Blood Coven Vampire 04 - Beiss, Jane, Beiss-iO
erscheint, die aber in Wirklichkeit wahrscheinlich nur zwanzig Meter lang ist, erreiche ich den Ballsaal, in dem die Zeremonie stattfindet. Ich ignoriere den Protest der Türsteher und stürme durch die Doppeltüren, taumle in den Raum und stolpere über ein Elektrokabel, das ein Teil der Beleuchtung sein muss. Mein Beweisordner segelt durch die Luft und ich fliege förmlich in den Gang und lande auf dem Teppich. Meine Hände rutschen auf eine Weise darüber, dass ich ganz bestimmt schreckliche Schürfwunden davontragen werde. Aber ich kann sie nicht spüren, als ich mich hochrapple und den Ordner und einige lose Blätter aufsammle.
Im ganzen Raum ist es vollkommen still und die Blicke aller Vampire ruhen auf mir. Toller Auftritt, Sun. Ich kann ihre Gedanken hören, so deutlich, als würden sie sie laut aussprechen. Mensch. Außenseiter. Eindringling. Aber ob es ihnen gefällt oder nicht, sie brauchen mich jetzt mehr, als sie jemals wissen konnten.
Im vorderen Teil des Raums steht Magnus auf der Bühne, bekleidet mit einem maßgeschneiderten Armani-Smoking. Er sieht so gut aus, dass ich kaum atmen kann. (Obwohl dies zum Teil daran liegen könnte, dass mir mein Sturz alle Luft aus den Lungen gepresst hat.) Neben ihm steht Jane – oder sollte ich sagen Sasha? -, die mich mit einem Blick anfunkelt, der definitiv töten könnte. Zwischen ihnen steht ein kleines Podest, auf dem eine goldene Schachtel liegt. Ich weiß, was da drin ist. Zwei Phiolen von Magnus' Blut. Genug, um Sasha für alle Ewigkeit in einen Vampir zu verwandeln.
»Sunny?«, fragt Magnus mit einem ungläubigen Ausdruck auf dem Gesicht. »Was machst du hier?«
»Magnus, beiß sie nicht!«, rufe ich, kaum imstande, die Worte zu formen, so atemlos bin ich. »Sie ist nicht Jane. Sie ist eine Betrügerin!«
Aufgeregtes Raunen geht durch die Menge, während alle versuchen dahinterzukommen, was zum Teufel hier los ist. Jane dreht sich zu Magnus um, in Panik, aber entschlossen. »Sie ist nur eifersüchtig«, zischt sie ihm zu. »Sie ist ein Kind; sie versteht das nicht. Lass uns weitermachen.«
Magnus sieht zuerst sie an, dann wieder mich, dann das Publikum - einen verwirrten, hin- und hergerissenen Ausdruck auf dem Gesicht. Ich halte den Atem an und bete von ganzem Herzen, dass er mich anhören wird. Die Uhr an der Wand tickt und die Sekunden verrinnen, eine nach der anderen. Die Zeit bewegt sich quälend langsam. Bitte, Magnus. Glaub mir , flehe ich ihn stumm an. Deiner Freundin. Der, die dich liebt. Nach allem, was ich durchgemacht habe - meinen Nachforschungen, Jaydens Opfer -, darf ich jetzt nicht verlieren. Ich darf einfach nicht!
Die Blicke aller Vampire ruhen auf Magnus, während sie auf seine Entscheidung warten. Man könnte eine Stecknadel im Raum fallen hören, so still ist es. Eine Hälfte von mir will von dort, wo ich stehe, alles herausschreien - dem ganzen Auditorium erzählen, wer Sasha wirklich ist und was sie und Cornelius vorhatten. Aber ich tue es nicht. Zuerst brauche ich Magnus' Entscheidung. Er muss mir zuhören. Mir vertrauen. Er muss diesen ersten Schritt runter von der Bühne machen und auf mich zukommen, muss mich wählen als die Frau, die er liebt und an die er glaubt. Ohne das könnte ich alle Beweise der Welt haben und es würde nichts ändern.
Und einen schrecklichen Augenblick lang fürchte ich, dass er es nicht tun wird. Dass er meinen Einwand mit einem Achselzucken abtun wird, wie er es in der letzten Woche so oft getan hat, und den Schicksalsmächten sagen wird, dass sie die Zeremonie trotzdem weiterführen sollen. Dass er das dumme menschliche Mädchen ignoriert, mit dem er herumgespielt hat - im Anbetracht des großen Ganzen spielt es keine Rolle. Aber dann wendet er sich zu meiner überwältigenden Erleichterung langsam und bedächtig von Jane ab, tritt von der Bühne und kommt den Gang entlang auf mich zu. Mein Herz setzt einen Schlag aus, als er vor mir steht, und plötzlich überfällt mich Nervosität.
»Sunny, sag mir, was hier los ist«, beginnt er, tritt vor mich hin und sieht mich mit besorgten Augen an. Augen, in denen ich mich in der Vergangenheit so viele Male verloren habe, die jetzt jedoch einem Fremden zu gehören scheinen. »Was hast du über Jane in Erfahrung gebracht?«
Ich sehe zu der Betrügerin auf der Bühne hinüber, die mich mit finsterer Miene ansieht und sich wahrscheinlich fragt, was ich weiß und ob ich es beweisen kann oder nicht. »Jane ist tot«, erkläre ich mit Nachdruck. »Das
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