Augen blitzten.
»Mach nicht mich an, wenn du eigentlich böse auf dich selbst bist«, wies Amanda sie zurecht.
Clarissa schnaubte fast. »Ich kann auch hier herausspazieren, ohne einen einzigen Blick zurückzuwerfen.«
»So, kannst du?«, fragte Amanda spitz. »Das bezweifle ich.«
Clarissas Blick wurde weicher. »Amanda, ich fühle mich schrecklich wegen dieser Titelseite.« Sie tippte auf die Post auf dem Tisch. »Ich lernte Walter kennen, als ich bei der Redaktion vorbeisah, um mit Piper über den Mr Coffee-Wettbewerb zu sprechen. Ich habe ihm alles über euch beide erzählt, über den Laden und das Konzept. Für eine richtige David-und-Goliath-Geschichte wollte er, dass Walter Robbins, sein Schützling in der Zeitung, als Mr Coffee gewählt wird. Walter sollte einen Insider-Bericht in der ersten Person über die Konkurrenz von Moonburst schreiben.«
Amanda erinnerte sich daran, wie Clarissa Walter als Endrundenkandidat gepuscht hatte. »Warum hast du uns das alles nicht erzählt?«
»Piper und Walter hielten das für keine gute Idee.«
»Gehörte auch zum Spiel, dass du ein Auge auf Walter werfen musstest?« Amanda dachte an ihr Geplauder über ein Doppel-Date.
»Es war die Lösung eines Problems: zu erklären, warum wir so viel Zeit miteinander
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