Blood Shot
Meine Stimme überschlug sich nahezu, und ich mußte mich zusammenreißen, um ihr nicht das Genick zu brechen. Ich wechselte in den Sessel neben dem Sofa. »Caroline, wer hat dich angerufen? Dr. Chigwell? Art Jurshak? Steve Dresberg? Oder Gustav Humboldt selbst?«
»Niemand, Vic.« Ihre enzianblauen Augen schwammen in Tränen. »Niemand. Du weißt einfach nicht mehr, wie es in South Chicago zugeht, du bist zu lange weg. Warum glaubst du mir nicht einfach, warum glaubst du mir nicht einfach, daß es besser ist, wenn du die Sache vergißt?«
Darauf ging ich nicht ein. »Ron Kappelman? Hat er dich heute nachmittag angerufen?«
»Die Leute reden mit mir«, sagte sie. »Du weißt, wie es dort unten zugeht. Oder wüßtest es zumindest, wenn -«
»Wenn ich nicht den Schwanz eingezogen und mich aus dem Staub gemacht hätte«, beendete ich den Satz für sie. »Du hast im Büro durch irgendwelche Andeutungen spitzgekriegt, daß irgend jemand - du weißt natürlich nicht, wer - hinter mir her ist, und hast dich auf die Socken gemacht, um mich zu retten. Herzlichen Dank. Du schlotterst vor Angst, Caroline. Ich will wissen, wer dir solche Angst eingejagt hat, und komm mir nicht mit irgendwelchem Straßentratsch, daß man mich ertränken will, weil ich dir das sowieso nicht abkaufen werde. Wenn es nur das wäre, wärst du nicht so außer dir. Also, schieß los.«
Caroline sprang auf. »Wie bring' ich dich nur dazu, daß du mir zuhörst?« kreischte sie. »Jemand von Xerxes hat mich heute angerufen und gesagt, daß es ihnen furchtbar leid tut, daß ich dich für teures Geld engagiert habe, und sie hätten Beweise, daß Joey Pankowski mein Vater war. Und ich soll dich davon überzeugen, und dann sollst du deine Finger von der Sache lassen.«
»Und haben sie dir angeboten, daß du dir diese bemerkenswerten Beweise ansiehst?«
»Ich will sie gar nicht sehen! Ich bin nicht so mißtrauisch wie du.«
Ich legte Peppy die Hand auf den Rücken, damit sie aufhörte zu knurren. »Und haben sie dir schwere Körperverletzung angedroht für den Fall, daß es dir nicht gelingt, mich davon zu überzeugen?«
»Es wäre mir egal, wenn man mich bedrohen würde. Warum glaubst du mir nicht?«
Ich musterte sie so ruhig wie möglich. Sie war stur, falsch und skrupellos, wenn es darum ging, ihren Kopf durchzusetzen. Aber nie und nimmer wäre mir in den Sinn gekommen, sie als Feigling zu bezeichnen. »Ich glaube dir«, sagte ich langsam. »Aber ich will die Wahrheit wissen. Haben sie wirklich behauptet, sie würden mir etwas antun, wenn ich meine Nachforschungen nicht einstelle?«
Die enzianblauen Augen wichen meinem Blick aus. »Ja«, sagte sie leise.
»Das reicht nicht, Caroline.«
»Glaub, was du willst. Wenn sie dich umbringen, rechne nicht damit, daß ich bei deiner Beerdigung aufkreuze.« Sie brach in Tränen aus und stürmte aus der Wohnung.
20
Der weiße Elefant
Um eins ging Mr. Contreras schließlich. Ich schlief unruhig, wachte oft auf, und dann kreisten meine Gedanken um Carolines Besuch. Caroline hatte vor nichts und niemandem Angst. Deshalb war sie mir im Alter von vier Jahren vertrauensvoll in die tosende Brandung des Michigansees gefolgt. Nicht einmal, daß sie dabei nahezu ertrunken wäre, hatte ihr Angst eingejagt. Nachdem ich das Wasser aus ihren Lungen gepumpt hatte, wollte sie sofort wieder in den See. Wenn ihr jemand zu verstehen gab, daß mein Leben auf dem Spiel stand, würde sie das zur Verzweiflung treiben, aber nicht in Angst und Schrecken versetzen.
Jemand hatte sie angerufen und ihr gesagt, Joey Pankowski sei ihr Vater gewesen. Das konnte sie sich nicht aus den Fingern gesogen haben. Aber hatten sie ihr tatsächlich den Tip gegeben, daß sie mir was antun würden, oder war das ein Geistesblitz von ihr? Seit zehn Jahren hatte ich sie nicht mehr gesehen, aber die Eigenarten der Menschen, mit denen man aufgewachsen ist, vergißt man nicht: Der Blick zur Seite, als ich sie direkt fragte, ließ mich vermuten, daß sie log. Der einzige Grund, warum ich ihr den Drohanruf überhaupt abnahm, war, daß man auch mir gedroht hatte. Bis Caroline auftauchte, war ich der Meinung gewesen, Art Jurshak stecke dahinter, weil ich seinen Sohn angemacht oder weil ich mit Ron Kappelman gesprochen hatte. Aber wenn der Anruf von Humboldt kam?
Als die orange leuchtenden Ziffern des Weckers Viertel nach drei anzeigten, schaltete ich das Licht ein und griff nach dem Telefon. Murray Ryerson hatte sein Büro vor einer Dreiviertelstunde
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