Blondine ehrenhalber
und hatten Steuerformulare und Quittungen zwischen sich aufgeschichtet. Es sah aus wie eine ganz normale Familienszene, abgesehen von dem starken Gasgeruch und der Art, wie ihre Köpfe hingen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie schon einen Tag tot. Hätte ich am Abend vorher nicht abgesagt, hätte ich sie gerettet. Nein. Nein. Sag nichts. Das ist eine Tatsache. Ich bin schuld, hatte ein Jahr Zeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen.«
Walter stand von seinem Stuhl auf. Er nahm Frank in die Arme und sagte: »Das tut mir so Leid, Francesca.« Ihr Name klang traurig und gefühlvoll, wenn er ihn aussprach. Sie umarmte ihn und ließ sich gegen ihn sinken. Er küsste sie und sie erreichten das Schlafzimmer, ohne dass Frank überhaupt die Chance gehabt hätte, den Herd anzumachen.
Und dann war es vorbei.
Doch bevor es vorbei war, ließen sie sich auf Franks Bett fallen. Angezogen tauschten sie erste Zärtlichkeiten. Frank erschrak über sich selbst, darüber, dass sie sich wie ein Tier behandeln ließ. Er rollte von ihr herunter und sagte: »Mach einen Striptease.«
Sie starb fast vor Befangenheit. »Kann ich nicht.«
»Ich möchte es aber so sehr.« War er jemand, der alles unter Kontrolle haben musste? »Aber wenn du dich nicht wohl dabei fühlst, dann lass es.«
Sie war keine Spezialistin, aber das Kleid als Erstes auszuziehen wäre sicher ein Fehler. Er würde das dehnbare Strumpf-Gummiband sehen — ein Anblick, den man jedem Mann ersparen sollte. Frank setzte sich auf den Bettrand, streifte ihre Strümpfe ab und zeigte in dieser ungünstigen Position so oft wie möglich ihre dünnen Beine. Gott sei Dank hatte sie sich rasiert und trug schöne Unterwäsche — einen gewöhnlichen Baumwollzweiteiler zwar, aber pink. Beeindruckt von ihrem Selbstvertrauen stand sie auf. Sie fixierte Walter und hob den Saum ihres Kleides. Ihre Arme verfingen sich etwas, als sie das Kleid über den Kopf zog. Als sie nichts mehr sah, streckte Walter seine Hände nach ihr aus und umklammerte mit seinen langen Fingern ihre Taille. Er zog sie an sich — während das Kleid noch immer an ihrem Ellbogen hing — und fing an, ihren Bauch zu lecken und zu küssen.
Frank befreite sich und schleuderte das Kleidungsstück quer durch den Raum. Gänsehaut überzog ihren Körper. Sie ließ sich auf ihn herunterziehen. Seine Gürtelschnalle grub sich in ihre Hüfte.
»Autsch«, stöhnte Frank.
Walter schnaufte eine Entschuldigung und befreite sich aus seinen Klamotten. Sein Rücken und seine Brust waren mit hellem, feinem Haar bedeckt. Frank mochte das. Er trug Boxershorts. In den noch verbliebenen Kleidungsteilen küssten sie sich — wie es schien, stundenlang — , bis sie endlich, als sie an einem Punkt heftiger Frustration anlangten, die letzten Kleidungsstücke abstreiften. Frank vergrub ihre Nase in seiner Brust und atmete seinen Duft, seinen Geruch, seine Haut. Zum ersten Mal in ihrem Sexualleben wurde sie zu einem kleinen wilden Tier, von Hunger getrieben und auf der Suche nach einem warmen Platz für die Nacht.
Wieder und wieder schliefen sie miteinander. Frank entdeckte ein neues sexuelles Ich und holte alles nach. Danach überfiel sie tiefster Schlaf.
Kapitel 16
Amanda hörte das Klopfen, tat aber, als würde sie nichts bemerken. Wer konnte um 6 Uhr früh an ihre Türe hämmern? Matt würde schon öffnen. Er schlief auf der Wohnzimmercouch, drei Meter von der Wohnungstür entfernt.
Das Hämmern hörte nicht auf. Amanda schälte sich aus dem Bett, schlüpfte in ihre Pantoffeln und schlurfte den Flur entlang. Matt saß auf der Couch und betrachtete seine Nägel.
»Kannst du nicht aufmachen?«, fuhr Amanda ihn gereizt an.
»Ich bin nur ein Gast«, gab er zurück.
»Du bist ein Angestellter«, schnauzte sie. »O Gott, es tut mir Leid, dass ich das gesagt habe.« Es passierte also noch immer, dachte sie. Wie konnte es sein, dass stechende Bemerkungen aus ihrem Mund flogen wie Bienen?
»Es muss dir nicht Leid tun«, entgegnete er. »Ich mag diese Seite an dir.«
»Welche Seite?«, fragte sie und griff nach der Türklinke.
»Die mit dem scharfen Rand.«
Amanda gefiel die Anspielung nicht: War sie sonst etwa weich und formlos? Sie öffnete die Wohnungstür.
Draußen stand Clarissa. In der Hand hielt sie ein Exemplar der New York Post fest umklammert. Sie sah wie immer göttlich aus in ihrem schokobraunen Twinset, den schwarzen Jeans, Pfennigabsätzen und dem pelzbesetzten Mantel. Amanda suchte in Clarissas Gesicht nach Anzeichen
Weitere Kostenlose Bücher