Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
runterzudrücken!«
»Wow«, flüsterte ich und wurde gegen meinen Willen grün vor Neid.
Reese nickte und kniete sich hin. Dann drehte er den Kopf, bis er die Krähe fand, die er gerade wieder verlassen hatte und die zuckend im Kreis hüpfte. »Ich weiß nicht, wie ich es dir beschreiben soll. Ich wusste einfach, was die Dinge bedeuteten. Und …« Er schloss die Augen. »Die Farben waren … die Bäume in einer Million Grüntönen, der Himmel … oh, der Himmel. Nicht blau, sondern blau-weiß-silbern-grün-blaublau-blau – dafür gibt es keine Bezeichnung. Wind in meinen Federn, im Stürzen, im Drehen, im Trudeln, und dabei immer zu wissen, was oben los war, wo die Wolken waren, wann es zu hoch war, und meine Flügel – meine Flügel! Meine Muskeln und Knochen erinnerten sich, wie ich mich bewegen musste, mit hochgezogenen Füßen.« Reese schwankte hin und her,
dann schlug er die Augen auf. »Oh Mann, ist mir schwindelig. « Er streckte die Hand nach mir aus und ich packte sie. Er sah aus wie ein kleiner Junge.
»Das klingt irre.« »War es auch. Warte nur, du schaffst das auch. Ich helfe dir.« Er drückte meine Hand. Ich zog ihn aus dem Kreis und legte ihm die Kekstüte in den Schoß.
Nicholas
Als ich auf dem Friedhof ankam, saßen Silla und ihr Bruder da und aßen Kekse. Sie trugen Jeans und Pullover und Blut auf der Stirn. Wie ein gruseliger Klecks, der einen ansonsten idyllischen Schauplatz verschandelte. Bei dem es sich zufällig um einen Friedhof handelte. Gut, es war schon ganz schön gruselig hier.
Ich verlangsamte meinen Schritt, hob die Hand und sagte: »Hi.«
Silla stand gemächlich auf. Sie kniff die Augen zusammen, als hätte sie Kopfschmerzen. »Hey, Nick. Das ist mein Bruder Reese.«
Reese stand ebenfalls auf und streckte die Hand aus. »Hey.«
Als ich ihm die Hand schüttelte, war ich froh, dass er nicht so machomäßig zudrückte, um mir zu zeigen, wer der Stärkere war. »Nett, dich kennenzulernen.« Er war zwar nicht so groß, aber breiter und kräftiger als ich. Doch er stand lässig da wie jemand, der sich seine Statur erarbeitet hatte, statt stundenlang herbe Schlachten gegen Fitnessmaschinen auszutragen.
»Finde ich auch.« Reese lehnte sich mit dem Hintern an den Grabstein und verschränkte die Arme.
Normalerweise hätte ich eine dumme Bemerkung gemacht, etwa, dass er den Grabstein bestimmt auch ohne Hilfe seines Hinterns stemmen konnte, aber ich wollte ihn nicht gleich verärgern. Und Silla schon gar nicht.
»Hast du Hunger?« Sie stand immer noch da und rang die Hände. Ihre linke Hand war mit einem blauen Stofffetzen verbunden.
Ich wollte sie küssen. Seit dem letzten Mal waren ungefähr fünfzehn Stunden vergangen. Ich wollte ihr Gesicht in meine Hände nehmen und sie küssen, bis ich keine Luft mehr bekam. Stattdessen schüttelte ich nur den Kopf. »Nein, danke, ich bin satt.«
»Wir haben uns ausgeruht und was gegessen. Dieser Zauber macht einen ganz schön fertig. Willst du dich setzen?« Silla zeigte auf den Boden und folgte ihrer Geste mit Blicken.
Ich betrachtete den Rand des Salzkreises. Die Kristallstückchen funkelten in der Sonne wie Diamanten. Nichts von dem, was ich gern gesagt hätte, wollte ich auch zu Reese sagen. »Aha. Magisch. Was habt ihr denn heute so gemacht?«
»Reese ist geflogen.«
»Geflogen?« Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, aber er lächelte nur selbstgefällig.
»Der Zauber heißt Besessenheit und Reese hat einer dieser Krähen hier seinen Willen aufgezwungen, bis er in ihrem Körper war. Mit dem er dann geflogen ist«, erklärte Silla.
Links von mir hüpften die Krähen umher, über die Grabsteine und die Rasenflächen, wo einige an den Halmen rupften und sich um Fetzen roter Blätter stritten. »Das kann ich kaum glauben«, sagte ich zu Silla. Das Blut, das auf ihrer Stirn trocknete, war in einem Streifen auf ihre Nase gelaufen. »Das Blut auf euren Gesichtern – gehört das zu dem Zauber? «
Warme Flüssigkeit tropft mir ins Auge. Ich reibe, aber Mom sagt: »Nicky, Schatz, lass das.«
Stirnrunzelnd verdrängte ich diesen Erinnerungsschub. »Das hilft einem dabei, den Geist vom Körper zu trennen. Oder so«, sagte Silla.
»Direkt über deinem Stirnchakra, dem Dritten Auge.« Ja, stimmt, ich versteckte mein Unbehagen mit übertriebenem Bescheuertsein.
Reese sah mich böse an. »Unserem was?«
»Oh, äh, ach, weißt du – die Energiepunkte in deinem Körper, die …« Keiner von beiden nickte. Ich versuchte es noch mal. »In
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