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Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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halte es allein nicht aus in dieser - wie sie Nancy verwüstet haben.«
    Ich versprach ihr, sie innerhalb einer Stunde vor ihrem Haus abzuholen, zog mich an und holte widerwillig die Smith & Wesson aus dem kleinen Wandsafe, den ich im Schlafzimmerschrank hatte einbauen lassen.
    Gewöhnlich trage ich keine Waffe; ich will von einer Waffe nicht abhängig werden - die Gefahr ist zu groß, daß man anfängt, langsamer zu denken als zu schießen. Aber der Mord an Nancy und der Drohanruf hatten mich schon zu nervös gemacht. Und jetzt noch dieser Einbruch. Möglicherweise waren es irgendwelche Rowdys aus der Gegend, die herausgefunden hatten, daß niemand zu Hause war. Aber die Einrichtung war demoliert worden. Vielleicht ein durchgedrehter Süchtiger, der Geld gesucht hatte. Aber es konnten auch ihre Mörder gewesen sein auf der Suche nach etwas, das sie belastete. Ich steckte ein zweites Magazin in die Handtasche und verstaute den geladenen Revolver im Bund der Jeans; auch wenn ich noch so schnell dachte - eine mir bestimmte Kugel würde ich damit nicht aufhalten können.
    In dem grauen Nebel sah das Haus unnahbar und heruntergekommen aus. Sogar der kleine Turm, der Nancys Schlafzimmer beherbergt hatte, schien den Kopf hängen zu lassen. Mrs. Cleghorn erwartete mich auf dem Gartenweg, ihr immer so freundliches, rundes Gesicht wirkte ausgezehrt und angespannt. Sie lächelte unsicher und stieg in mein Auto.
    »Ich fahre mit dir, wenn du nichts dagegen hast. Ich bin so wacklig auf den Beinen, ich weiß nicht mal, wie ich nach Hause gekommen bin.«
    »Geben Sie mir einfach die Schlüssel, dann können Sie hier bleiben, wenn Sie nicht mitwollen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wenn ich nicht mitkomme, mache ich mir nur ständig Sorgen, daß dir jemand auflauert.«
    Sie zeigte mir die schnellste Verbindung zwischen South Chicago und Yates. Zwischendurch fragte ich sie, ob sie die Polizei verständigt hätte.
    »Ich dachte mir, es wäre besser zu warten, bis du alles gesehen hast. Dann« - sie lächelte gezwungen - »könntest du das vielleicht für mich tun. Ich hab' so oft und so lange mit der Polizei geredet, ich kann nicht mehr. Nie wieder.«
    Ich langte zu ihr hinüber und streichelte ihre Hand. »Kein Problem. Ich bin froh, wenn ich helfen kann.«
    Nancys Haus befand sich in der Crandon Avenue in der Nähe der Dreiundsiebzigsten Straße. Jetzt verstand ich, warum Mrs. Cleghorn es als weißen Elefanten bezeichnete: Es war ein großes, dreistöckiges weißes Monster aus Holz mitten in einem riesigen Grundstück. Aber ich verstand auch, warum Nancy es gekauft hatte: Die kleinen Kuppeln an den Ecken, die Bleiglasfenster, die geschnitzten, hölzernen Treppengeländer - man fühlte sich in die ordentliche und behagliche Atmosphäre in den Büchern eines Alcott oder Thackeray zurückversetzt.
    Auf den ersten Blick war nicht ersichtlich, daß jemand eingedrungen war. Nancy schien ihr ganzes Geld in den Hauskauf investiert zu haben, für die Möblierung der Diele hatte es nicht mehr gereicht. Erst nachdem ich die Eichentreppe hinaufgegangen und ihr Schlafzimmer gefunden hatte, sah ich die Bescherung. Ich konnte Mrs. Cleghorns Entschluß, unten auf mich zu warten, voll und ganz verstehen.
    Das Schlafzimmer war offensichtlich Nancys erstes Renovierungsprojekt gewesen. Das Parkett war frisch versiegelt, die Wände gestrichen, und in der Wand gegenüber dem Bett war der gekachelte Sims über dem Kamin repariert worden. Das Zimmer wäre reizend gewesen, hätte nicht ein völliges Chaos darin geherrscht. Auf Zehenspitzen bahnte ich mir einen Weg durch den Schutt. Ich war dabei, alle möglichen Polizeivorschriften zu ignorieren: meldete den Einbruch nicht, stellte auf eigene Faust Nachforschungen an und ließ mögliche Beweismittel nicht unangetastet. Den Spuren der Vandalen fügte ich meine eigenen hinzu. Aber de facto wird nur in Lehrbüchern jedes Verbrechen einer eingehenden Untersuchung im Labor unterzogen, und obwohl in diesem Fall die Hausbesitzerin ermordet worden war, glaubte ich nicht, daß hier mit der größten Sorgfalt vorgegangen würde.
    Wonach auch immer die Einbrecher gesucht hatten, es mußte etwas gewesen sein, daß nicht sehr viel Platz einnahm. Sie hatten nicht nur die Matratze aus dem Bett gerissen und aufgeschlitzt, sondern auch den Rost aus dem Kamin gehoben und mehrere Ziegelsteine herausgebrochen. Entweder ging es um Geld - dann konnte ich bei meiner Theorie von durchgedrehten Süchtigen bleiben - oder um

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