Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
Vielleicht, weil ich zu glücklich darüber war, dass Emilia auf mein Angebot eingegangen ist. Durch diese unerwartete Antwort wurde ein Funke Hoffnung in meinem Herzen geschürt. Doch nun ist es bereits seit einiger Zeit stumm. Und ich gebe zu, ich war zunächst enttäuscht und verbittert darüber. Ich kam mir missbraucht und erniedrigt vor. Doch mittlerweile fühle ich mich reich und beschenkt. Denn mir ist es als Einzigem auf Erden vergönnt, sie auf ewig zu lieben, ihr bis in alle Zeiten treu zur Seite zu stehen.
Ich bin als Mensch nie viel wert gewesen. Was hätte ich mit meinem kümmerlichen Leben schon anfangen, was hätte ich Großes schaffen und vollbringen können? Emilia war von jeher der Inhalt meines Lebens und der einzige Grund, weshalb ich ihm nicht längst freiwillig ein Ende gesetzt habe. Nun habe ich eine sinnvolle, eine ewige Aufgabe. Ich werde sie beschützen, werde mich für sie aufopfern, wie ich es bisher auch getan habe. Aber, bester George, ich will mich immer an Deine warnenden Worte erinnern, mir selbst treu zu bleiben und nicht unüberlegt mit den Möglichkeiten der Ewigkeit umzugehen. Nur eines habe ich geschworen: Ich werde Emilia dabei helfen, Rache an ihm, an diesem elenden Lügner, diesem Heuchler, zu üben. Dies soll meine Mission sein, denn auch ich hasse ihn, ebenso wie sie es tut. Er hat mich ausgelacht und beleidigt und er hat - was mich am meisten trifft - Emilia unglücklich gemacht. Wie sollte ich ihm das jemals verzeihen?
Bitte, mein lieber Freund, wende Dich auch in Zukunft nicht von mir ab, wenn ich Dich um Rat bitte, sondern offenbare mir die Geheimnisse der Unendlichkeit. Teile Dein Wissen mit mir, damit ich sie nach und nach verstehen lerne - auch für Emilias Wohlergehen. Sie soll nicht noch mehr leiden müssen, sie soll, so gut es möglich ist, glücklich sein. Durch mich an ihrer Seite.
In ewiger Dankbarkeit und Treue
Henry
»May, du wirst es nicht fassen, aber ich habe schon gestern Nacht ihre Fährte aufgenommen. Es ging schneller als erwartet.«
May sah Dustin erschrocken an. »W...wo denn?«, presste sie hervor.
»Im Canyon Forest, nicht weit vom alten Steinbruch entfernt. Wahrscheinlich hat sie vor Wut nur so getobt, nachdem sie mich nicht in der Grube vorgefunden hat. Das, was sie im Wald angerichtet hat, war ... Es war einfach nur schrecklich anzusehen, May. So schrecklich, dass ich es lieber gar nicht beschreiben will. Dieses viele Blut, dieser Geruch von Tod - ich konnte es kaum ertragen.«
Mays Herz klopfte wie wild, doch dann versuchte sie sich zu beruhigen. Immerhin hatte Jonathan ihr mehr oder weniger deutlich zu verstehen gegeben, dass Emilia sich kaum noch im Wald aufhielt.
»Der Canyon Forest und seine Bewohner interessieren Emilia nicht mehr. Sie hat ihr Revier gewechselt und sieht es auf ganz andere Opfer ab.«
May schauderte bei der Erinnerung an Jonathans unheilvolle Worte. Und dennoch: Was immer Dustin gestern Nacht Schreckliches im Wald vorgefunden hatte, sie konnte nur hoffen, dass es tatsächlich Jonathan und niemand anderer gewesen war, der erfolgreich eine falsche Fährte gelegt hatte. Eine Fährte, die im Ausmaß ihrer Grausamkeit nicht zu übertreffen war und deshalb nur auf Emilia schließen ließ.
Wieder saßen sich May und Dustin in der alten Kapelle in der Nähe des Wohnheimes gegenüber. Dustin hatte sie gebeten, ihm bei der Ausarbeitung eines Planes behilflich zu sein, mit dem er Emilia überführen konnte. May betete inständig, dass sie möglichst bald einen Anruf von George erhalten würde. Sie hatte die Nachricht als Eilbrief verschickt, er sollte ihn demnach schon bald erhalten. Falls er überhaupt zu Hause war ... Auf jeden Fall musste sie noch etwas abwarten. Und bis dahin musste sie weiterhin höllisch darauf achten, dass Dustin nichts Unüberlegtes tat.
»Es gibt etwas, das ich dir unbedingt erzählen möchte«, riss Dustin sie aus ihren Gedanken. May sah ihn fragend an. »Es ... wird wohl nicht mehr lange dauern, bis Emilia und ich uns gegenüberstehen«, fuhr er fort. »Ich weiß, wir wollten erst gemeinsam einen Plan entwickeln und in Ruhe darüber nachdenken, wie ich Emilia täuschen und unschädlich machen kann, aber ... weißt du, May, ich habe lange darüber nachgedacht und ich glaube, wir kommen so nicht weiter.«
May sah ihn stirnrunzelnd an. »Was meinst du?«
»Was ich sagen will ... Es dürfte fast unmöglich sein, Emilia mit irgendwelchen heimtückischen Tricks zu schlagen. Sie ist selbst zu geübt
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