Blood - Ein Alex-Cross-Roman
der Polizeiwache in der Wisconsin Avenue eintrafen, schwirrten dort ein halbes Dutzend Uniformierte herum. Ein Detective namens Michael Wright hatte irgendwann den richtigen Schluss gezogen: dass nämlich er und sein Partner soeben um ein Haar den Georgetown-Vergewaltiger erwischt hätten, dass er womöglich den größten Fisch seiner Karriere um Millimeter verpasst hatte. Aber immerhin, sie hatten zwei Männer festgenommen, die möglicherweise wussten, was hier eigentlich gespielt wurde. Jetzt brauchten sie jemanden, der sie zum Reden brachte.
Sampson und ich wurden durch eine drei Meter hohe, kugelsichere Trennwand geschleust und gingen zu den Verhörzimmern, die hinter den Arbeitsplätzen der Detectives lagen. Das Großraumbüro machte einen vertrauten Eindruck − zerkratzte, vollgemüllte Schreibtische, alte Computer und Telefone aus einem vergangenen Zeitalter, überquellende Wandschränke.
Bevor wir das Verhörzimmer betraten teilte Wright uns mit, dass die beiden Männer bis jetzt noch kein Wort gesagt hatten, aber dass jeder von ihnen eine Beretta dabeigehabt hatte und dass er sich sicher war, dass es sich um Killer handelte. »Viel Spaß«, fügte er dann noch hinzu, und John und ich traten ein.
Sampson fing an: »Ich bin Detective John Sampson. Das ist Dr. Alex Cross. Dr. Cross ist Kriminalpsychologe und unterstützt uns bei der Aufklärung einer Vergewaltigungsserie in Georgetown und Umgebung. Ich selbst bin einer der ermittelnden Detectives.«
Keiner der beiden Männer sagte ein Wort, nicht einmal einen dummen Spruch, um das Eis zu brechen. Sie mussten etwa Anfang dreißig sein, Bodybuilder-Typen, das schmierige Grinsen fest ins Gesicht gemeißelt.
Sampson stellte ihnen noch ein paar Fragen, dann saßen wir den beiden einfach schweigend gegenüber.
Irgendwann klopfte eine Sekretärin an die Tür und trat ein. Sie reichte Sampson ein paar Faxe, die soeben eingetroffen waren.
Er las sie durch und reichte sie mir weiter.
»Ich habe gar nicht gewusst, dass die Mafia in D.C. aktiv ist«, sagte Sampson. »Da hab ich mich wohl getäuscht. Ihr seid beide Mafia-Soldaten. Will mir vielleicht jemand verraten, was da in der Blues Alley los war?«
Keiner wollte. Sie gaben uns keine Antwort und taten so, als wären wir gar nicht da und legten dabei eine ziemlich ärgerliche Selbstgefälligkeit an den Tag.
»Was meinen Sie, Dr. Cross? Ob wir auch ohne deren Hilfe dahinterkommen können?«, wandte sich Sampson an mich.
»Wir könnten es versuchen. Hier steht, dass John ›Digger‹ Antonelli und Joseph ›Blade‹ Lanugello für John Maggione aus New York City arbeiten. Also für John Maggione Junior. Maggione Senior wiederum hat vor einigen Jahren einen Mann namens Michael Sullivan, genannt der Schlachter, mit einem Attentat in Washington beauftragt. Können Sie sich noch daran erinnern, John?«
»In der Tat. Hat einen chinesischen Drogenhändler umgelegt. Ihre Frau Maria wurde zu dieser Zeit ebenfalls ermordet. Mr Sullivan gehört nun auch in unserem aktuellen Fall zum Kreis der Tatverdächtigen.«
»Eben dieser Michael ›der Schlachter‹ Sullivan steht im Verdacht, für eine Vergewaltigungsserie in Georgetown und
mindestens einen damit zusammenhängenden Mord verantwortlich zu sein. War das Sullivan, den Sie da in der Blues Alley in die Zange genommen haben?«, wollte ich von den Mafiakillern wissen.
Kein Wort, von keinem der beiden. Kein Laut. Richtig harte Burschen.
Irgendwann erhob sich Sampson und rieb sich das Kinn. »Ich schätze mal, wir brauchen Digger und Blade nicht mehr. Was sollen wir jetzt mit ihnen machen? Ah, Moment mal, ich habe eine Idee. Das wird Ihnen gefallen, Alex«, sagte Sampson und kicherte vor sich hin.
Er bedeutete den Mafia-Soldaten aufzustehen. »Wir sind fertig. Sie kommen mit mir, meine Herren.«
»Wohin?« Endlich brach Lanugello sein Schweigen. »Wie lautet die Anklage?«
»Gehen wir. Ich habe eine Überraschung für Sie.« Sampson ging vor den beiden her, ich bildete den Schluss. Es schien ihnen nicht zu gefallen, mich in ihrem Rücken zu haben. Vielleicht dachten sie ja, dass ich immer noch wütend war, wegen Maria. Na ja, vielleicht lagen sie damit sogar richtig.
Sampson gab einem wachhabenden Polizisten am Ende des Flurs ein Zeichen, dieser schloss eine Zelle auf. Darin saßen bereits etliche Gefangene, die alle auf ihre Verhandlung vor dem Untersuchungsrichter warteten. Alle bis auf einen waren schwarz. John ging als Erster hinein.
»Sie bleiben vorerst
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