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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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mich, zum Abendessen vorbeizukommen, wenn ich mal in der Gegend sei. »Nancy hat sich am South Shore Drive ein Haus gekauft. Einen dieser alten, riesigen, halb verfallenen Kästen, den sie jetzt selbst renoviert. Etwas groß für eine alleinstehende Frau, aber sie mag es eben so.« Sie gab mir ihre Nummer und verabschiedete sich mit wiederholten Einladungen zum Abendessen.
    Nancy war nicht zu Hause. Ich gab's auf; wenn sie mich so dringend sprechen wollte, würde sie sich wieder melden.
    Es war fast fünf - ich quälte mich zufrieden mit den Synkopen von In dem Schatten meiner Locken ab -, als das Telefon klingelte. Widerstrebend löste ich die Hände von den Tasten, und als ich abgenommen hatte, steigerte sich mein Unwille: Es war Caroline.
    »Vic, ich muß mit dir sprechen.«
    »Schieß los«, sagte ich resigniert.
    »Persönlich, meine ich.« Ihre rauhe Stimme klang drängend, aber das tat sie immer.
    »Wenn du zu mir kommen willst, von Herzen gern. Aber ich werde heute nicht mehr nach South Chicago fahren.«
    »Oh, verdammt, Vic. Kannst du nicht einmal mit mir reden, ohne gleich hundsgemein zu werden?«
    »Geschenkt, Caroline. Wenn du mit mir sprechen willst, dann schieß los. Wenn nicht, dann werde ich mich jetzt wieder der Beschäftigung widmen, bei der du mich gestört hast.«
    Sie schwieg, und ich konnte mir vorstellen, wie es in ihren enzianblauen Augen glomm. Dann sagte sie so schnell, daß ich sie fast nicht verstanden hätte: »Ich will, daß du aufhörst.«
    Einen Augenblick war ich verwirrt. »Caroline, wenn du dir nur einmal vorstellen könntest, wie sehr es mich auf die Palme bringt, wenn du mit mir Katz und Maus spielst, dann würdest du vielleicht verstehen, warum ich mich dir gegenüber hundsgemein verhalte.«
    »Das meine ich nicht«, sagte sie ungeduldig. »Ich meine, du sollst aufhören, nach meinem Vater zu suchen.«
    »Was?« rief ich. »Vor zwei Tagen hast du einen Schmollmund gezogen und mir pathetisch erklärt, du würdest auf mich zählen.«
    »Das war vor zwei Tagen. Damals habe ich noch nicht gesehen - ich wußte nicht ... jedenfalls muß ich dich deswegen persönlich sprechen. Am Telefon verstehst du es vielleicht nicht, wenn du dich so aufregst. Stell um Himmels willen keine weiteren Nachforschungen an, bis ich mit dir persönlich gesprochen habe.«
    Die Panik in ihrer Stimme war unverkennbar. Ich zog einen Faden aus dem Stoff meiner Jeans, da, wo das Loch auf dem linken Knie war. Sie wußte Bescheid über Pankowski und die Sabotage. Ich zog noch einen Faden heraus. Sie wußte es nicht. »Zu spät, Baby«, sagte ich schließlich.
    »Heißt das, du hast ihn gefunden?«
    »Keineswegs. Das heißt, daß es nicht mehr in deiner Macht liegt, die Nachforschungen zu stoppen.«
    »Vic, ich habe dich angeheuert, ich kann dich auch wieder feuern«, sagte sie mit schreckenerregender Wildheit.
    »Keineswegs«, sagte ich fest. »Letzte Woche hättest du können. Aber die Nachforschungen sind in ein neues Stadium getreten. Du kannst mich nicht feuern. Ich meine, du kannst mich selbstverständlich feuern. Das hast du ja gerade getan. Das heißt, du hast dich entschlossen, mich nicht zu bezahlen, aber am Arbeiten wirst du mich nicht hindern können. Und Punkt eins ganz oben auf meiner Liste lautet: Warum hast du mir nichts von Ferraro und Pankowski erzählt?«
    »Ich weiß nicht einmal, wer das ist!« schrie sie. »Ma redet nie mit mir über ihre alten Liebhaber. Sie ist wie du - sie denkt, ich wäre immer noch ein Kind.«
    »Nicht, daß sie ihre Liebhaber waren. Von der Sabotage und daß sie gefeuert wurden. Und von dem Prozeß.«
    »Ich weiß verdammt noch mal nicht, worüber du redest, V. I. Klugscheißer-Warshawski, und ich werde mir das nicht länger anhören. Wenn du mich fragst, V. I. steht für verfluchtes Insekt, das ich mit Paral ins Jenseits befördern würde.« Sie knallte den Hörer auf.
    Diese kindische Beleidigung überzeugte mich, daß sie wirklich nichts über die zwei Männer wußte. Auf einmal fiel mir auf, daß ich nicht die leiseste Ahnung hatte, warum sie mich feuern wollte. Ich biß die Zähne zusammen und rief bei SCRAP an, aber sie weigerte sich, ans Telefon zu kommen. »Du mieser kleiner Fratz«, brummte ich und knallte meinerseits den Hörer auf.
    Ich versuchte es wieder mit Hugo Wolf, aber meine Begeisterung war dahin. Ich ging ans Fenster, draußen kamen die Leute von der Arbeit. Angenommen, meine Spekulationen von heute morgen wären gar nicht so abwegig gewesen.

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