Blood Shot
gesagt. Niemals. Nicht einmal zu Pfarrer Stepanek, als ich dich bat -«
Mit einer Handbewegung schnitt er ihr das Wort ab. »Wer hat dir das erzählt, Victoria? Wer hat meine Familie verleumdet?«
»Verleumdung bedeutet, daß man etwas Falsches erzählt«, erwiderte ich frech. »Alles, was Sie gesagt haben, seitdem ich dieses Haus betreten habe, bestätigt, daß es wahr ist.«
»Daß was wahr ist?« fragte er und erholte sich mühsam von diesem Schlag. »Daß der Mädchenname meiner Frau Jurshak ist? Und wenn schon?«
»Wahr ist«, sagte ich, »daß ihr Bruder Art Louisa geschwängert hat. Sie haben mir erzählt, daß er kein sehr willensstarker Mensch war, Martha. Haben ihm noch mehr kleine Mädchen gefallen?«
Sie trocknete sich wieder und wieder die Hände an der Schürze. »Er -er hat mir versprochen, es nie wieder zu tun.«
»Verdammt noch mal, halt den Mund«, brüllte Djiak und sprang vom Stuhl auf, zwängte sich an mir vorbei und schlug seiner Frau ins Gesicht.
Ich stand auf und knallte ihm, ohne zu überlegen, meine Faust ins Gesicht. Er war dreißig Jahre älter als ich, aber immer noch gut bei Kräften. Nur weil er überhaupt nicht mit mir rechnete, traf mein Schlag ihn mit voller Wucht. Er taumelte gegen den Kühlschrank und schüttelte benommen den Kopf. Dann kehrte die Wut zurück, und er ging auf mich los.
Ich war bereit. Als er losstürmte, stellte ich ihm einen Stuhl in den Weg, gegen den er mit seinem ganzen Gewicht krachte, um sodann mitsamt dem Fernsehapparat und dem Bierkrug in einem Durcheinander von Glas und Bier zu Boden zu gehen. Da lag er ausgestreckt unter dem Tisch, der Stuhl auf ihm.
Martha Djiak stöhnte entsetzt auf, ob aus Mitleid mit ihrem armen Mann oder wegen des Saustalls auf dem Küchenboden, wußte ich nicht. Keuchend vor Wut stand ich über Ed, den Revolver in der Hand, bereit damit zuzuschlagen, sollte er versuchen aufzustehen. Er glotzte mich verständnislos an - keine seiner Frauen hatte je zurückgeschlagen.
Plötzlich schrie Mrs. Djiak auf. Ich wandte mich zu ihr um. Sie brachte kein Wort heraus, sondern deutete stumm auf die Flammen, die aus der Rückseite des Fernsehapparats schlugen, wo irgendwie ein Kurzschluß entstanden war. Ich steckte den Revolver wieder in den Hosenbund, riß das Küchentuch aus ihrer Schürzentasche, krabbelte vorsichtig um die Bierlache unter dem Tisch und zog den Stecker aus der Steckdose.
»Soda!« rief ich Mrs. Djiak zu.
Das half ihr, die Fassung wiederzugewinnen. Ich sah, daß ihre Füße sich auf einen Schrank zubewegten. Sie bückte sich und reichte mir über den Körper ihres Mannes hinweg eine Schachtel, deren Inhalt ich auf die blauen Flammen schüttete, worauf das Feuer erlosch.
Mr. Djiak befreite sich langsam von Stuhl und Glassplittern. Einen Augenblick lang blieb er stehen und betrachtete den kaputten Fernsehapparat und die nassen Flecken auf seiner Hose. Dann verließ er, ohne etwas zu sagen, den Raum. Ich hörte seine schweren Schritte den Gang entlang bis zur Haustür, und dann wurde die Haustür zugeschlagen.
Martha Djiak zitterte. Ich führte sie zu einem Küchenstuhl und ließ sie sich setzen. Als nächstes stellte ich Wasser auf und suchte die Schränke nach Tee ab. Sie sah mir schweigend zu. Als ich die Teebeutel ordentlich aufgereiht in einer Blechdose gefunden hatte, machte ich ihr eine Tasse, in den ich Zucker und Milch tat. Gehorsam trank sie ihn in großen Schlucken.
»Glauben Sie, daß Sie jetzt mit mir über Louisa reden können?« fragte ich sie, als sie eine zweite Tasse ablehnte.
»Wie hast du es herausgefunden?« Ihre Augen waren erloschen, ihre Stimme war kaum hörbar.
»Der Sohn Ihres Bruders hat mich heute nachmittag besucht. Jedesmal, wenn ich ihn sah, kam er mir irgendwie bekannt vor, aber das erklärte ich mir mit den Fernsehauftritten und Plakaten seines Vaters. Aber heute war Caroline da. Wir stritten uns gerade, als Art junior aufgeregt und mit hochrotem Kopf auftauchte. Und da fiel mir plötzlich auf, wie ähnlich er Caroline sieht. Sie könnten Zwillinge sein. Vorher habe ich die Verbindung zwischen ihnen nie hergestellt, weil ich in einer ganz anderen Richtung gesucht habe. Natürlich gibt es Unterschiede. Er mit dieser nahezu überirdischen Schönheit, und sie immer so derangiert. Erst als sie beide gleichzeitig außer sich waren, bemerkte ich die Ähnlichkeit.«
Sie hörte meiner Erklärung mit schmerzverzerrtem Gesicht zu - als ob ich Lateinisch redete. Da sie nichts entgegnete,
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