Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
noch ändert.«
    Ich schüttelte erschöpft den Kopf, mir war kotzübel. Übel von dem Gestank in der Halle, von der Niedertracht der drei Männer, von meiner eigenen zerstörerischen Wut. Mein Mageninhalt bahnte sich einen Weg nach oben; ich lief hinter einen Bottich, um mich zu übergeben. Anschließend wischte ich mir das Gesicht mit einem Taschentuch trocken und kehrte zu Miss Chigwell zurück. Die Kugel hatte ihren Oberarm gestreift und eine blutige Furche versengten Fleisches, aber keine tiefe Wunde hinterlassen. Ich fühlte mich etwas erleichtert.
    »Wir müssen in ein Büro, irgendwohin, wo wir uns verbarrikadieren können, und die Polizei rufen. Es sind mindestens noch drei Männer draußen, und mit denen werden wir beide heute nacht nicht mehr fertig. Wir müssen uns beeilen. Sie werden bald nach Dresberg suchen. Halten Sie noch eine Weile durch?«
    Sie nickte tapfer und half mir, ihren Bruder dazu zu bringen, uns in sein altes Büro zu führen. Ich schob Louisas Trage. Sie lebte noch, atmete keuchend in kurzen, flachen Zügen. Als wir da waren, bugsierte ich Louisa in ein kleines Untersuchungszimmer. Dann schob ich mit meinen letzten Kräften den schweren Metallschreibtisch vor die Tür. Mit dem Telefon setzte ich mich auf den Boden.
    »Bobby? Ich bin's. Tut mir leid, daß ich dich geweckt habe, aber ich brauche deine Hilfe. Und zwar schnell.« Ich erklärte ihm, was passiert war. Es dauerte eine Zeitlang, bis er endlich begriff, und selbst dann war er noch skeptisch.
    »Bobby!« Meine Stimme brach. »Du mußt kommen. Hier ist eine alte Frau, die angeschossen worden ist, und Louisa Djiak, der sie irgendein grauenhaftes Mittel verpaßt haben, und draußen treiben sich noch drei Männer rum. Ich brauche dich.« Er ließ sich noch kurz den Weg beschreiben und legte auf, bevor ich ein weiteres Wort sagen konnte.
    Einen Augenblick saß ich da, den Kopf in den Händen vergraben, und wollte nichts weiter, als mich hinlegen und hemmungslos heulen. Statt dessen zwang ich mich aufzustehen und den Revolver nachzuladen. Chigwell verband den Arm seiner Schwester. Ich beobachtete Louisa. Ihre Lider flatterten.
    »Gabriella?« sagte sie krächzend. »Gabriella, ich wußte, daß du mich nicht im Stich lassen würdest.«

39
    Aufräumarbeiten
    Louisa schlief wieder ein, während ich ihre Hand hielt. Als sich ihr schwacher Griff lockerte, wandte ich mich an Chigwell und fragte grimmig, was er ihr gegeben habe.
    »Nur - ein Sedativ«, sagte er und leckte sich nervös die Lippen. »Nur Morphium. Sie wird morgen viel schlafen. Das ist alles.«
    Vom Schreibtisch aus warf ihm Miss Chigwell einen Blick glühender Verachtung zu, aber sie war zu erschöpft, um ihre Empfindungen in Worte zu fassen. Ich bezog für sie eine Liege im Untersuchungszimmer, aber sie stammte aus einer Generation, die es unschicklich fand, sich in der Öffentlichkeit auszuruhen. Statt dessen blieb sie aufrecht auf dem alten Bürostuhl sitzen, während ihr die Augen immer wieder zufielen.
    Die Erschöpfung in Kombination mit dem angespannten Warten trieb mich in eine schlimme Stimmung nervöser Gereiztheit. Ich kontrollierte meine Barrikade, wanderte wieder in das Nebenzimmer, um Louisas keuchenden Atem zu überprüfen, und zurück ins Büro, um einen Blick auf Miss Chigwell zu werfen. Schließlich wandte ich mich an den Doktor, konzentrierte meine fiebrige Energie darauf, ihm seine Geschichte zu entlocken. Es war eine kurze, nicht gerade erbauliche Geschichte. Er hatte bei Xerxes so lange und so viele Blutuntersuchungen gemacht, daß er darüber ein kleines, unbedeutendes Detail vergessen hatte: daß er die Leute nie davon in Kenntnis gesetzt hatte, daß sie krank werden könnten. Als ich auftauchte und nach Pankowski und Ferraro fragte, wurde ihm mulmig zumute. Und als auch noch Murrays Reporter aufkreuzten, versetzte ihn das nachgerade in Angst und Schrecken. Was, wenn die Wahrheit herauskäme? Das würde nicht nur bedeuten, daß er wegen Vernachlässigung der beruflichen Sorgfaltspflicht verklagt würde, sondern ihn auch den unerbittlichen Demütigungen seiner Schwester ausliefern. Sie hatte ihn immer spüren lassen, daß er den Maßstäben seines Vaters nicht gerecht wurde. Einzig und allein deswegen konnte ich etwas Mitleid für ihn abzweigen - Clios rigide moralische Standards mußten wahrhaft eine Hölle sein.
    Als sein Selbstmordversuch fehlschlug, wußte er nicht, was tun. Da rief ihn Jurshak an - Chigwell kannte ihn aus seinen Jahren bei Xerxes.

Weitere Kostenlose Bücher