Blood in mind (German Edition)
vorwärts.
„Je später der Abend, desto netter die Gäste“, begrüßte sie eine kühle Stimme.
„Bhreac“, hörte Far durch das Rauschen in seinem Schädel Songlian betroffen sagen.
„Ja, mit mir hast du wohl nicht gerechnet. Unser Bruder schickt dir eine Einladung, So-lian.“
Bruder? Far schüttelte die Benommenheit ab und zwang sich ein anschwellendes Auge zu öffnen. Mehrere Vampire hockten um ihn herum, blickten gierig auf das Blut, das ihm über das Gesicht lief, und warteten nur auf eine falsche Bewegung. Fars Herz rutschte eine ganze Etage tiefer. So musste sich eine kleine Maus fühlen, die zwischen den Pranken einer Katze festsaß. Vorsichtig rutschte er näher an Songlian heran, was die Vampire kommentarlos tolerierten. Vor Songlian saß ein Mann, der seinem Partner entfernt ähnelte. Er war ein wenig kleiner und stämmiger als Songlian, hatte langes dunkelbraunes Haar und kastanienfarbene, grausame Augen.
„Eine Einladung nur für mich?“, fragte Songlian mit einem deutlich besorgten Blick in Fars Richtung. Sein Knie berührte wie zufällig Fars Bein. Es half aber nicht wirklich, um ihn zu beruhigen. Bhreac folgte dem Blick seines Bruders und Fars Blut schien nun zu Eis gefrieren. Diese abgrundtief bösen Augen versprachen nichts Gutes. Ungewollt stiegen in Far die Bilder seiner ermordeten Familie empor. Würde sein Anblick genauso schockierend auf den Finder seiner Leiche wirken?
„Mach dir um deinen Partner keine Sorgen, So-lian. Der ist bereits Geschichte“, versprach Bhreac.
Hurra, dachte Far und versuchte erfolglos den Fingern auszuweichen, die Blut von seinem Gesicht wischten. Bhreac leckte sich vielsagend die Finger ab und fuhr dann leise fort: „Ein Vampir und ein Officer der SEED können doch nicht ernsthaft Partner sein, nicht wahr, So-lian?“
Der schwieg und senkte den Blick. Was immer er auch antwortete, sein Bruder würde es zu seinen Ungunsten auslegen. Als Bhreac keine Antwort erhielt, rammte er seine Faust in Songlians Magen. Far zuckte zusammen, als hätte der Hieb ihn getroffen und Songlian stöhnte neben ihm auf.
„Überlege dir schon mal, was du Lorcan sagen willst, mein lieber Bruder. Im Gegensatz zu mir wird er mit dir nicht so freundlich umspringen.“ Mit einem Ruck hielt der Transporter.
„Zwischenstopp.“ Bhreacs Lächeln verhieß nichts Gutes.
„Was hast du vor?“, fragte Songlian bang. Sein Bruder schaute nur boshaft in Fars Richtung.
„Wir entsorgen jetzt Müll.“
„Das kannst du nicht tun, Bhreac“, protestierte Songlian, während Far schon im Genick gepackt wurde. Der Angstschweiß brach ihm aus. Er wollte nicht wie seine Familie zerfetzt werden.
„Bhreac, beim Blut! Das kannst du nicht einfach tun.“
Die Gefangenen wurden stolpernd auf die menschenleere Straße gezerrt, wo Bhreac die Proteste seines Bruders mit einem weiteren Schlag zum Verstummen brachte. Sie befanden sich jetzt auf der High Bridge über dem Harlem River, erkannte Far. Zwei der Vampire stießen ihn wuchtig gegen das Geländer, während Bhreac mit Songlian am Transporter zurückblieb.
„Möchtest du etwas zum Abschied sagen, So-lian?“, erkundigte sich sein Bruder. Songlian zog angstvoll an seinen Fesseln, als die Absicht der Vampire deutlich wurde. Doch der Kabelbinder hielt. Far bekam weiche Knie und riskierte einen Blick in die Tiefe. Der Fluss schien unendlich weit entfernt.
„Nein? Keine rührseligen letzten Worte? Nun, dann guten Flug, Baxter. War nett, dich kennenzulernen. Lucas, wenn ich bitten darf?“
Ehe Far überhaupt reagieren konnte, fiel er schon. Für einen Sekundenbruchteil erhaschte er einen Blick auf Songlians entsetztes Gesicht, dann übernahm sein Körper die Kontrolle. Far versuchte sich in der Luft zu drehen, sodass er mit den Füßen voran in den Fluss tauchte. Dies gelang ihm auch halbwegs, trotzdem trieb ihm der heftige Aufprall die Luft aus den Lungen. Das kalte Wasser ließ seinen Herzschlag für einen Moment stocken, dann zerrte bereits die Strömung an ihm, noch während er in die Tiefe sank. Panisch begann Far mit den Füßen zu strampeln.
Das Klingeln des Handys riss Jonathan aus dem Schlaf. Er tastete mit der Hand über den Nachttisch, fühlte eine Zigarettenpackung, einen Roman und dann das klingelnde Handy. Im Dunkeln nahm er das Gespräch an.
„Hallo?“ Jonathan erhielt keine Antwort, aber er glaubte Geräusche zu hören.
„Hallo?“, fragte er wieder und schaltete das Licht ein, als ob das zu einer besseren
Weitere Kostenlose Bücher