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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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half ich ein bißchen nach. »Warum haben Sie Louisa aus dem Haus geworfen, als sie schwanger war?«
    Sie sah mich mit einer Mischung aus Angst und Ekel im Blick an. »Sie im Haus behalten? Damit alle Welt von ihrer Schande erfuhr?«
    »Es war nicht ihre Schande. Es war Arts Schande, die Schande Ihres Bruders. Wie können Sie das verwechseln?«
    »Es wäre nie - nie soweit gekommen, wenn sie ihn nicht verführt hätte. Sie wußte, wie sehr er es mochte, wenn sie für ihn tanzte und ihn küßte. Er war - schwach. Sie hätte sich von ihm fernhalten sollen.«
    Meine Übelkeit war so stark, daß ich meine ganze Willenskraft aufwenden mußte, um sie nicht zu packen und zu dem Dreckhaufen zu werfen, der unter dem Tisch lag. »Wenn Sie wußten, daß er eine Schwäche für kleine Mädchen hatte, warum, zum Teufel, haben Sie ihn dann in ihre Nähe gelassen?«
    »Er - er sagte, er würde es nicht wieder tun. Als ich ihn erwischt habe, wie er mit Connie - spielte, als sie fünf war, habe ich ihm gesagt, ich würde es Ed erzählen, wenn er es jemals wieder tun würde. Da hat er es mir versprochen. Er hatte Angst vor Ed. Aber Louisa war zuviel für ihn, sie war so gemein, und sie hat ihn verführt. Als wir merkten, daß sie ein Kind bekam, erzählte sie uns, wer der Vater war, und Art erklärte uns, daß sie ihn verführt hatte.«
    »Also haben Sie sie rausgeworfen. Wenn Gabriella nicht gewesen wäre, weiß Gott, was dann aus ihr geworden wäre. Sie beide - Sie sind wirklich ein Paar scheinheiliger, selbstgerechter Widerlinge.«
    Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper. Sie verstand nicht, wie man über das so folgerichtige elterliche Verhalten erzürnt sein konnte, aber sie hatte gesehen, wie ich mit ihrem Mann umgesprungen war, und deshalb riskierte sie nichts.
    »War Art damals schon verheiratet?« wollte ich wissen.
    »Nein. Wir sagten ihm, daß er sich eine Frau suchen und eine Familie gründen soll, oder wir müßten Pfarrer Stepanek alles über Louisa erzählen. Wir versprachen ihm, nichts zu sagen, wenn sie fortging und er eine Familie gründete.«
    Ich wußte nicht, was ich darauf noch erwidern sollte. Ich konnte nur an die sechzehnjährige, auf sich allein gestellte Louisa denken, an die heiligen Frauen von St. Wenzeslaus, die vor ihrer Tür paradierten. Und an Gabriella, die auf ihrem weißen Pferd angeritten kam, um sie zu retten. All die alten Schmähungen der Djiaks, weil Gabriella Jüdin gewesen war, stiegen in mir hoch.
    »Wie können Sie sich Christen nennen? Meine Mutter war tausendmal christlicher als Sie. Sie ist nicht rumgelaufen und hat irgendwelche beschissenen Scheinheiligkeiten gesabbert. Sie hat Nächstenliebe wirklich gelebt. Aber Sie und Ed, Sie haben zugelassen, daß Ihr Bruder Louisa verführte, und haben ihr dann die Schuld daran gegeben. Wenn es wirklich einen Gott gäbe, würde er Sie vernichten, weil Sie es in Ihrer Selbstgerechtigkeit wagen, vor seinen Altar zu treten. Wenn es einen Gott gibt, dann möge er verhindern, daß ich je wieder in Ihre Nähe kommen muß.«
    Ich sprang auf, in meinen Augen brannten heiße Tränen der Wut. Sie zuckte auf ihrem Stuhl zusammen.
    »Ich werde Sie nicht schlagen«, sagte ich. »Es würde keinem von uns etwas nützen.«
    Noch bevor ich den Flur erreicht hatte, war sie schon auf allen vieren und sammelte die Glassplitter vom Boden.

34
    Bankgeheimnis
    Ich wankte zum Auto, meine Kehle war zugeschnürt, im Mund hatte ich den Geschmack von Galle. Alles, was ich wollte, war, zu Lotty zu fahren, sofort, auf der Stelle, ohne meine Zahnbürste zu holen oder die Unterwäsche zu wechseln. Ich hatte Glück und schaffte es. Unterwegs brachte mich eine lautstarke Hupe kurzzeitig zur Besinnung. Durch den Jackson Park ging es etwas glatter, trotzdem gelang es mir nur mit Mühe, einem Fahrradfahrer auszuweichen, der die Straße überquerte. Auch danach fuhr ich noch mit einer Geschwindigkeit von siebzig Meilen in der Stunde.
    In Lottys Wohnzimmer saß Max und trankt Cognac. Ich lächelte ihn schief an. Mir fiel ein, daß die beiden in einem Konzert gewesen waren, und ich fragte sie, wie es ihnen gefallen habe.
    »Großartig. Das Cellini-Quintett. Wir kennen die Musiker aus unserer Londoner Zeit gleich nach dem Krieg.« Er erinnerte Lotty an einen Abend in der Wigmore Hall, als der Strom ausgefallen war und die beiden mit Taschenlampen die Notenblätter angeleuchtet hatten, damit ihre Freunde weiterspielen konnten.
    Lotty lachte und wollte eine eigene Erinnerung hinzufügen,

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