Blood Empire - SCHLÄCHTER DER NACHT (Folgen 1-6, Komplettausgabe)
der sich Crack nennt und der dich schließlich körperlich zu Grunde richtete. Der Herr hat dich zu sich genommen, aber wäre es nicht gut gewesen, wenn du deine Sünden vor all den Menschen, die dich kannten, noch hättest bereuen können?" Er machte eine kurze Pause. Dann fuhr der Prediger emphatisch fort:
"Der Herr und die Gebete deiner Brüder und Schwestern werden dich retten, Elizabeth! Hallelujah!"
"Amen!", antwortete das Publikum.
Die Gospelmusik im Hintergrund schwoll dramatisch an.
"Der Herr ist wunderbar! Er wird durch meine Hände ein Wunder tun und dir ermöglichen, was eigentlich nicht möglich ist, Elizabeth! Er wird dir für Augenblicke das Leben zurückgeben, damit du deine Sünden bereuen kannst! Es gibt ein paar Menschen in deinem Leben, denen das sehr wichtig ist! Sie haben dafür gesorgt, dass dein Leichnam hier her gelangte -
allen Vorschriften zum Trotz! Aber heißt es nicht: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und gebt Gott, was Gottes ist?" Ein Augenblick der Stille entstand. Der Gospelchor setzte aus.
Moses Jordan deutete auf den Sarg. "Dein Fleisch, Elizabeth, gehört Gott! Und ER wird von den Toten erwecken und wiederauferstehen lassen, wenn es IHM
gefällt!"
Zwei Männer kamen auf die Bühne, nahmen den Sargdeckel ab, trugen ihn von der Bühne. Ein Spotlight leuchtete das Innere aus, so dass man von den erhöhten Plätzen im Auditorium aus die tote Elizabeth Jenkins sehen konnte. Eine bleiche junge Frau mit eingefallenem Gesicht.
"Cool, Mann! Der Typ hat's echt drauf!", meinte Joe Carlito an Chase gewandt.
"Jedenfalls weiß er, wie man die Leute bei der Stange hält!", murmelte Chase.
Jetzt ließ der Prediger die arme Elizabeth sich hinsetzen. Seine Hand auf ihrer Stirn. Der entstehende Schatten sorgte dafür, dass man das Gesicht der jungen Frau nicht sehen konnte. Wenn es sich wirklich um die Leiche einer Crack-süchtigen handelt - um so besser!, ging es Chase durch den Kopf. Aber vielleicht ging der ganze Zauber auch nicht mit rechten Dingen zu.
"Elizabeth! Hörst du mich! Deine Brüder und Schwestern hier im Publikum beten für dich und deiner verdorbenen Seele, der hier und heute und vor aller Öffentlichkeit, im Angesicht Gottes und der Menschen, die einmalige Chance zuteil wird, reinen Tisch zu machen. Reinen Tisch, um guten Gewissens vor den Schöpfer treten zu können, der deine Seele dann wägen wird."
Der Prediger wandte den Kopf in Richtung der Gemeinde. "Betet, Brüder und Schwestern! Fasst euch bei den Händen und betet! Euer Glaube ist es, die die Kraft des Herrn herbeiruft!"
Die Menschen fassten sich bei den Händen.
Chase sah sich befremdet um.
Da waren eiskalte Yuppies aus der Wall Street, für die sonst nur Chartanalysen und Renditen zählten. Hier wurden sie zu gläubigen Kindern und standen neben Leuten, die vielleicht Bauarbeiter oder Kindergärtnerin waren. Alle vereint in dem Glauben, dass Moses Jordan Tote erwecken konnte. Durch die Kraft Gottes. Die Wiederauferstehung des Fleisches.
"Komm, lasst uns gehen", meinte Chase und musste sich dabei Mühe geben, den wieder zum Crescendo anschwellenden Gospel-Chor zu übertönen.
"Hey, Mann! Wieso denn?", maulte Fred Lazarre. "Ich will jetzt sehen, ob die Leiche wirklich redet!"
"Und ich will wissen, wo die Garderobe dieses Moses-Verschnitts da unten ist, damit wir ihn abpassen können!"
"Moment noch!" Auch Joe Carlito war von dem Geschehen auf der Bühne vollkommen fasziniert. "Die Lady da unten ist genauso tot wie wir! Vielleicht sollten wir uns auch mal eine Spezialbehandlung von Mr. Jordan gönnen!"
"Sehr witzig, Joe!"
Von den Leuten in der Sitzreihe vor ihnen ernteten sie ein paar vernichtende Blicke. Wie konnte jemand nur im Angesicht eines Wunders so wenig Andacht zeigen. Sie warteten noch ab, bis die tote Lady ihr Reuebekenntnis abgelegt hatte. Dann verließen sie das Auditorium.
Es war nicht schwer, den Weg zur Garderobe des Star-Predigers zu finden.
Zwei Security Guards bewachten den Weg dort hin.
"Hey, was wollt ihr hier!"
Einer der beiden zog seinen Revolver.
Joe Carlito stürzte sich auf ihn, verpasste ihm einen Schlag, der ihn tödlich getroffen zu Boden gehen ließ.
Fred Lazarre nahm sich den anderen vor und schaltete ihn aus.
"Das war knapp!", meinte Joe. "Wenn der Kerl einen Schuss abgegeben hätte, wär's eng für uns drei geworden."
Chase nickte.
"Scheint so, als könnte man sich immer noch auf euch verlassen!"
"Was hast du denn gedacht!"
"Jetzt seht mal zu, dass ihr
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