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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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nennen?«
    Ich reichte ihr eine Karte, und sie wandte sich den Telefonen zu. Nach einer Weile drehte sie sich mit einem bedauernden Lächeln auf den Lippen wieder um. »Sie stehen nicht in seinem Terminkalender, Miss Warshawski. Erwartet Sie Mr. Humboldt?«
    »Ja. Er hat mir in der ganzen Stadt Nachrichten hinterlassen. Aber erst jetzt habe ich Gelegenheit, mich bei ihm zu melden.«
    Wieder telefonierte sie. Dann bat sie mich, Platz zu nehmen. Ich setzte mich in einen viel zu weich gepolsterten Sessel und blätterte nachdenklich in dem Jahresbericht, der auf einem Tischchen daneben lag. Humboldts brasilianische Unternehmungen waren im letzten Jahr erstaunlich erfolgreich gewesen, sie erwirtschafteten sechzig Prozent der ausländischen Profite. Die Investition von einer halben Milliarde Dollar in ein Amazonas-Projekt warf ansehnliche Dividende ab. Ich fragte mich, wieviel man investieren müsse, bis der Amazonas aussah wie der Calumet.
    Als ich bei der Aufschlüsselung der Profite nach Produkten angelangt war - ich verspürte eine Art von Stolz auf das gute Abschneiden von Xerxin -, rief mich die polierte Empfangsdame. Mr. Redwick würde mich empfangen. Ich folgte ihr zur dritten Tür in einem Flur hinter ihrem Schreibtisch; sie klopfte und öffnete die Tür und kehrte in ihr Büro zurück.
    Mr. Redwick stand hinter seinem Schreibtisch auf und streckte mir eine Hand entgegen. Er war ein großer, gepflegter Mann, ungefähr so alt wie ich, mit distanziert blickenden grauen Augen. Während wir uns die Hände schüttelten und uns vorstellten, musterte er mich, ohne zu lächeln, und deutete anschließend auf ein kleines Sofa an der Wand. »Wenn ich richtig verstehe, glauben Sie, daß Mr. Humboldt Sie zu sprechen wünscht.«
    »Ich weiß, daß Mr. Humboldt mich sprechen will«, korrigierte ich ihn. »Sie würden mich nicht empfangen, wenn dem nicht so wäre.«
    »Worüber, glauben Sie, will er mit Ihnen sprechen?« Er preßte die Fingerspitzen zusammen.
    »Er hat mir zweimal eine Nachricht hinterlassen. Eine in der Versicherungsagentur von Art Jurshak, die andere in der Ironworkers-Bank in South Chicago. Beide Male war es sehr dringend. Deswegen bin ich persönlich hergekommen.«
    »Erzählen Sie mir doch bitte, was er Ihnen hat ausrichten lassen. Dann kann ich abschätzen, ob er selbst mit Ihnen sprechen muß oder ob ich die Angelegenheit erledigen kann.«
    Ich lächelte. »Entweder zieht Mr. Humboldt Sie absolut ins Vertrauen, dann wissen Sie, was er mir hinterlassen hat, oder er zieht Sie nicht ins Vertrauen, dann würde er es sicher vorziehen, daß Sie nichts darüber erfahren.«
    Die grauen Augen blickten eiskalt. »Sie können selbstverständlich davon ausgehen, daß er mir voll vertraut. Ich bin sein persönlicher Assistent.«
    Ich gähnte und stand auf, um mir einen Druck an der Wand gegenüber dem Sofa anzusehen. Es war eine Nast-Karikatur des Öl-Trusts, und, soweit mein ungeschultes Auge es beurteilen konnte, ein Original.
    »Wenn Sie mit mir nicht sprechen wollen, werden Sie gehen müssen«, sagte Redwick kalt.
    Ich drehte mich nicht um. »Warum fragen Sie nicht mal bei Ihrem Boß nach? Erzählen Sie ihm, daß ich hier bin und allmählich ungeduldig werde.«
    »Er weiß, daß Sie hier sind, und hat mich gebeten, mit Ihnen zu sprechen.«
    »Wie schwierig die Lage ist, wenn zwei willensstarke Menschen einfach nicht übereinstimmen«, sagte ich bedauernd und verließ das Zimmer.
    Ich hastete den Gang entlang, öffnete jede Tür, an der ich vorbeikam, und schreckte eine Reihe hart arbeitender Assistenten auf. Die Tür am Ende des Flurs führte in den Schlupfwinkel des großen Mannes. Als ich eintrat, blickte eine Sekretärin, vermutlich Miss Hollingsworth, überrascht auf. Bevor sie protestieren konnte, war ich in das innere Reich vorgedrungen. Redwick folgte mir auf den Fersen, versuchte mich am Arm zu fassen.
    Inmitten antiker Büromöbel saß Gustav Humboldt, eine geschlossene Aktenmappe auf den Knien. Er sah an mir vorbei zu seinem persönlichen Assistenten.
    »Redwick. Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt. Ich will diese Frau nicht sehen. Sind Sie zu dem Schluß gelangt, daß meine Anweisungen keine Gültigkeit mehr besitzen?«
    Beträchtlich aus dem Gleichgewicht gebracht, setzte Redwick zu einer Erklärung an.
    »Er hat wirklich sein Bestes getan«, sprang ich ihm hilfreich zur Seite. »Aber ich wußte, daß es Ihnen tief im Herzen auf ewig leid tun würde, wenn Sie nicht selbst mit mir sprechen.

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