Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
an.
Philip ist ein Heiler. Er ist davon besessen und glaubt, dem Geschenk unseres Blutes wohne die Aufgabe inne, der Menschheit zu helfen. Zumindest der in Boston. Seine Zaubersprüche dienen
fast alle der Heilung von Schmerzen und Fieber, der Erleichterung der Geburt, der Linderung des Todes. Er sehnt sich nach größeren Zauberwerken, nach besseren, um Menschenmengen zu heilen. Aus diesem Grund braucht er so viel Blut, wie er stehlen kann. Doch in seinem Buch stehen auch Zaubersprüche für die Verwandlung von Stein in Gold oder für das Wiederfinden verlorener Gegenstände. Er hat sie angewandt, um seine Macht zu steigern, aber jetzt, da er sich behaglich fühlt, lässt er solche Dinge sein. Im Gegensatz zu mir. Ich übe, mit einem Schnipsen meiner blutigen Finger die Luft in Feuer zu verwandeln, oder Wasser in Eis, nachdem ich es vorher durch ein Zauberwort zum Kochen gebracht habe.
Wer hätte solche Magie in dem Knoten eines Bändchens vermutet? Wer könnte sich vorstellen, mit Weihwasser einen Husten heilen zu können, nur weil ein Tropfen Blut daruntergemischt wurde? Und erst die Steine! Grob und klein und oft auch spitz. Philip hat mir gezeigt, wie ich sie in der Hand halten und ihnen mit Hilfe komplizierter Abfolgen aus Beinahe-Wörtern Magie einhauchen kann. Sie behalten meine Zaubersprüche und bewahren meine Kraft. Wenn ich einen solchen Stein in der Tasche trage oder in meiner Corsage versenke, kribbelt es den ganzen Tag. Ich spüre, wie er im Takt meines Herzens pulsiert.
Ich möchte das nie verlieren.
Wir sind zu allem fähig.
11
Silla
Am Donnerstag habe ich es nicht geschafft, in die Schule zu gehen.
Reese und ich waren bis weit nach Mitternacht auf dem Friedhof, wo wir uns intensiv mit dem Zauberbuch beschäftigt haben. Für seinen ersten eigenen Versuch mit der Magie wählte er den Wiederherstellungszauber , um meine Hand zu heilen. Die Wunde war rosa und pochte noch, aber er hat sie geschlossen. Ein Verband war nicht mehr nötig.
Danach belebten wir hundert welke Blätter wieder und experimentierten mit den Worten und der Menge des Blutes. Wir probierten aus, wie viele Blätter wir gleichzeitig verzaubern konnten. Es war berauschend: Nur ein einziger Blutstropfen war nötig, und wenn wir ihn auf den Salzkreis fallen ließen, konnten wir sie alle zusammen in einem wundervollen Blättermeer ins Leben zurückbringen.
Wir fühlten uns beide lebendiger als in den letzten Monaten. Aufgeregt lachten wir miteinander und warfen die Blätter in die Luft, sodass sie sich zu smaragdgrünem Leben entrollten, während sie noch sanft zur Erde hinabschwebten.
Ich stellte mir vor, wie wir Mom und Dad mit einem geflüsterten Wort wieder lebendig machten.
Doch dann fiel mir der Vogel wieder ein, der in einem Knäuel aus Knochen und Federn vom Himmel gefallen war. Der Zauber dauerte nicht an. Reese glaubte, dass die Energie
unseres Blutes nur dazu ausreichte, Anschub zu geben, jedoch nicht dazu, wirkliches Leben zu erschaffen. Ich denke, es lag daran, dass die Seele des kleinen Spatzen schon lange fort war.
Das gilt auch für Mom und Dad. Auch ihre Seelen sind verschwunden.
Unerreichbar.
Als ich schließlich ins Bett kroch, fiel ich in einen so tiefen Schlaf, dass ich nicht einmal mehr träumte. Auch den Wecker hörte ich nicht. Judy musste ihn ausschalten und mich wachrütteln. Meine Zunge war schwer und geschwollen und meine Stirn klebrig vor Schweiß. Also rief Judy in der Schule an, und ich hatte einen freien Tag, um mich zu erholen und auszuschlafen. Reese ging auch nicht zur Arbeit, obwohl er nicht ganz so geschafft war wie ich. Am Nachmittag schlürften wir Judys Tomatensuppe und redeten im Flüsterton über gewisse Zutaten, die wir online bestellen wollten, und überlegten, welche Zaubersprüche wir am Wochenende ausprobieren könnten. Es war offensichtlich, dass wir uns zwischendurch ausruhen mussten und die Magie mehr Energie kostete, als wir erübrigen konnten. So viel Blut hatte keiner von uns verloren, dass man diese schwere Müdigkeit damit erklären könnte.
Doch ich wünschte, der Tag würde nie zu Ende gehen. Wenn ich Reese dabei zusah, wie er über die Magie sprach, hatte ich das Gefühl, meinen Bruder wiederzuhaben, wie er vor dem Sommer gewesen war. Sein Leben lang hatte Reese gelernt wie ein Schwamm, der alles aufsaugte. Er suchte sich ein Thema aus, etwa Geologie oder Genetik, und las dann drei Wochen lang jedes Buch, das er dazu finden konnte. Normalerweise fand man ihn in seinem
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