Blood - Ein Alex-Cross-Roman
Steiner war dort.
Und irgendein blonder Kerl. Vermutlich Anfang vierzig, wahrscheinlich der Porschebesitzer.
Viel zu viele Fehler, um alle zu berechnen , dachte er. Ein richtiges Fehlerfestival .
Was er aber jetzt schon berechnen konnte, war, dass sein Honorar in Höhe von fünfundsiebzigtausend Dollar sich soeben verdoppelt hatte, weil er niemals zwei für den Preis von einem machte.
Der Schlachter näherte sich dem Landhaus, in der einen Hand die Pistole, in der anderen seine Werkzeugkiste, er hatte ein gutes Gefühl, was diesen Auftrag, diesen Tag, dieses Leben, das er ganz für sich alleine hatte, betraf.
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Nur Weniges im Leben fühlt sich besser an als das Vertrauen in die Fähigkeit, seine Arbeit gut zu machen. Während Michael Sullivan sich dem Haus näherte, dachte er über die in diesem Satz liegende Wahrheit nach.
Er war sich bewusst, wie viel Land das weiße Haus im Kolonialstil umgab, anderthalb, vielleicht sogar zwei Hektar abgeschiedene Wälder und Felder. Weiter hinten sah er einen Tennisplatz, der aussah wie grüner Sand. Vielleicht Har-Tru, ein Belag, der auch bei den Tennis-Cracks damals in Maryland sehr beliebt gewesen war.
Aber hauptsächlich konzentrierte er sich auf den Auftrag, den er zu erfüllen hatte, auf die beiden Teile des Auftrags.
Töten Sie eine Person namens Melinda Steiner − und ihren Liebhaber, da er definitiv gerade im Weg war.
Lassen Sie sich selbst nicht töten.
Keine Fehler.
Langsam machte er die hölzerne Haustür des Hauses auf. Sie war nicht verschlossen. Das war bei vielen Leuten auf dem Land so, nicht wahr? Fehler . Er war sich ziemlich sicher, dass er im ersten Stock nicht auf besonders viel Widerstand stoßen würde.
Trotzdem, man weiß ja nie, also nicht überheblich, nicht schlampig, nicht überschlau werden, Mikey .
Er konnte sich noch an das Fiasko in Venedig erinnern, an das, was dort passiert war. Das ganze Durcheinander und wie er um ein Haar erwischt worden wäre. Die Cosa Nostra würde mittlerweile überall nach ihm suchen, eines Tages würden sie ihn finden.
Also warum nicht heute? Warum nicht ausgerechnet hier?
Er hatte diesen Auftrag über einen alten Freund bekommen, aber die Mafia hätte sich problemlos an ihn heranmachen und dann ihm, dem Schlachter, eine Falle stellen können.
Aber das glaubte er nicht.
Nicht heute.
Die Haustür war nicht abgeschlossen. Das wäre sie aber gewesen, wenn es sich hier um eine Falle gehandelt hätte, damit sie auch glaubwürdig war.
Das Paar, das er im Schlafzimmer beobachtet hatte, hatte viel zu natürlich ausgesehen, zu sehr im Augenblick verhaftet, und er glaubte nicht, dass irgendjemand − vielleicht mit Ausnahme von ihm selbst − gerissen genug war, um so eine hinterlistige Falle aufzubauen. Dieses Pärchen befand sich da oben im Schlafzimmer und rammelte sich die Seele und die Körperflüssigkeiten aus dem Leib, daran hatte er kaum einen Zweifel.
Als er die Eingangstreppe emporging, konnte er die erfreulichen Begleitgeräusche ihrer Vögelei bis herunter hören. Bettfedern wurden be- und entlastet, das Kopfbrett knallte gegen die Schlafzimmerwand.
Das konnte natürlich auch eine Tonbandaufnahme sein.
Aber der Schlachter glaubte nicht daran, und seine Instinkte waren für gewöhnlich sehr, sehr gut. Sie hatten ihn jedenfalls bis jetzt am Leben gehalten und hatten eine ganze Menge anderer Leute das Leben gekostet.
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Als er im ersten Stock angelangt war, schlug sein Herz schon sehr viel schneller. Das Stöhnen und die Bettgeräusche waren lauter geworden, er musste unwillkürlich lächeln.
Seltsamer Gedanke. Er musste an eine Szene aus dem Film Sideways denken, bei der er damals total ausgeflippt war. Der Kleinere der beiden Hauptfiguren, eigentlich nichts weiter als ein Säufer, musste die Brieftasche des anderen besorgen und dazu in ein Schlafzimmer schleichen, wo ein Pärchen dicklicher Penner wie die Karnickel vor sich hin rammelte. Das war eine ziemlich großartige Szene gewesen − witzig und außerdem vollkommen unerwartet. Genau wie das, was jetzt gleich kommen sollte. Zumindest für ihn.
Also umrundete er eine Ecke, linste in das Schlafzimmer und dachte Überraschung, ihr seid beide tot .
Der Mann und die Frau wirkten beide ziemlich fit. Gut gebaut und athletisch, hübsche, feste Ärsche. Irgendwie sexy als Paar. Ein Lächeln im Gesicht.
Sie schienen einander gernzuhaben, das machte es erst richtig gut. Vielleicht waren sie sogar verliebt. Auf jeden Fall schienen sie Spaß am
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