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Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung

Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung

Titel: Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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immer noch rot, und meine Finger krampften immer noch, und ich hatte immer noch keine Antworten. Das zarte Pflänzchen Glaube, das in mir gewachsen war, schrumpelte zusammen und starb ab. Die Blätter fielen ab und trieben davon wie meine irren, unter Sauerstoffmangel leidenden Gedanken und ...
    Gabriel.
    Plötzlich war er da. Nicht der Erzengel selbst, aber der Gedanke an ihn. Er konnte mich retten. Davon war ich felsenfest überzeugt. Und ich wusste, er konnte nicht weit sein. Er konnte kommen. Überall hatte ich ihn gesehen. Im Gesicht des Mannes bei der Kirche. In Madame Parrishs Gesicht. Auf den Seiten des Buchs. Jeden meiner Schritte hatte er überwacht. Er musste doch wissen, dass ich nicht versagt hatte. Ich hatte den Schlüssel gefunden.
    Jetzt musste ich nur noch rechtzeitig zur Brücke und ihn benutzen.
    Weil ich nicht nach ihm rufen konnte, betete ich noch ein bisschen weiter und hoffte, meine Gebete würden auch diesmal erhört.
    »Verstehst du endlich?«
    Ich öffnete die Augen. Da stand er. Direkt hinter dem Laternenmast. Unbehelligt von der Windhose.
    »Verstehst du jetzt?«, wiederholte er.
    Ich verstehe zumindest, dass ich deine Hilfe brauche, schrie ich im Geist. Wenn er den Oris Clef bekommt...
    »Kommst du mit mir? Freiwillig? Kommst du mit zur Brücke?«
    Angst schnürte mir die Kehle zu. Das ist gar nicht notwendig , fing ich an, und als ich sah, wie wütend ihn meine Worte machten, fuhr ich rasch fort: Wir haben den dritten Schlüssel gefunden. Wir können die Pforte schließen. Ich muss nicht brennen. Ich muss nicht ihre Königin werden. Es ist vorbei - jedenfalls bald, wenn du mir hilfst. Bitte, Gabriel, bei allem, was dir heilig ist. Hilf mir!
    Er trat einen Schritt näher und runzelte skeptisch die Stirn, dass ihm seine Kriegstattoos nur so über das Gesicht hüpften. »Den dritten Schlüssel? Sprichst du auch die Wahrheit?«
    Da drüben. Ich deutete auf die Gürtelschlaufe meiner Jeans, durch die ich das Ding gesteckt hatte.
    In seinen Augen braute sich eine Gewitterfront zusammen. Offenbar glaubte er, ich würde ihn verscheißern.
    Verdammt, wenn er mich kriegt, ist für dich ohnehin alles gelaufen, dritter Schlüssel hin oder her. Glaubst du etwa, du könntest mich noch rechtzeitig finden? Mich aus dem Portal ziehen, das Gott weiß wohin führt, und das so rasch, dass ich die Hölle noch daran hindern kann, uns einfach zu überrennen?
    »ES REICHT!«, brüllte Penemue. »Dieses kümmerliche Geschöpf des Himmels kann mich nicht aufhalten.«
    Und um das auch zu beweisen, zog er an mir. Und er zog fest. So fest, dass ich schon fürchtete, meine Arme würden abgerissen.
    »Lily!«, kreischte Rose, aber ich konnte weder den Kopf heben noch ihr antworten. Ich hielt mich fest, das war alles. Aber auch das nützte nicht mehr viel. Denn noch während meine Finger langsam abrutschten, wurde plötzlich der ganze Laternenmast aus dem Boden gewuchtet.
    Ich sauste auf die große Leere zu, und es gab nichts, womit ich ihn hätte aufhalten können.
    »Nein!« Gabriels Stimmte dröhnte durch ganz Boston. So schnell konnte ich gar nicht schalten, da war er schon an mir vorbei. Seine menschliche Gestalt hatte er abgelegt und mit der himmlischen vertauscht. Eine gewaltige drachenähnliche Erscheinung, von oben bis unten mit Silberstaub beschmiert. Gleichermaßen furchterregend und schön. Wie er so an mir vorbeischoss, sah ich ihn nur kurz aus dem Augenwinkel heraus. Den Zusammenprall mit Penemue allerdings konnte ich gut hören.
    Kein Wunder. Der war vermutlich noch in China zu hören.
    Alles um uns herum bebte, die Luft flimmerte, als würde vom Beton große Hitze ausgehen.
    Ich kam frei und landete auf dem Asphalt. Der Druck um meinen Hals ließ nach. Verzweifelt versuchte ich, am Boden Halt zu finden, weil ich immer noch auf den Schlund zuschlitterte.
    Rose wollte mir zu Hilfe eilen, wurde jedoch anderweitig beschäftigt. Ein Dämon griff sie hinterrücks an. Sie drehte sich um die eigene Achse und wehrte seine Schläge ab. Bald war sie vollständig eingekesselt und nicht mehr zu sehen. Ich rief und rief, bekam aber keine Antwort.
    Deacon hatte ich längst aus den Augen verloren.
    Ich versuchte weiter, mich weiter irgendwo festzuhalten und mich umzudrehen, aber es ging nicht. Ich konnte nur den Kopf ein wenig wenden und mehr oder weniger erahnen, welche Schlacht hinter meinem Rücken tobte. Eine Schlacht, die Gebäude einstürzen ließ, die Asphaltdecke aufriss und die Erde in ihren Grundfesten

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