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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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nicht interessieren.«
    Meine Bewunderung für sie wuchs, aber ich wußte nicht, wie ich sie ausdrücken sollte, ohne daß es klang wie von oben herab. So folgte ich ihr wortlos ins Haus. Wir kamen durch einen Flur, der an die Garage grenzt. Dort lehnte ein Dingi neben der offenen Tür, gegenüber standen Gartengeräte in Reih und Glied.
    Miss Chigwell führte mich ins Wohnzimmer. Es war nicht sehr groß, aber mit angenehmen Proportionen und chintzbezogenen Möbeln um einen Kamin aus rosa Marmor. Während sie ihren Bruder holte, schlenderte ich herum. Eine hübsche alte Uhr mit einem Zifferblatt aus Emaille stand in der Mitte des Kaminsimses, umrahmt von Porzellanfiguren, Schäferinnen und Lautenspieler. In einer Ecke die Familienfotos. Eins davon zeigte ein kleines Mädchen in einem gestärkten Matrosenanzug stolz neben seinem Vater vor einem Segelboot.
    Bruder und Schwester hatten sich offenbar gestritten. Ich sah, daß Mr. Chigwells Wangen gerötet und seine Lippen verkrampft waren. Miss Chigwell wollte mich vorstellen, aber er fiel ihr scharf ins Wort. »Ich brauch' kein Kindermädchen, Clio. Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen.«
    »Das hoffe ich für dich«, sagte sie voller Bitterkeit. »Wenn du irgendwelchen Ärger mit dem Gesetz hast, möchte ich wissen, worum es geht, jetzt und nicht im nächsten Monat oder wann immer du den Mut aufbringst, es mir zu sagen.«
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich scheine unabsichtlich ein Mißverständnis in die Welt gesetzt zu haben. Es gibt meines Wissens keinen Ärger mit dem Gesetz, Miss Chigwell. Ich brauche lediglich ein paar Informationen über Leute, die bei Xerxes in South Chicago gearbeitet haben.« Ich wandte mich an ihren Bruder. »Mein Name ist Warshawski, Dr. Chigwell. Ich bin Rechtsanwältin und Privatdetektivin. In der Folge eines inzwischen beigelegten Rechtsstreits bin ich beauftragt, Joey Pankowski Geld zu überbringen.« Da er meine ausgestreckte Hand ignorierte, sah ich mich um und setzte mich in einen bequemen Lehnstuhl. Dr. Chigwell blieb stocksteif stehen. Jetzt sah ich die Ähnlichkeit zwischen den Geschwistern.
    »Joey Pankowski hat bei Xerxes gearbeitet«, fuhr ich fort, »1985 ist er verstorben. Es könnte sein, daß er der Vater des Kindes von Louisa Djiak ist, die ebenfalls dort arbeitete. Dieses Kind hat ein Anrecht auf einen Teil der Summe, aber Mrs. Djiak ist sehr krank und geistig verwirrt - wir bekommen von ihr keine klare Auskunft, wer der Vater des Kindes ist.«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen, junge Frau. Ich erinnere mich an keine der von Ihnen erwähnten Personen.«
    »Soweit ich weiß, haben Sie während einiger Jahre allen Angestellten regelmäßig Blut abgenommen und die Krankengeschichten aufgezeichnet. Wenn Sie noch einmal einen Blick in Ihre Akten werfen könnten, würden Sie vielleicht -«
    Er unterbrach mich so vehement, daß ich völlig baff war. »Ich weiß nicht, mit wem Sie gesprochen haben, aber das ist eine Lüge. Ich werde nicht zulassen, daß man mich in meinem eigenen Haus schikaniert und belästigt. Sie verschwinden jetzt sofort, oder ich rufe die Polizei. Und wenn Sie beim Gericht angestellt sind, dann können Sie das dem Gefängniswärter erklären.« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und marschierte aus dem Zimmer.
    Clio Chigwell sah ihm nach, ihr Ausdruck finsterer als je zuvor. »Sie werden gehen müssen.«
    »Er hat diese Untersuchungen gemacht«, sagte ich. »Warum regt er sich so auf?«
    »Ich weiß nichts darüber. Aber Sie können nicht erwarten, daß er sich über seine Schweigepflicht hinwegsetzt. Wenn Sie nicht der Polizei begegnen wollen, gehen Sie jetzt besser.«
    Ich stand so nonchalant auf wie unter den Umständen möglich. »Sie haben meine Karte«, sagte ich an der Tür zu ihr. »Wenn Ihnen etwas einfällt, rufen Sie mich an.«

9
    Die oberen Zehntausend
    Es hatte begonnen zu nieseln. Ich saß im Auto, starrte auf die Windschutzscheibe, beobachtete, wie der Regen Spuren auf dem schmutzigen Glas zog. Nach einer Weile ließ ich den Wagen an in der Hoffnung, dem lauten Motor ein wenig Wärme abzuringen. Hatte der Name Pankowski oder Louisa Chigwell so aus der Fassung gebracht? Oder war ich es gewesen? Hatte Joiner angerufen und ihm geraten, sich vor polnischen Detektiven in acht zu nehmen? Nein, bestimmt nicht, denn in diesem Fall hätte Chigwell mich überhaupt nicht angehört. Und außerdem konnte Joiner Chigwell gar nicht kennen. Der Arzt war fast achtzig; er mußte schon

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