Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
»Ich gebe zu, ich war erst ziemlich sauer auf sie, weil sie dich in solche Aufregung versetzt und sich in Angelegenheiten eingemischt hat, die sie eindeutig nichts angehen. May hat noch an ihrer eigenen Vergangenheit zu knabbern, und es tut mir leid, was sie durchmachen musste, aber ... sie sollte ihre Probleme nicht mit den unseren vermischen. Verstehst du, was ich meine, Sarah?«
Sarah zwang sich zu einem Nicken.
»Allerdings ... hat sie sich nach einer längeren Unterredung erstaunlich einsichtig gezeigt«, fuhr Jonathan fort. »Und ich habe im Gegenzug kapiert, dass sie wahrscheinlich nur das Beste für dich wollte. Also habe ich ihr verziehen.« Er lächelte Sarah an. »Sie und ich - wir hatten dieselben guten Absichten. Mach dir keine Sorgen mehr um May, okay? Ihr wird nichts passieren, wenn sie sich ab jetzt so verhält wie abgemacht. Und ebenso wenig dir und mir.« Jonathan beugte sich zu Sarah und nahm ihre Hand. »Wir müssen Emilia einfach nur das Gefühl geben, alles im Griff zu haben, damit sie nicht unruhig wird oder gar ausrastet. Und Dustin ... du musst versuchen, ihn zu vergessen, Sarah. Das ist das Wichtigste, damit du wieder ein ganz normales Leben führen kannst. Nach allem, was geschehen ist, dürfte dir das nicht mehr so schwerfallen. Immerhin sitzt du seinetwegen hier fest, das musst du dir immer vor Augen führen. Aber bald wird er dich nicht mehr manipulieren können, dann bist du wieder frei. Zum Glück ist ja noch nichts verloren.« Jonathan strich ihr über die Wange und Sarah lief ein unangenehmer Schauer über den Rücken. »Ich ... bin anders als er, Sarah. Ich könnte dich gar nicht belügen und ich würde dir auch niemals wehtun, das musst du mir glauben. Sag, Sarah, vertraust du mir? Kannst du dir vorstellen, mit mir ... glücklich zu werden? Bitte ... bitte, gib mir eine Chance.« Sein Gesicht kam ihrem eigenen immer näher. Sie konnte seinen Atem spüren, nahm den Duft seiner Haut wahr. Sarah schluckte und starrte an Jonathan vorbei. Sie wollte ihm ihre Hand entziehen, wollte sich von ihm abwenden, aber ... sie tat es nicht. Er war nach wie vor in sie verliebt, glaubte noch immer daran, dass sie beide ein Paar werden könnten. Das war gut so, egal ob ihr seine Zuneigung und Nähe unangenehm waren. Sie waren ihre einzige Chance, lebend hier herauszukommen. Sie schloss die Augen, um sich zu sammeln. Ich muss mitspielen, beschwor sie sich erneut. Ich brauche Jonathan, alleine schaffe ich es nicht. Ich brauche ihn und seine Illusion von einer gemeinsamen Zukunft. Und ich muss es irgendwie schaffen, May zu kontaktieren. May, May, May ... Sie ist im Moment die Einzige dort draußen, die etwas ausrichten, die Dustin finden und ihn über alles informieren kann. Sie war zuletzt auf unserer Seite, sie weiß inzwischen, dass Dustin keine Bestie ist. Sie wird uns helfen, ich weiß es. May wird das Richtige tun!
Sarah öffnete die Augen und sah Jonathan an. »Ja. Ja, ich vertraue dir, Jonathan. Ich bin froh, dass du bei mir bist. Gemeinsam werden wir es schaffen, hier herauszukommen und dann ... werden wir glücklich werden.« Die Sätze kamen ihr wie eine auswendig gelernte Formel über die Lippen und sie versuchte, einfach nicht über ihren Inhalt nachzudenken. Es waren Worte, einfach nur Worte, die ihr weiterhalfen, ihr möglicherweise sogar das Leben retten konnten. Sie musste es tun, sie musste lügen. Für sich und für ... Dustin.
Jonathan lächelte und zog Sarah an sich. »Ich wusste es. Ich wusste, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Bald haben wir es geschafft und dann brechen endlich andere Zeiten an. Für dich, Sarah, und für mich. Bessere Zeiten. Glücklichere.«
»Ja.«
May sah erneut auf die Uhr. Sie wartete nun schon seit zwei Stunden bei Denny’s, diesem kleinen schmuddeligen Fastfood-Restaurant zwischen Wohnheim und Canyon Forest, auf Jonathan. Außer ihr waren nur zwei weitere Gäste anwesend: ein Pärchen, das keinen Ton von sich gab, sondern sich nur unaufhörlich verliebt in die Augen blickte.
May seufzte. Wo blieb Jonathan nur? Diese Warterei strengte sie an. Sie brauchte dringend ihr Telefon zurück, sonst verloren sie nur kostbare Zeit. Jetzt, wo Jonathan sie ohnehin freigelassen hatte, gab es eigentlich keinen triftigen Grund mehr für ihn, das Handy noch länger zu behalten. Sie musste sich schleunigst darum kümmern.
»Kann ich das schon mitnehmen?« Eine Kaugummi kauende Angestellte zeigte gelangweilt auf den leeren Milchshakebecher auf Mays
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