Blood Dragon 1: Drachennacht - Maeda, K: Blood Dragon 1: Drachennacht
senkte den Blick. Sie hatte oft gesehen, dass Darius sie beide derart ansah, und im Gegensatz zu Karad, der das zu ignorieren schien, wusste sie, was es bedeutete. Eines Tages würde sie mit Karad darüber sprechen müssen, aber heute war nicht eines Tages. Heute war Jetzt.
Der Clan hatte sich im Kaminzimmer versammelt, dem ehemaligen Prunkraum des Schlosses. Nach einer erfolgreichen Jagd hatte sich die Gesellschaft hier zusammengefunden und am mannshohen Kamin gefeiert. Der Raum war rustikal, wie auch der Rest des Jagdschlosses. Die Wände bestanden aus grauem Granit, fast schwarz geworden durch den jahrelangen Rauch. Unterhalb der hohen Decke glotzten ausgestopfte Trophäen auf die Anwesenden herunter, und auf halber Höhe zwischen Boden und Decke hingen die Wappen der Besucher.
Narukas Herr, Victor, hatte den hohen, hölzernen Lehnstuhl nah am lodernden Kamin bezogen. Darius stand etwas hinter ihm und beobachtete den Raum und die einzige Tür. Naruka saß mit Karad auf einer Bank und genoss in der einsetzenden Abendkühle die Hitze des lodernden Feuers im Kamin. Hin und wieder warf Darius weitere armlange Scheite hinein. Außer ihnen war auch noch Valesko anwesend. Sein Haar hatte eine silbrig-graue Farbe, und sein linkes Auge zeigte sich milchig und trüb. Eine Narbe zog sich von seiner Stirn über das Lid bis zum Wangenknochen. Seine harten, ernsten Gesichtszüge entsprachen allerdings nicht denen eines alten Mannes, wie seine Haarfarbe vermuten lassen könnte. Er wirkte nicht viel älter als vierzig, und trotz seines blinden Auges entging ihm nichts.
Naruka wusste von Karad, dass das Gerücht umging, Valesko könnte mit dem blinden Auge vielleicht nicht mehr diese Welt sehen, dafür aber ihre Vergangenheit und Zukunft. Sie wusste nicht, ob es stimmte, aber es fröstelte sie, wann immer Valeskos Blick sie streifte.
Naruka beobachtete ihren Herrn. Er hatte einen Bediensteten geschickt, um Elisa abzuholen, und seine Körperhaltung verriet, wie angespannt er dieser Begegnung entgegensah. Seine Fingerspitzen malten Muster auf die Armlehne, seine aufgestützte Hand verbarg seinen Mund. Als Elisa endlich den Raum betrat, entspannten sich die anwesenden Männer merklich. Niemandem außer Naruka schien aufzufallen, wie abgehetzt Elisa wirkte. Ihre Augen glänzten fiebrig, die Locken wirkten zerzaust, und ihre Brust hob und senkte sich rasch. Narukas Aufmerksamkeit wanderte von Elisa zu Victor. Wie bereits tags zuvor bemerkte sie eine Wandlung in ihrem Herren. Etwas an seiner Haltung wurde weicher, nachgiebiger, und das ließ sie verstohlen lächeln.
„Wie schön, dass Sie die Zeit gefunden haben“, sagte Victor glatt und stand auf. Er trat Elisa entgegen und deutete mit einem Nicken auf die Anwesenden. „Ich möchte Ihnen gern den Vorstand der Gesellschaft vorstellen.“ Er verwies auf Naruka und Karad. „Ihre Assistentin Naruka kennen Sie sicherlich noch“, sagte er, und Naruka nahm das zum Anlass, Elisa verschwörerisch zuzuzwinkern. Diese schmunzelte kaum wahrnehmbar und wurde wieder ernst, als Victor Karads Namen nannte. „Er betreut unsere verschiedenen Objekte in den Karpaten und auch in Bukarest.“
Karad neigte den Kopf zu einem kurzen Nicken in Elisas Richtung. Naruka bemerkte den irritierten Zug um ihre vollen Lippen und musste schmunzeln.. Karads Äußeres ließ nur auf brutale Kraft schließen, nicht auf Fähigkeiten mit Immobilien.
„Dies ist Darius, mein persönlicher Assistent, den Sie bereits in der Grotte kennengelernt haben, und zu guter Letzt einer unserer Gründerväter, Mr. Valesko Dajusch.“
Elisa begrüßte auch diese beiden. Darius nahm es auf, aber in Valeskos verbliebenem Auge blitzte Gier auf. Er hatte neben Victor am begierigsten auf Elisas Ankunft gewartet, aber noch wusste Naruka nicht, ob er sie positiv befand oder nicht.
Man bot Elisa einen Sessel an, in den sie sich dankbar sinken ließ. „Und jetzt möchte ich gern hören, was geschah, als Sie den Raum betraten. Aus Ihrem eigenen Mund und mit Ihren eigenen Worten“, forderte Victor sie auf, nachdem er sich gesetzt hatte.
Mit einer einfachen Handbewegung schob Elisa sich einige Locken aus der Stirn. Sie wirkte noch immer fahrig, und wann immer ihr Blick zu Victor glitt, sah sie hastig weg, als wäre es ihr peinlich, ihn auch nur anzusehen. Sie strich über ihre Seite und die Hosentasche. „Wie ich bereits sagte, ich kann mich an nichts erinnern. Sobald ich den Raum betreten hatte, spürte ich heftigen Schwindel und
Weitere Kostenlose Bücher