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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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waren noch andere Horrorvorstellungen verantwortlich für den grauen Schatten um seinen Mund, aber ich glaubte es nicht - er besaß nicht genug Phantasie, um ermessen zu können, was er als Xerxes-Werksarzt wirklich verbrochen hatte. Von seiner Schwester, die ihn immer beschützt hatte, mit einem Fußtritt in die Kälte gejagt zu werden, war möglicherweise Strafe genug. Vielleicht traf ihn das mehr, als alles, was ich ihm antun konnte.
    Erschöpft ging ich ins Untersuchungszimmer, um nach Louisa zu sehen. Sie atmete unverändert flach, und ab und zu murmelte sie im Schlaf etwas über Caroline, das ich nicht verstand.
    In diesem Augenblick begann die Schießerei. Ich sah auf meine Uhr: Es waren knapp vierzig Minuten vergangen, seitdem ich Bobby benachrichtigt hatte. Es mußte die Polizei sein. Hoffentlich. Ich zwang meine müden Schultern zu einer letzten Anstrengung und zog den Schreibtisch von der Tür weg. Den Chigwells sagte ich, sie sollten sich nicht von der Stelle rühren, dann schaltete ich das Licht aus und kroch zurück in die Werkshalle. Nach weiteren fünf Minuten wimmelte es dort von Polizisten. Ich verließ meine Deckung hinter einem Bottich, um mit ihnen zu sprechen.
    Es dauerte eine Weile, bis ich alles erklärt hatte - wer ich war, warum ein Stadtrat in einer Blutlache neben Steve Dresberg am Boden lag, was Louisa Djiak und die Chigwells hier zu suchen hatten. Als gegen drei Uhr Bobby auftauchte, ging die Sache schneller. Er hörte sich meine Bedenken wegen Louisa genau dreißig Sekunden an und rief dann eine Ambulanz der Feuerwehr, die sie ins katholische Krankenhaus brachte. Ein anderer Krankenwagen hatte bereits Jurshak und Dresberg ins Bezirkskrankenhaus geschafft. Beide lebten noch, ihre Zukunft allerdings war ungewiß.
    In dem allgemeinen Durcheinander fand ich eine Minute, um Lotty anzurufen und ihr in groben Zügen das Vorgefallene zu schildern. Ich bat sie, nicht auf mich zu warten, hoffte aber, daß sie es doch tun würde. Als die Bundespolizei eintraf, wurde ein Wagen abgestellt, um die Chigwells nach Hause zu bringen. Miss Chigwell sollte zur Beobachtung in ein Krankenhaus, was sie aber unnachgiebig ablehnte.
    Bevor Bobby aufgetaucht war, hatte ich allen erzählt, daß Jurshak Chigwell mit der Geschichte in die Fabrik gelockt habe, daß dort irgendwo ein halbtoter Arbeiter liege. Miss Chigwell habe ihren Bruder mitten in der Nacht nicht allein gehen lassen wollen, und so seien die beiden in die Schießerei geraten. Bobby musterte mich aus zusammengekniffenen Augen, gab sich jedoch geschlagen, als er weder vom Doktor noch von seiner Schwester anders lautende Informationen erhielt.
    Als er ging, blieb ich müde gegen einen Pfeiler gelehnt auf dem Boden sitzen. Mir schwindelte vom Blitzen der Uniformknöpfe und des vielen Stahls in der Halle; ich schloß die Augen, konnte aber den Lärm und den dumpfen Geruch nach Xerxin nicht ausblenden. Wie würden nach dieser Nacht meine Kreatinwerte aussehen? Ich stellte mir die Risse in meinen Nieren vor, schwarze Löcher, durch die Xerxin sickerte. Jemand schüttelte mich grob. Ich öffnete die Augen. Sergeant McGonnigal stand über mir, auf seinem Gesicht zeichnete sich Besorgnis ab. »Kommen Sie mit ins Freie - Sie brauchen frische Luft, Vic.«
    Er half mir auf die Beine, und dann stolperte ich hinter ihm her auf den Verladekai. Die Polizisten hatten die Stahltore, die zum Fluß hinaus führten, aufgeschoben. Der Nebel hatte sich gelichtet, Sterne glänzten als kleine gelbe Flecken am verschmutzten Himmel. Die Luft roch auch hier stechend nach Chemikalien, aber dank der Kälte war der Gestank erträglicher als in der Fabrik. Ich blickte aufs Wasser, das schwarz im Mondlicht schimmerte. Mich fröstelte.
    »Sie haben eine ziemlich harte Nacht hinter sich.«
    In McGonnigals Stimme schwang genau das richtige Maß an Besorgnis mit. Ich vermied es, mir vorzustellen, wie er in einem Seminar gelernt hatte, mit schwierigen Zeugen richtig umzugehen. Vielmehr versuchte ich, daran zu glauben, daß er mich wirklich bemitleidete für das, was ich hatte durchstehen müssen. Schließlich kannten wir uns seit sechs oder sieben Jahren.
    »Es war etwas anstrengend«, gab ich zu.
    »Wollen Sie mit mir darüber sprechen oder warten, bis der Lieutenant Zeit hat?«
    Doch der Seminarton. Meine Schultern sackten noch weiter nach unten. »Wenn ich mit Ihnen spreche, muß ich dann Mallory noch mal alles wiederholen? Es ist keine Geschichte, die ich öfter als einmal zum besten

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