Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
darin, aus dem Hinterhalt anzugreifen, sie wäre auf alles vorbereitet und würde nicht so wie ich in eine simple Falle tappen. Ich würde nur unnötig meine Kraft verschwenden.«
»Also, was ... was hast du stattdessen vor?« Mays Herz flatterte vor Aufregung.
»Das Naheliegendste. Und das einzig Sinnvolle. Ich habe Emilia zu einem Zweikampf herausgefordert. Ich will mich zu einer vereinbarten Zeit an einem bestimmten Ort mit ihr treffen, um die Sache ein für alle Mal zu Ende zu bringen.«
May schluckte. »Du hast was? Warum, Dustin? Wie? Ich verstehe nicht ...«
»Ich habe ihr einen Brief hinterlassen. Im Wald, ganz in der Nähe der Grube, in der ich gefangen war. Sie wird dorthin zurückkehren und ihn lesen, davon bin ich überzeugt. Und ich fühle mich bereit für einen Kampf, May. Für einen richtigen, fairen Kampf. Ich habe mich nie stärker gefühlt, nie gewappneter. Ich weiß nicht, wie ich es dir beschreiben soll, aber gestern Nacht wurde mir plötzlich bewusst, dass etwas mit mir passiert ist. Ich habe mich verändert, May. Sarahs Blut, mein kurzes Menschenleben, das sie mir geschenkt hat, haben etwas in mir zurückgelassen.«
»Und ... was?«
»Es kam mir vor, als ... als würde mich mein Herz nach wie vor lenken und führen, obwohl es nicht mehr in mir schlägt. Es ist wie ... eine innere Stimme, die in mir klingt und mich an mich selbst erinnert. Ich kann mich plötzlich wieder auf mich verlassen. Alles, was ich tue, hat einen Sinn und ist begründet. Verstehst du, was ich meine?«
May reagierte nicht. Dustins Worte verunsicherten sie. Stimmte es, was er sagte, oder gab er sich nur einer Wunschvorstellung hin?
»Ich weiß, May, es hört sich verrückt an, aber ... diese Stimme in mir - sie war so real, keine Einbildung. Und sie wird mir helfen, Emilia zu besiegen. Ich muss diesen Schritt jetzt tun, bevor es wieder stumm wird in mir. Diese Stimme ist mein Trumpf, mein Schutzschild, sie unterscheidet mich von Emilia.«
»Aber Emilia wird sich nicht auf Fairness berufen«, warf May ein. »Sie wird ihre eigenen Waffen einsetzen, Hauptsache, sie gewinnt.«
»Ja, du hast recht. Sie wird versuchen, mich zu täuschen und zu überraschen, aber ... Es wird ihr nicht gelingen, wenn ich mich auf mein Innerstes konzentriere. Dieses Mal nicht. Und du, May ...«, Dustin nahm ihre Hand, »du bist ab jetzt aus der ganzen Sache raus und gerätst durch mich nicht in Gefahr. Das beruhigt mich. Nur Emilia und ich, sonst niemand. Höchstens vielleicht noch Jonathan, falls er -«
»Jonathan?«
Dustin nickte. »Falls Emilia ihm von meiner Einladung berichtet - wovon ich ausgehe -, so werden hoffentlich bei ihm die Alarmglocken läuten und er wird mir im Notfall beistehen. Er glaubt nach wie vor, ich wäre sterblich und Emilia somit weitaus unterlegen. Er wird versuchen, mir zu helfen - um Sarahs willen.«
In May machte sich ein mulmiges Gefühl breit. Dustin wollte sich tatsächlich auf einen Zweikampf mit Emilia einlassen. Er glaubte felsenfest daran, sie besiegen zu können - mithilfe einer inneren Stimme, die ihm Mut machte, und seines ärgsten Konkurrenten. Das klang alles ziemlich unrealistisch. Aber egal wie seine Chancen theoretisch auch standen, Emilia würde Dustins Kampfaufforderung ohnehin nicht erhalten. Das durfte sie nicht. May nahm sich vor, Jonathan noch heute von Dustins Brief zu erzählen. Er sollte ihn sicherheitshalber an sich nehmen, damit er nicht durch einen blöden Zufall doch noch in falsche Hände geriet. Noch war es zu früh für einen derart waghalsigen Schritt. Noch hoffte May auf einen Hinweis von George, der sie weiterbrachte. Denn wenn Dustin Emilia unterlag, gab es keine Hoffnung mehr für ihn und Sarah. Emilia würde zufrieden sein oder zur Ruhe finden, dafür war es schon zu spät. Sie würde sich neue Ziele setzen, Leben um Leben zerstören - so wie damals das von Simon. Und nicht nur das: Jonathan würde an Sarahs Ablehnung zerbrechen und vor Verbitterung und Enttäuschung ebenso rachsüchtig und skrupellos werden wie Emilia. Das Grauen würde niemals enden; es würde wachsen, sich ausbreiten und immer größere und mächtigere Ausmaße annehmen, bis es sich irgendwann über die ganze Menschheit legen würde, um sie und alles, was sie kostbar machte, zu erdrücken und zu vernichten ...
»Darf ich dich etwas fragen, Dustin?«, fragte May leise und blickte Dustin an.
»Klar.«
»Warum hast du dich Emilia bisher nie gestellt? Ich meine, dieser Zweikampf, den du gerade planst
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