Blood Sun
Rekruten irgendwo im Moor ausgesetzt und dann gejagt. Ihre Aufgabe war es, den Suchtrupps zu entkommen. Anschließend mussten sie sich zwei Tage lang umfangreichen körperlichen und geistigen Tests unterziehen.
Zum Glück waren sie nicht ganz so streng mit den Jungen und Mädchen, die sich für dieses Manöver qualifiziert hatte n – ihnen war immerhin erlaubt, etwas zu essen und Regenplanen mitzunehmen.
Nur fünf Schulen im Land konnten sich für diese Herausforderung qualifizieren; Dartmoor High schickte jedes Mal einen Teilnehmer. Die Schulen, die mitmachen wollten, mussten vorher an dem alljährlich von der Armee ausgerichteten Ten-Tors-Wettbewerb teilnehmen, wo vierhundert Teams von je sechs Teenagern zwei Tage lang strapaziöse Fußmärsche von bis zu siebzig Kilometern zu absolvieren hatten. Diese Jugendlichen mussten entschlossen und stark sein. Hilfstrupps der Armee, Marine und Luftwaffe standen jederzeit bereit.
Das Fliehen und Ausweichen fand zwar auf einem abgegrenzten Gelände statt, war aber viel härter als die Fußmärsche. Man wurde als Feind betrachtet und verfolgt. Je kälter es war und je erschöpfter die Teilnehmer wurden, desto weniger hatte es den Anschein eines Spiels. Es waren auch schon erfahrene Soldaten in diesem Moor umgekommen. Die jungen Leute gingen ein gewaltiges Risiko ei n – sie waren auf sich allein gestellt, sie hatten niemanden, der ihnen half, wenn sie sich verletzten oder verirrten.
Am dritten Tag endete die Übung um neun Uhr abend s – das Leuchtsignal sollte die Übriggebliebenen daran erinnern, dass sie nun zum Sammelpunkt kommen mussten. Falls noch jemand draußen war und sich nicht meldete, rückte nach einer Stunde ein Rettungsteam aus. Bis auf einen Jungen hatten sie bereits alle gefangen genommen. Der letzte Junge kam aus eigener Kraft zu ihnen.
Der Sieger.
Max Gordon.
Stanton und Drew durchsuchten Max’ Zimmer. M r Jackson sah von der Tür aus zu. Sie gingen zielstrebig ans Werk und brachten kaum etwas durcheinander. Das Zimmer war klein. Es gab ein Bett, einen Tisch, der auch als Schreibtisch diente, ein Bücherregal und eine schmale Kommode. Auf dem Regal lagen ein paar Gegenstände, die Max’ Vater, der Forscher und Wissenschaftler, im Lauf der Jahre geschickt hatte: eine kleine Figur von den Cookinseln, ein Bergkristall aus dem Himalaja und eine Bernsteinträne aus Russland, die hundert Millionen Jahre alt war.
»Wissen Sie, wo sein Computer ist?«, fragte Drew und riss M r Jackson aus seinen Träumen von fernen Ländern.
»Den hat er sicher mitgenommen. Sie sagten, Sie haben bereits Danny Maguires E-Mails überprüft. Gibt es Hinweise darauf, dass er Max gemailt hat?«, fragte M r Jackson.
»Nein.« Drew lächelte beschwichtigend. »Wir wollen nur ganz sichergehen. Es könnte ebenfalls sein, dass Maguire ihm etwas mit der Post geschickt hat.«
»Mit der Post? Das wäre recht ungewöhnlich für jemanden in seinem Alter. Heutzutage schreiben sich die jungen Leute doch nur noch SMS, E-Mails oder chatten miteinander.«
Drew ließ nicht locker. »Aber wenn er etwas mit der Post bekommen hätte, müsste es noch hier sein, oder?«
»Auf jeden Fall. Der Junge ist seit einigen Tagen fort. Hätte er etwas erhalten, würde es auf seinem Tisch oder auf dem Bett liegen. Was meinen Sie, wann könnte ihm denn etwas geschickt worden sein? Vor Dannys Tod oder gar an dem Tag, an dem er gestorben ist?«
»Wir wissen es nicht«, sagte Stanton.
»Suchen Sie beide einen Brief oder etwas anderes?«, hakte M r Jackson nach.
»Einen Brief?«, fragte Drew. »Haben Sie einen gesehen?«
M r Jackson schüttelte den Kopf. »Nein, ich dachte nur, wenn der arme Danny sich das Leben genommen hat, müsste es einen Abschiedsbrief von ihm geben, der sein Verhalten erklärt. Er war ein sehr redegewandter und positiv denkender Junge. Sein Selbstmord ist mir ein völliges Rätsel.«
Die beiden Männer antworteten nicht sofort. Jacksons Zweifel waren nur zu verständlich.
»Nein«, sagte Stanton schließlich, »wir glauben nicht, dass es um einen Abschiedsbrief geht.«
M r Jackson blickte ihn fragend an. »Aber es wurde keiner gefunden?«
»Nein.«
»Er hatte nichts dergleichen bei sich?«
»Nein, wir haben genau nachgesehen.«
»Sie waren also da? Sie haben die Leiche selbst untersucht? Oder hat das die Polizei getan? Was genau suchen Sie denn jetzt?«
Stanton zögerte. Jackson hatte ihnen einige Informationen entlockt, ohne dass es ihnen aufgefallen war. Nun wusste er
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